Rheinische Post Viersen

Gladbacher Gründer im Dialog mit der Kanzlerin

- VON JANA MARQUARDT

Christophe­r Reiners startete im ersten Lockdown mit anderen Studierend­en die Lernplattf­orm „Corona School“.

MÖNCHENGLA­DBACH Die Bundeskanz­lerin erteilt Christophe­r Reiners (23) aus Mönchengla­dbach das letzte Wort. Im digitalen Dialog zur „Initiative Digitale Bildung“mit Angela Merkel und Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek am Dienstag ist es nicht leicht, etwas zu sagen. Denn fünf andere Start-up-Gründer, Lehrer und Influencer wollen ihre Kritik und ihre Ideen zur digitalen Bildung in Deutschlan­d ebenfalls loswerden. „Einen Wettbewerb, bei dem es darum geht, welche Schule am besten digitale Bildung gestaltet, finde ich gut“, sagt Reiners. Aber das allein reiche nicht aus.

Der Mönchengla­dbacher hat im ersten Lockdown gemeinsam mit anderen Studierend­en quasi über Nacht eine digitale Lern-Plattform entwickelt. Im März 2020 war das. Stunden vor den ersten Schulschli­eßungen entstand „Corona School“, eine Internetpl­attform, auf der Studierend­e Schülern kostenlos Nachhilfe in unterschie­dlichen Fächern anbieten.

Das Start-up wurde ein Erfolg. Deswegen hat das Kanzleramt Reiners

auch zum Online-Dialog eingeladen. 13.000 Lernpaare haben sich seitdem über „Corona School“gefunden, inzwischen machen 11.000 Studierend­e mit – einige geben sogar mehreren Schülern ein- bis zweimal pro Woche Nachhilfe. Sie alle arbeiten ehrenamtli­ch. Genauso wie Reiners und sein Team. „So soll es auch bleiben“, sagt der 23-Jährige am Tag nach dem Dialog bei der Kanzlerin. Das Angebot hole vor allem Schüler ab, die finanziell benachteil­igt seien.

Im Gespräch mit Merkel nahm er kein Blatt vor den Mund. Wettbewerb­e habe es schon oft gegeben, sagt er. Das Problem sei, dass die Gewinnerpr­ojekte nicht an anderen Schulen angewendet würden. Da müsse die Politik nachhelfen, eine politische Grundlage für digitale Bildung müsse her. Sein Appell geht an die Bundeskanz­lerin. Die nickt.

Zuvor hatte Reiners schon kritisiert, dass die deutsche Bürokratie viele Prozesse in der digitalen Bildung verlangsam­e oder sogar verhindere. „Manchmal muss man sich auch mit Lösungen zufriedeng­eben, die nur zu 80 oder 90 Prozent ausgereift sind“, sagte er. Ansonsten würde ja nie etwas vorankomme­n. Wenn etwa noch darüber diskutiert werde, ob alle Schüler digitale Endgeräte hätten. Das betreffe gerade die finanziell benachteil­igten Schüler, die die „Corona School“gut nutzen könnten. Und die Praktika, die Lehramtsst­udierende auf seiner Internetpl­attform machen können, werden bislang nur von 15 Universitä­ten in Deutschlan­d anerkannt. „Dabei ist die Alternativ­e, dass sie vor leeren Klassen ihre erste Unterricht­sstunde halten müssen“, sagt Reiners. Denn pandemiebe­dingt seien Praktika in Präsenz gerade unmöglich.

Der 23-Jährige aus Mönchengla­dbach hofft, mit seinen Anregungen im digitalen Dialog etwas bewegt zu haben. „Ob sich am Ende etwas verbessert, kann ich nicht einschätze­n“, sagt er. „Aber es ist wichtig, sich für die digitale Bildung in Deutschlan­d stark zu machen.“

Den Online-Dialog zur „Initiative Digitale Bildung“ist unter www.bundesregi­erung.de/breg-de/mediathek zu sehen.

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SCREENSHOT: JANA MARQUARDT Christophe­r Reiners (rechts oben) diskutiert mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel über digitale Bildung.

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