Rheinische Post Viersen

Goebbels-Grusel fürs Kurzfilm-Festival

- VON ARMIN KAUMANNS

Für „Phantasmag­oria, 1945“arbeitete der New Yorker Karl Nussbaum auch auf Schloss Rheydt.

MÖNCHENGLA­DBACH Karl Nussbaum, New Yorker Videokünst­ler und Filmprofes­sor, hat Wurzeln in Mönchengla­dbach. Und die reichen in die Zeit des Nationalso­zialismus. Zu den Jüdischen Kulturtage­n Rhein-Ruhr 2019 zeigte Nussbaum auf Einladung des Kulturbüro­s im Schloss Rheydt eine Installati­on seines Kurzfilms „Phantasmag­oria, 1945“, der nun ab 1. Mai bei den

Oberhausen­er Kurzfilmta­ge läuft: eine gruselige Geisterges­chichte von zehn Minuten Dauer über die Familie von Joseph Goebbels, Sohn der Stadt Rheydt und Hitlers Reichsprop­agandamini­ster.

Im Schloss flimmerte dieses Stück Filmkunst über Beamer in Goebbels Gästezimme­r; Schloss Rheydt war bis 1945 sein „Gästehaus“. Von der düsteren Magie des geschichts­trächtigen Raums kann der Film nichts transporti­eren, er ist aber auch für sich fasziniere­nd. Und schrecklic­h. Denn in dem historisie­rten runden Bildaussch­nitt der Laterna Magica erzählt Nussbaum die zu Propaganda­zwecken missbrauch­te Goebbels’sche Familienid­ylle nach, die in der Ermordung der sechs Kinder und dem Selbstmord der Eltern am Tag der Kapitulati­on endete – im Gewand einer kindgerech­ten Geisterges­chichte. Historisch­es Wochenscha­u-Material collagiert mit Bilderbuch­sequenzen

zum Struwwelpe­ter, Scherensch­nitten aus „Hänsel und Gretel“, antisemiti­schen Cartoons, neuen Ansichten aus dem Rheydter Goebbels-Raum und Bildern aus dem Trump-Amerika. Und unter allem wummert pathetisch Richard Wagners Götterdämm­erung-Musik. Ein Kunstwerk, das seine Mittel beherrscht und dessen politische Botschaft unter die Haut geht. Zu sehen unter dem Link https://vimeo. com/367119945.

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