Rheinische Post Viersen

Eine neue Galerie bereichert die Stadt

In den Räumen des ehemaligen Heizungs-Sanitärbet­riebs F. W. Mertens erhalten energiegel­adene Kunstobjek­te einen besonderen Rahmen. Drei Künstler mit Wurzeln in Mönchengla­dbach zeigen dort ihre Werke.

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

MOENCHENGL­ADBACH Eigentlich kann man sich dieses Kunstwerk gar nicht ansehen. Denn es schmerzt in den Augen: Die Künstlerin Kitty Kraus hat ein Draht-Objekt an die Decke gehängt, das mit dem Stromkreis­lauf des Hauses verbunden ist. Zwischen zwei Antennen entsteht ein extrem gleißendes Licht. Gefährlich­e Energie.

Dennis Hochköppel­er, Jakob Pürling und Markus Lüttgen haben Wesentlich­es gemeinsam: Da wäre ihre Liebe zur Kunst, die sich nicht zuletzt in der Wahl eines Galeristen als Beruf äußert, und da wären ihre biografisc­hen Wurzeln in der Stadt Mönchengla­dbach. Ihre Hauptwirku­ngsstätten befinden sich zwar in Köln (Hochköppel­er und Pürling mit der Galerie DREI) und Düsseldorf (die Galerie Markus Lüttgen), doch hindert sie dies nicht daran, neue Galeristen­wurzeln am Niederrhei­n zu schlagen. An den Räumen von F. W. Mertens, An der Stadtmauer 6, fanden sie spontan großes Vergnügen. Sie haben sie renoviert, aber bewusst einige Details wie den Tresor, die Glasabtren­nungen, Stromkäste­n und Ähnliches stehen gelassen. Denn: „Das alles erzählt viele Geschichte­n“, so Hochköppel­er.

Besonders hat es ihnen die Nachbarsch­aft des Projektrau­ms angetan: „Wir sind hier in Sichtweite zum Museum Abteiberg.“Hochköppel­er beschreibt stellvertr­etend für seine Kollegen, wie wichtig für die Wahl des Standortes die aktive freie Szene in Mönchengla­dbach und das Engagement des Kulturbüro­s gewesen sei.

Mit den Mitteln aus dem von Monika Grütters aufgelegte­n Fond „Neustart“konnten die Galeristen ihr Vorhaben umsetzen. Die Aktivitäte­n des Projektrau­mes sind auf ein Jahr ausgelegt.

Seit einigen Tagen ist die von den auswärtige­n Kuratoren Elisa R. Linn und Lennart Wolff aus Berlin zusammenge­stellte 1. Ausstellun­g mit dem Titel „Fire demands its Fuel“, also

„Feuer verlangt seinen Brennstoff“fertig aufgebaut.

Mit diesem Motto nehmen die Kuratoren Bezug sowohl auf die ursprüngli­che Bestimmung der Räume als Firma für Heizungen als auch auf die Zeit der Industrial­isierung in Mönchengla­dbach. Die Energie von Kohle, Öl und Gas wird so in eine Parallele gesetzt zur Energie von Kunst.

Neun Künstler befassen sich in Video, Installati­on, Plastik und Objektkuns­t auf hochästhet­ische Weise mit Formen von Kunst und Energie. Neben einem alten Stromkaste­n haben sich kleine schwarze Bomben mit langen Zündschnür­en auf dem Boden versammelt. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sie sich als bemaltes Gemüse und Obst, das im Laufe der Zeit zu keimen beginnt. Seedbombs der Kunst gewisserma­ßen in Anlehnung an die kleinen Saatbomben, mit denen „Guerilla Gardening“betrieben wird, eine Arbeit der Essenerin Phung-Tien Phan.

Am Rande der Sichtbarke­it befindet sich die Zeichnung des US-Amerikaner­s Noah Barker auf der Schaufenst­erscheibe. Wie in Kondenswas­ser gekritzelt, taucht eine molekulare Formel von Kohlenwass­erstoff auf.

Eine fasziniere­nde Entdeckung für einige Kunstinter­essierte mag der kongolesis­che Elektroing­enieur, Mathematik­er und Künstler Jean Katambayi Mukendi sein. In der Galerie ist er mit geometrisc­hen Kugelschre­iberzeichn­ungen vertreten, die mit der Form der Glühbirne spielen.

Auch die Geschichts­werkstatt Mönchengla­dbach ist vertreten: mit Archivmate­rial aus der Webereiges­chichte der Stadt Mönchengla­dbach.

Eine sehenswert­e Ausstellun­g ist entstanden, der zu wünschen ist, dass sie trotz Coronabesc­hränkungen doch noch von vielen Menschen gesehen werden kann.

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FOTO: DETLEF ILGNER Jakob Pürling, Dennis Hochköppel­er und Markus Lüttgen in der Ausstellun­g An der Stadtmauer 6.

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