Zum 95. Mal: Rot für die Borussia
Die Liste der Gladbacher Platzverweise in der Bundesliga ist lang. Torwart Yann Sommer sorgte in Berlin für einen Rekord.
Yann Sommer verzögerte seinen Abgang kurz. Borussias Torwart war schon auf dem Weg zum Spielfeldrand, als er nochmals Richtung Schiedsrichter Patrick Ittrich abdrehte – wohl in der Hoffnung, der Videoschiedsrichter könne noch zu einem anderen Urteil kommen. Doch es blieb bei der Entscheidung aus der 13. Minute: Sommer musste wegen einer Notbremse außerhalb des Strafraums gegen Berlins Jhon Córdoba vom Platz.
Sommer ist damit nach Erik Thorstvedt 1986 nicht nur der zweite Torhüter in Borussias Bundesligageschichte, der vom Platz gestellt wurde. Der Schweizer Nationalkeeper stellte auch einen neuen Gladbacher Rekord auf: So früh wurde in der Bundesliga noch nie ein Borusse des Feldes verwiesen. Es war die insgesamt 95. Hinausstellung für Borussia, deren Geschichte mit Platzverweisen in der Bundesliga zum frühestmöglichen Zeitpunkt begann: gleich im ersten Spiel.
Kapitän Albert Jansen wurde am 14. August 1965 in der 85. Minute im Spiel bei Borussia Neunkirchen (1:1) vom Schiedsrichter vom Platz geschickt – die Rote Karte als Zeichen eines Platzverweises führte der Spielausschuss des Deutschen Fußball-Bundes erst im Januar 1971 ein. In den ersten beiden Jahrzehnten ihrer Bundesliga-Zugehörigkeit waren Platzverweise aber eine Seltenheit bei Borussia, neun gab es in 20 Jahren. Da war es schon außergewöhnlich, dass Christian Kulik im Herbst 1979 innerhalb weniger Wochen zweimal Rot sah.
Zudem ereilte Gladbach zumeist die Unterzahl erst in der Schlussphase der Begegnung. Der erste Spieler, der vor der Halbzeitpause schon duschen gehen durfte, war Jörg Neun am 33. Spieltag 1988/89 beim 1:2 in Stuttgart, für ihn war in der 38. Spielminute Schluss. Deutlich schneller ging es noch bei Igor Belanow, der bis zum vergangenen Samstag die Gladbacher „Bestmarke“hielt. Er wurde am 21. April 1990 beim Hamburger SV in der 16. Minute beim Stand von 0:0 mit Rot vom Platz geschickt, Borussia verlor die Partie 0:3.
Auch Christian Hochstätter flog einmal in der 16. Minute vom Feld, beim 3:3 in Freiburg am 4. September 1993 sorgte allerdings eine Gelb-Rote Karte für den Freiburger Maximilian Heidenreich kurz nach der Pause wieder für Gleichzahl auf dem Platz. Die Ampelkarte war in der Saison 1991 eingeführt worden und sorgte auch bei Borussia für einen deutlichen Anstieg an Feldverweisen. Bislang sahen 39 Borussen Gelb-Rot, 56 glatt Rot. Der Schnellste mit Ampelkarte war Martin Dahlin, der am ersten Spieltag 1992/93 beim 2:4 in Karlsruhe in der 34. Minute vom Feld musste.
Dass Gladbach – so wie nun beim 2:2 in Berlin – in Unterzahl nach einem zwischenzeitlichen Rückstand noch mindestens zu einem Punktegewinn gekommen ist, hat es in den vergangenen Jahrzehnten häufiger gegeben, erstmals war das 1987/88 der Fall, als beim KSC nach Günter Thieles Hinausstellung in der 71. Minute noch der 2:2-Ausgleich gelang. Außergewöhnliches schaffte Borussia am 20. Dezember 2015, als Granit Xhaka – mit fünf Platzverweisen gemeinsam mit Stefan Effenberg Gladbacher Rekordsünder – daheim gegen Darmstadt in der 39. Minute beim Stand von 0:1 vom Platz flog, Gladbach aber noch 3:2 gewann. Das Spiel gedreht trotz Unterzahl – möglich wäre das vielleicht auch in Berlin gewesen.