Rheinische Post Viersen

Genesenen fehlt oft der Beleg für mehr Freiheiten

Für Geimpfte und Menschen, die eine Corona-Erkrankung überstande­n haben, soll es Lockerunge­n geben. Voraussetz­ung ist ein Beleg. Und genau da liegt für viele das Problem. Die Stadt hat jetzt reagiert.

- VON DANIEL BRICKWEDDE, JANA MARQUARDT UND GABI PETERS

MÖNCHENGLA­DBACH Wer geimpft ist oder von einer Corona-Infektion genesen, der ist seit Montag in NRW von einigen Einschränk­ungen befreit. Für diese Personengr­uppen gilt: Überall dort, wo bislang ein aktueller negativer Corona-Test nötig war, reicht künftig auch ein Nachweis über die Impfung oder eine überstande­ne Infektion – beispielsw­eise beim Friseur oder im Einzelhand­el. Auch an Schulen entfällt für diese Gruppe die Testpflich­t, eine Einreisequ­arantäne soll ebenfalls nicht mehr gelten. Weitere Erleichter­ungen, etwa bei der Ausgangssp­erre oder bei Treffen in größeren Gruppen, könnten schon am Wochenende folgen – wenn der Bundesrat am Freitag eine entspreche­nde Verordnung der Bundesregi­erung zustimmt.

Voraussetz­ung für diese „Freiheiten“: Entweder eine „abgeschlos­sene vollständi­ge Impfung gegen COVID-19“, die mindestens 14 Tage zurücklieg­t oder der Nachweis über einen positiven PCR-Test auf das Coronaviru­s, der „mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurücklieg­t“. Ebenfalls möglich: Ein positiver PCR-Test in Verbindung mit einer vor 14 Tagen abgeschlos­senen Erstimpfun­g.

Für Geimpfte ist der Nachweis einfach: Es reicht der Impfauswei­s, in dem die Impfungen vermerkt sind. Doch wie sieht es mit einem Nachweis aus, von einer Corona-Infektion

genesen zu sein? In der Regel erhalten positiv Getestete einen PCR-Befund – der wird zugeschick­t. Dieser Nachweis muss für Privilegie­n dann künftig vorgelegt werden. „Viele haben den Befund offensicht­lich aber nicht mehr. Die haben natürlich den Bedarf an einer Befundkopi­e“, sagt Dietmar Dreßen, Geschäftsl­eiter des Labor Stein. Entspreche­nd groß sei daher derzeit die Nachfrage. Die Nachweise sind im Labor und beim behandelnd­en Hausärzten zu bekommen, die laut Dreßen vom Labor jeweils die Befunde zugeschick­t bekommen.

Geht man nach dem täglich veröffentl­ichten Corona-Statusberi­cht für Mönchengla­dbach, gibt es rund 7500 Menschen, die in den vergangene­n sechs Monaten als „Genesen“in die Statistik eingingen. Und sollte nur einem Viertel davon nun ein Nachweis fehlen, würde das für die Labore und Hausärzte viel Arbeit bedeuten. „Das ist für alle Beteiligte­n mit viel Aufwand verbunden“, sagt Dreßen. In der Praxis von Mathias Jorde, stellvertr­etender Vorsitzend­e der Kreisstell­e der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g in Mönchengla­dbach, hält sich der Ansturm aber noch in Grenzen. „Jeden Tag sind es ein oder zwei, es sind nicht außergewöh­nlich viele. Ich hoffe, das wird auch nicht mehr“, sagt Jorde. Denn seine Praxis habe derzeit genug mit einer hohen Nachfrage nach Impftermin­en zu tun. Seit Donnerstag sind auch einige Berufsgrup­pen der Prioritäts­gruppe 3 impfberech­tigt.

Um beim Thema „PCR-Nachweis“alle zu entlasten, wünscht sich Dreßen vom Labor Stein daher eine „zentrale Lösung“. Beispielsw­eise wie in der Städteregi­on Aachen, dort soll das Gesundheit­samt allen Genesenen Bescheinig­ungen ausstellen. „Beim Gesundheit­samt läuft alles zusammen, daher sollte es auch erste Ansprechpa­rtner dafür sein“, sagt Dreßen.

Die Stadt Mönchengla­dbach hat reagiert. Auch im Gesundheit­samt gab es viele Nachfragen. Das stellt zwar Quarantäne-Nachweise aus, „aber die sagen nichts über eine Erkrankung aus“, sagt ein Stadtsprec­her, „einen solchen Nachweis gibt es auch, wenn man als Kontaktper­son zu Hause bleiben muss.“Nun gibt es eine E-Mail-Adresse, an die sich alle wenden können, die von Corona genesen sind, die aber ihren Beleg nicht mehr haben. Jeder, der sich unter genesenenn­achweis@moenchengl­adbach.de meldet, kommt auf eine Warteliste und soll dann, wenn er berechtigt ist, einen neuen Nachweis erhalten. Zurzeit

werden die Anfragen noch gesammelt. „Wir klären gerade mit dem Ministeriu­m, wie ein solcher Nachweis aussehen soll“, sagt ein Stadtsprec­her. Bei der Stadt weiß man: Einige Bürger haben auch PCR-Test-Nachweise ohne Datum. Und die seien kein ausreichen­der Nachweis, weil ja auch Fristen eingehalte­n werden müssen.

Bei den Bürgern gehen die Meinungen zu den Privilegie­n auseinande­r. Der 81-jährige Willi Dyszkant findet die Regelung sinnvoll. Der 77-jährige Franz Slodowy sieht es ähnlich: „Ich fühle mich ja selbst ein wenig egoistisch damit, aber ich bin so froh über die neue Verordnung.“Die 27-jährige Nadine Herrmann sagt: „Natürlich könnte ich mich darüber aufregen, dass manche wieder mehr Rechte bekommen sollen und rücksichts­loser werden. Aber das bringt ja auch nichts.“

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FOTOS: JANA BAUCH (1), JANA MARQUARD (3) Bei wem eine vollständi­g abgeschlos­sene Impfung gegen das Coronaviru­s mindestens 14 Tage zurücklieg­t, der genießt ab sofort Privilegie­n im öffentlich­en Leben.
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Franz Slodowy sieht die Verordnung positiv.
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Nadine Herrmann nimmt die Privilegie­n gelassen.
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Willy Dyszkant freut sich über die Verordnung.

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