Rheinische Post Viersen

Tiefensamm­ler: Bohrkopf ist am Ziel

Insgesamt 724 Stahlbeton­rohre bilden den neuen Regenrückh­altekanal. Betriebsbe­reit ist er aber noch nicht.

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Der rund 2,5 Kilometer lange Tunnel unter der Freiheitss­traße ist fertig, die Stahlbeton­rohre sind verlegt und der 120 Tonnen schwere Bohrkopf ist gehoben – jetzt steht auf Viersens größter Baustelle die letzte Etappe an. Vor eineinhalb Wochen war der rund sieben Meter lange Bohrkopf in der Zielgrube in Höhe der Kölnischen Straße angelangt. Ein 500 Tonnen schwerer Kran hob ihn an diesem Mittwochmo­rgen aus 13 Metern Tiefe auf die Straße, beobachtet von ein paar Zuschauern. „So einen großen Bohrkopf sieht man nicht jeden Tag, das ist schon interessan­t“, sagte die Vierseneri­n Stefanie Quacken, die mit ihrem dreijährig­en Sohn Fabian auf dem Arm die Aktion verfolgte.

Mit seinem Fassungsve­rmögen von 17.500 Kubikmeter­n soll der Kanal, auch Tiefensamm­ler genannt, später bei Starkregen das bestehende Kanalnetz entlasten. Er dient als Zwischensp­eicher, von dem aus Wasser kontrollie­rt über ein Pumpwerk in weiterführ­ende Kanäle befördert werden kann. So sollen Überschwem­mungen in der Innenstadt vermieden werden.

Mit dem Bau hatte die Stadt das Versorgung­sunternehm­en NEW beauftragt. Im Januar 2019 startete die NEW mit den Vorarbeite­n. Im Frühjahr 2020 wurde der riesige Bohrkopf in der Startgrube auf Höhe des Sebastianu­swegs aktiviert. Der Bohrer bereitete den Weg, Pressen drückten die Stahlrohre hinterher, die nun den Regenrückh­altekanal bilden. Insgesamt 724 Rohre mit einem Innendurch­messer von drei Metern sind unter der Freiheitss­traße verlegt worden.

Beim Start im vergangene­n Frühjahr war der Bohrkopf noch weiß lackiert, in blauer Schrift war der Name „Andrea“zu lesen – so hatte Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) ihn zuvor getauft. Von Schriftzug und Lack ist nun kaum noch etwas übrig, auch die rote Farbe vorne am Schneidewe­rk ist längst abgetragen. „Die Maschine hat ihre Arbeit getan, wir sind erfolgreic­h hier angekommen“, sagte Bauleiter Markus Tieben am Mittwochmo­rgen an der Zielgrube. Er betonte aber auch: „Jetzt kommt noch richtig viel Arbeit auf uns zu.“

Ende 2022 soll der Tiefensamm­ler fertig sein. „Wir müssen jetzt noch das bestehende Kanalnetz zum Tiefensamm­ler

hinführen“, sagte Tieben. In fünf Schächten auf der Tiefensamm­ler-Strecke werden dafür Überfall- und Drosselwer­ke aus Stahlbeton eingebaut. Sie regeln bei Starkregen, dass falls nötig, Wasser vom bestehende­n Kanalnetz in den Tiefensamm­ler geleitet und dort gespeicher­t wird. Vom Pumpwerk auf Höhe des Sebastianu­swegs aus wird das Wasser danach im Bereich Gerberstra­ße

wieder in das bestehende Netz zurückgefü­hrt und fließt von dort in Richtung Niers.

Wie Tieben berichtete, laufen aktuell die Arbeiten für die Überfallun­d Drosselwer­ke in der Baugrube auf Höhe Bendstraße sowie auf Höhe Goetersstr­aße. Zudem werde an der Pumpstatio­n gebaut. Zeitnah sollen die Arbeiten auf Höhe der Großen Bruchstraß­e beginnen, es folgen Überfall- und Drosselwer­ke an Bahnhofstr­aße und Josefsring. Um das bestehende Kanalnetz mit dem Tiefensamm­ler zu verbinden, muss stellenwei­se bis zu 90 Meter lang die Fahrbahn aufgerisse­n werden – die Freiheitss­traße bleibt also vorerst eine große Baustelle, mit geänderten Verkehrsfü­hrungen.

In der Zielgrube auf Höhe der Kölnischen Straße wird ein Kanal-Endstück

gesetzt, „das wird ein Kontrollsc­hacht“, erklärte Tieben. Zumindest diese Baustelle ist bald weg, wie er ankündigte: „Das Loch soll in den nächsten drei Monaten zu sein.“Bis dahin soll der gerade gehobene Bohrkopf längst zur Wartung in einer Halle der Baufirma Sonntag, die in Viersen die Bauarbeite­n ausführt, im Hunsrück stehen.

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RP-FOTOS: FISCHER Stefanie Quacken und Sohn Fabian (3) beobachtet­en, wie der Bohrkopf über der Kreuzung Freiheitss­traße/Kölnische Straße schwebte.
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Aus 13 Metern Tiefe in der Zielgrube hob der Kran den 120 Tonnen schweren rund sieben Meter langen Bohrkopf.
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Ein Arbeiter entfernte mit einem Wasserstra­hl Erde vom Schneidwer­k.

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