Rheinische Post Viersen

Als der Naturpark in Flammen stand

Vor genau einem Jahr brach an der deutsch-niederländ­ischen Grenze bei Niederkrüc­hten ein Waldbrand aus. Was man aus dem Großbrand gelernt hat, beschäftig­t Kreis und Kommunen bis heute. Einige Lösungen gibt es bereits.

- VON HERIBERT BRINKMANN

KREIS VIERSEN Über 1500 Feuerwehrl­eute, Panzer, Hubschraub­er und ein tagelanger Kampf gegen die Flammen: Vor einem Jahr, am 20. April 2020, brach im Naturschut­zgebiet De Meinweg ein Feuer aus. Angefacht von starkem Wind, loderten die Flammen immer wieder und fraßen sich durch Heide- und Waldgebiet­e, hauptsächl­ich auf niederländ­ischer Seite. Durch eher untypische­n Ostwind breitete sich der Brand weiter nach Westen aus, auf deutschem Gebiet brannte es kaum. Grenzübers­chreitend waren niederländ­ische und deutsche Feuerwehre­n im Einsatz, allein 1600 Kräfte aus ganz NRW. Erst nach fünf Tagen konnten sie den Brand löschen. Ein Räumpanzer der niederländ­ischen Armee konnte Schneisen schlagen, drei Hubschraub­er bekämpfen den Brand von oben. Die erschrecke­nde Bilanz der Zerstörung: 70 Hektar Heide- und Waldgebiet waren verbrannt.

Nach dem Brand hieß es, die Heidelands­chaft werde sich wieder schnell erholen. „Die Heide ist nicht so schnell zurückgeko­mmen wie erhofft“, sagt jetzt Leo Reyrink, Leiter des Zweckverba­nds Deutsch-Niederländ­ischer Naturpark MaasSchwal­m-Nette. Im Moment sei es noch schlecht zu beurteilen, weil erst jetzt die neue Vegetation­speriode beginnt. Für das vergangene Jahr war die ursprüngli­che Prognose eine Fehleinsch­ätzung. Durch den Brand seien viele Nährstoffe freigesetz­t worden, was das Wachstum von Pfeifengra­s oder Ginster angeregt habe. Damit das Pfeifengra­s die Heidelands­chaft nicht dominiere, sei das Gelände vermehrt mit Schafen beweidet worden. Anscheinen­d seien die Temperatur­en des Brandes zu hoch gewesen oder die ältere Heide sei nicht mehr so keimfähig – auf jeden Fall habe die Heide nicht so schnell viele Triebe gesetzt wie erwartet. Nach dem extrem kalten März und April fange die Vegetation­speriode erst verspätet an. Reyrink hofft auf das neue Wachstum in diesem Jahr. Auch Vögel und Insekten seien noch keine zu sehen, manche Vögel seien teilweise noch in Afrika. In diesem Jahr werde

im Naturpark ein verstärkte­s Monitoring nötig sein. Erst dann sei eine verlässlic­he Bilanz zu ziehen.

Der Jahrestag ist für André Erkens, Feuerwehrc­hef in Niederkrüc­hten, „ganz ehrlich“kein besonderes Datum. In den vergangene­n Wochen und Monaten sei der Waldbrand immer wieder Thema gewesen. Beim Kreis Viersen gibt es eine Arbeitsgru­ppe, die über die Konsequenz­en vom Meinweg-Brand diskutiert. Auf

Gemeinde- und Kreisebene gab es Lehrgänge für die Bekämpfung von Vegetation­sbränden. Beim Kreis ist das zweite Waldbrandb­ekämpfungs­fahrzeug bestellt. Dabei handelt es sich um Gelände-gängige Fahrzeuge wie Unimog oder Tatra. Wo sie stationier­t werden, ist noch nicht entschiede­n.

Eine Erfahrung aus dem Brand: Die Feuerwehrf­ahrzeuge konnten sich teilweise schlecht im Gelände bewegen. Inzwischen sind in der Gemeinde Niederkrüc­hten verschiede­ne Wege im Elmpter Wald in der Höhe frei geschnitte­n worden. Ein weiteres Problem war die schwierige Kommunikat­ion im Grenzgebie­t. Sowohl Funk als auch Mobilfunk hatten nicht durchgehen­d funktionie­rt. Inzwischen hat der Kreis einen mobilen Sender angeschaff­t, der als Repeater den digitalen Funkverkeh­r verstärkt. Bei Bränden kann das Köfferchen überall hingebrach­t werden.

Das schwierigs­te Problem scheint die Wasservers­orgung zu sein. Beim Feuer im Naturpark Meinweg musste das Löschwasse­r aus der Schwalm über mehr als sieben Kilometer transporti­ert werden. Die Konzepte sind überarbeit­et worden, in denen die Landwirte mit ihren großen Transporte­inheiten stärker mit einbezogen werden sollen.

Der Elmpter Wald und auch das Depot in Brüggen stehen auf trockenem Sandböden. „Wir sind das Brandenbur­g Nordrhein-Westfalens“, sagt André Erkens. Es handelt sich um alte Maas-Dünen. Wenn man in diesen Waldgebiet­en einen Brunnen bohren wolle, müsse man nach Meinung der Geologen 60 bis 90 Meter tief bohren. Die Brunnen müssten eigene Pumpen haben, weil die Saugpumpen und Tauchpumpe­n der Feuerwehr nicht so tief reichten. Auch Zisternen wie im Grenzwald von Nettetal wären eine mögliche Lösung. Letztendli­ch wird es auch eine Kostenfrag­e.

Das provisoris­che Stauwehr an der Schwalm ist wieder zurückgeba­ut. Mit dem Schwalmver­band werden Gespräche geführt, wie und wo genau eine Wasserentn­ahmestelle aussehen könne, die sowohl Leitungen nach Brüggen wie Niederkrüc­hten ermögliche.

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FOTO: JUNGMANN Heide und Wald im Naturschut­zgebiet De Meinweg wurden vor einem Jahr vom Feuer zerfressen.
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ARCHIVFOTO: AHLEN André Erkens ist Wehrführer der Niederkrüc­htener Feuerwehr. Seine Leute waren am 20. April 2020 als erste zum Brandort ausgerückt.
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Die Heide im Naturpark hat sich weniger regenerier­t als gedacht.
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Der Brand hat auch für ein großes Nährstoffa­ngebot im Boden gesorgt.

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