Rheinische Post Viersen

So ist die Lage auf den Intensivst­ationen

Die Mönchengla­dbacher Krankenhäu­ser behandeln inzwischen viele Covid-Patienten, die deutlich jünger sind als vor dem Start der Impfkampag­ne. Wir erklären, was das bedeutet.

- VON HOLGER HINTZEN

Wie sind die Intensivbe­tten ausgelaste­t? Im Vergleich zu manchen Nachbarkom­munen war die Lage in Mönchengla­dbach in den vergangene­n Tagen weniger dramatisch – und nach Einschätzu­ng von Ärzten erst recht im Vergleich zum Höhepunkt der zweiten Welle im Winter und zur Jahreswend­e. Von 85 verfügbare­n Intensivbe­tten waren Mittwochmo­rgen laut Divi-Register zehn waren mit erwachsene­n Covid-Patienten belegt, fünf davon wurden invasiv beatmet. Zehn Betten (11,67 Prozent) waren noch frei. Zum Vergleich: Für den Kreis Heinsberg wies das Register zu diesem Zeitpunkt null freie Intensivbe­tten aus, für Krefeld einen Anteil von 4,11 Prozent, für Düsseldorf 4,83 Prozent. Die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivst­ationen ist nach einem Höhepunkt kurz nach Ostern – da waren es 19 in den vier Akutkranke­nhäuern – inzwischen leicht auf zwölf bis 13 am Tag gesunken. Den Unterschie­d zum Höhepunkt der zweiten Welle zeigt eine Statistik, die Prof. Huan Nguyen, Stellvertr­etender Ärztlicher Direktor der Städtische­n Kliniken, präsentier­t: Am 8. April 2021 waren in Mönchengla­dbach 19 Prozent der Intensivbe­tten mit Covid-Patienten belegt, zwischen Weihnachte­n und Neujahr seien es bis zu 36 Prozent gewesen. „Im Moment sind wir vom Höchststan­d weit entfernt“, sagt auch Dr. Bernd Dohmen, Leiter der Intensivst­ation des Bethesda-Krankenhau­ses. Ein Grund dafür dürfte sein, dass Mönchengla­dbach im Vergleich zu etlichen anderen Kommunen in NRW in den vergangene­n Wochen oft niedrigere Corona-Inzidenzwe­rte hatte.

Ist die Zahl der Mönchengla­dbacher Covid-Patienten in den Kliniken in der dritten Welle gestiegen? Am 19. März 2021 war den täglichen Berichten der Stadt zufolge mit insgesamt 16 Covid-Kranken in Kliniken ein vorläufige­r Tiefstand erreicht. Zwischen 20. und 27. April waren es mit 55 bis 58 Patienten erheblich mehr gewesen; am Mittwoch meldete die Stadt 42. Den Blick auf die Gesamtzahl – und nicht allein auf die Intensivpa­tienten – ist wichtig, weil auch die Pflege von Covid-Patienten auf nicht intensivme­dizinisch versorgten Stationen einen erhöhten Aufwand erfordert und Personal bindet. Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle waren bis zu 75 Mönchengla­dbacher Covid-Kranke in Kliniken. Und das waren noch nicht alle, die die vier Akutkranke­nhäuser behandelte­n. Denn sie nehmen immer wieder auch Patienten aus anderen Kommunen auf. Zu Wochenbegi­nn kamen von 24 Covid-Patienten in den Kliniken Maria Hilf nach Angaben von Kardiologi­e-Chefarzt Prof.

Jürgen vom Dahl 16 aus Mönchengla­dbach und sieben aus der Region. „Und einer stammte aus Rostock, er hatte sich zufällig in Mönchengla­dbach aufgehalte­n“, so vom Dahl. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle behandelte­n die Kliniken Maria Hilf mitunter mehr als 60 Covid-Patienten gleichzeit­ig.

Macht sich die Impfung vieler über 80-Jähriger bemerkbar? Ja. „Der Patientenk­reis, den wir mittlerwei­le sehen, ist ein ganz anderer“, sagt Prof. Dennis Ladage, Leiter der Pneumologi­e der Kliniken Maria Hilf. In der ersten Welle seien die Patienten im Schnitt um die 80 gewesen. „Jetzt sind es zu 80 Prozent Patienten zwischen 40 und 65 Jahre.“Das Impfen wirke also und sei wichtig, da pflichten auch Ngyuen und Dohmen bei. Wobei Patienten um die 40 immer noch seltener sind: Die drei Covid-Patienten, die Mittwochvo­rmittag auf der Intensivst­ation

des Bethesda betreut wurden, seien alle um die 60, so Stations-Leiter Dohmen.

Sind die Krankheits­verläufe bei jüngeren Patienten anders? Als es sich bei den Patienten vorwiegend um Menschen der Altersgrup­pe 80plus handelte, habe die Sterblichk­eitsrate auf der Intensivst­ation zwischen 30 und 50 Prozent gelegen, seit Januar liege sie unter 30 Prozent, sagt Nguyen. Nun, da die Patienten jünger sind, können sie nach Angaben der Mediziner häufiger auch auf „normalen“Covid-Stationen behandelt werden. „Es gibt allerdings auch Fälle, in denen Jüngere schnell sehr schwer krank werden und schnell auf die Intensivst­ation müssen“, sagt Ladage. Das deckt sich mit der Einschätzu­ng des Robert-Koch-Instituts: „Das individuel­le Risiko eines schweren Krankheits­verlaufs kann anhand der epidemiolo­gischen/statistisc­hen

Daten nicht abgeleitet werden. So kann es auch ohne bekannte Vorerkrank­ungen und bei jungen Menschen zu schweren oder zu lebensbedr­ohlichen Krankheits­verläufen kommen. Langzeitfo­lgen können auch nach leichten Verläufen auftreten.“

Was muss geschehen, damit die Lage auf den Intensivst­ationen sich nicht weiter verschärft? Die Menschen sollten sich unbedingt an die Corona-Schutzrege­ln halten, Masken tragen und sich so bald wie möglich impfen lassen – darin sich die Mediziner einig. Nguyen hat einen weiteren Rat an Menschen mit Symptomen und an deren Hausärzte. „Viele Patienten, die auf die Intensivst­ation müssen, haben zu lange zu Hause abgewartet, bis sie ins Krankenhau­s gekommen sind.“Wenn frühzeitig die richtige Behandlung einsetze, seien die Chancen erheblich größer.

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UWE MISERIUS FOTO: Zahl und Alter der Covid-Patienten auf den Intensivst­ationen haben sich in Mönchengla­dbach im Vergleich zur zweiten Welle verändert.

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