Ärzte: Notbremse rettet Tausende Leben
Die bundesgesetzliche Regelung zur Bekämpfung der dritten Corona-Welle stößt bei Medizinern und Kommunen auf positives Echo.
BERLIN/DÜSSELDORF Gut eine Woche nach Inkrafttreten der Bundes-Notbremse ziehen Ärzte und Städte eine positive Bilanz. Die bundesgesetzliche Regelung, die seit dem 24. April in vielen Städten und Landkreisen gilt, habe vor allem die Akzeptanz gestärkt, lautet das einhellige Urteil. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, sieht den „Flickenteppich verschiedener Regelungen in den Ländern“reduziert. „Bessere Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Regelungen sorgt für mehr Akzeptanz bei den Bürgern und damit auch für konsequentere Einhaltung der Regeln“, sagte Landsberg unserer Redaktion. „Mit immer mehr geimpften Personen wird im Sommer mehr Normalität möglich sein“, so Landsberg. Das sei nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Wirtschaft wichtig.
Aus Sicht der Intensivmediziner hat die Bundes-Notbremse sogar „viele Tausend Menschenleben retten können“, wie Gernot Marx, der Präsident der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), sagte. Zugleich sprach er von einer „Plateaubildung“bei der Zahl der Corona-Intensivpatienten von rund 5000. „Von Entspannung auf den Intensivstationen kann daher keine Rede sein“, betonte Marx. Es gebe aber die „berechtigte Hoffnung“, dass die Kombination Bundes-Notbremse und fortschreitender Impfkampagne die Pandemie in den nächsten Monaten bewältigbar mache.
Ähnlich äußerte sich die Chefin der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna: „Den meisten Menschen fällt es leichter, Maßnahmen zu akzeptieren, die überall gleichermaßen gelten.“Zugleich warnte sie davor, sich trotz sinkender Infektionszahlen zu früh in Sicherheit zu wägen. Man sehe jetzt Anzeichen einer Entspannung der Infektionslage, die sich aber in den Krankenhäusern erst mit einer Verspätung von zwei bis drei Wochen auswirken werde. „Noch sind wir aber nicht aus dem Gröbsten raus. Nur wenn es gelingt, das Impftempo konstant sehr hoch zu halten, können wir auf Entspannung im Sommer hoffen.“Und so sieht es aus:
Betriebsärzte Ab 7. Juni sollen sich Beschäftigte in den Unternehmen von Betriebsärzten impfen lassen können. Laut Bundesgesundheitsministerium
seien dafür mindestens 500.000 Impfdosen pro Woche vorgesehen, berichtet die „Welt am Sonntag“. Das soll Impfungen erleichtern, weil Betroffene sich nicht mehr um einen Termin beim Arzt oder Impfzentrum kümmern müssen. Die Deutsche Bahn und Konzerne wie Henkel, RWE, Allianz und Conti haben bereits Impfstraßen errichtet und warten nun auf Impfstoff. Die Kanzlerin mahnte bereits, auf eine faire Verteilung der Lieferungen zwischen den Firmen zu achten.
Lehrer-Impfung Zugleich beginnen nun erste Impfzentren in Nordrhein-Westfalen
damit, auch Lehrer von weiterführenden Schulen zu impfen. Sie gehören zur Priorisierungsgruppe 3. Bislang wurden nur Lehrer von Grund- und Förderschulen geimpft.
Hausärzte Der Impfstoff in Praxen bleibt begrenzt. „Für die zweite Maiwoche wird der Bund den Praxen knapp drei Millionen Dosen bereitstellen“, heißt es in der Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV ): 1,6 Millionen Dosen von Biontech und 1,3 Millionen von Astrazeneca. Insgesamt sind das 100.000 Dosen weniger als in der ersten Maiwoche. Zugleich gibt der Bund die Begrenzung bei Astrazeneca auf: „Pro Arzt sind bis zu 36 Dosen von Biontech möglich. Für die Bestellung von Astrazeneca gibt es hingegen keine Obergrenze“, heißt es weiter. Hintergrund ist, dass manche Praxis ihr Astrazeneca-Kontingent nicht ausschöpft und der Impfstoff liegen bleibt. „Es wurden nicht alle Astrazeneca-Dosen in dieser Woche beim pharmazeutischen Großhandel abgerufen“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein. Er bedauerte, dass die Praxen weiter nichts von Johnson & Johnson ( J & J) erhalten: „Wieder
können Praxen nicht den Impfstoff von J & J bestellen, bei dem man schon mit einer Impfung den kompletten Schutz hat.“
Kinder-Impfung Schon jetzt können Ärzte Jugendliche ab 16 mit dem Biontech-Vakzin impfen, sofern diese zu einer Priorisierungsgruppe gehören. Doch im Juni soll die Priorisierung fallen, dann können 1,5 Millionen 16- und 17-Jährige geimpft werden. Biontech hofft zugleich auf eine baldige Zulassung für Kinder ab zwölf Jahren. „Ich bin mir sicher, dass die Kinderärzte schnell und zuverlässig den bald auch für Kinder zugelassen Impfstoff einsetzen werden“, sagte Preis. „Wir haben bezüglich der Verträglichkeit nur positive Rückmeldungen, insgesamt scheint bei Kindern eine Wirksamkeit von 100 Prozent möglich zu sein. Das kann man schon als sensationell bezeichnen.“Insgesamt seien drei Millionen Jugendliche zwischen zwölf und 16 Jahren zu impfen. „Wenn dann vielleicht bereits im Herbst auch die Zulassung für Kinder ab fünf Jahren kommen würde, könnten weitere fünf Millionen Kinder geimpft werden.“