Genesenen fehlt oft der Beleg für mehr Freiheiten
Für Geimpfte und Menschen, die eine Corona-Erkrankung überstanden haben, soll es Lockerungen geben. Voraussetzung ist ein Beleg. Und genau da liegt für viele das Problem. Die Stadt hat jetzt reagiert.
MÖNCHENGLADBACH Wer geimpft ist oder von einer Corona-Infektion genesen, der ist seit Montag in NRW von einigen Einschränkungen befreit. Für diese Personengruppen gilt: Überall dort, wo bislang ein aktueller negativer Corona-Test nötig war, reicht künftig auch ein Nachweis über die Impfung oder eine überstandene Infektion – beispielsweise beim Friseur oder im Einzelhandel. Auch an Schulen entfällt für diese Gruppe die Testpflicht, eine Einreisequarantäne soll ebenfalls nicht mehr gelten. Weitere Erleichterungen, etwa bei der Ausgangssperre oder bei Treffen in größeren Gruppen, könnten schon am Wochenende folgen – wenn der Bundesrat am Freitag eine entsprechende Verordnung der Bundesregierung zustimmt.
Voraussetzung für diese „Freiheiten“: Entweder eine „abgeschlossene vollständige Impfung gegen COVID-19“, die mindestens 14 Tage zurückliegt oder der Nachweis über einen positiven PCR-Test auf das Coronavirus, der „mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt“. Ebenfalls möglich: Ein positiver PCR-Test in Verbindung mit einer vor 14 Tagen abgeschlossenen Erstimpfung.
Für Geimpfte ist der Nachweis einfach: Es reicht der Impfausweis, in dem die Impfungen vermerkt sind. Doch wie sieht es mit einem Nachweis aus, von einer Corona-Infektion
genesen zu sein? In der Regel erhalten positiv Getestete einen PCR-Befund – der wird zugeschickt. Dieser Nachweis muss für Privilegien dann künftig vorgelegt werden. „Viele haben den Befund offensichtlich aber nicht mehr. Die haben natürlich den Bedarf an einer Befundkopie“, sagt Dietmar Dreßen, Geschäftsleiter des Labor Stein. Entsprechend groß sei daher derzeit die Nachfrage. Die Nachweise sind im Labor und beim behandelnden Hausärzten zu bekommen, die laut Dreßen vom Labor jeweils die Befunde zugeschickt bekommen.
Geht man nach dem täglich veröffentlichten Corona-Statusbericht für Mönchengladbach, gibt es rund 7500 Menschen, die in den vergangenen sechs Monaten als „Genesen“in die Statistik eingingen. Und sollte nur einem Viertel davon nun ein Nachweis fehlen, würde das für die Labore und Hausärzte viel Arbeit bedeuten. „Das ist für alle Beteiligten mit viel Aufwand verbunden“, sagt Dreßen. In der Praxis von Mathias Jorde, stellvertretender Vorsitzende der Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung in Mönchengladbach, hält sich der Ansturm aber noch in Grenzen. „Jeden Tag sind es ein oder zwei, es sind nicht außergewöhnlich viele. Ich hoffe, das wird auch nicht mehr“, sagt Jorde. Denn seine Praxis habe derzeit genug mit einer hohen Nachfrage nach Impfterminen zu tun. Seit Donnerstag sind auch einige Berufsgruppen der Prioritätsgruppe 3 impfberechtigt.
Um beim Thema „PCR-Nachweis“alle zu entlasten, wünscht sich Dreßen vom Labor Stein daher eine „zentrale Lösung“. Beispielsweise wie in der Städteregion Aachen, dort soll das Gesundheitsamt allen Genesenen Bescheinigungen ausstellen. „Beim Gesundheitsamt läuft alles zusammen, daher sollte es auch erste Ansprechpartner dafür sein“, sagt Dreßen.
Die Stadt Mönchengladbach hat reagiert. Auch im Gesundheitsamt gab es viele Nachfragen. Das stellt zwar Quarantäne-Nachweise aus, „aber die sagen nichts über eine Erkrankung aus“, sagt ein Stadtsprecher, „einen solchen Nachweis gibt es auch, wenn man als Kontaktperson zu Hause bleiben muss.“Nun gibt es eine E-Mail-Adresse, an die sich alle wenden können, die von Corona genesen sind, die aber ihren Beleg nicht mehr haben. Jeder, der sich unter genesenennachweis@moenchengladbach.de meldet, kommt auf eine Warteliste und soll dann, wenn er berechtigt ist, einen neuen Nachweis erhalten. Zurzeit
werden die Anfragen noch gesammelt. „Wir klären gerade mit dem Ministerium, wie ein solcher Nachweis aussehen soll“, sagt ein Stadtsprecher. Bei der Stadt weiß man: Einige Bürger haben auch PCR-Test-Nachweise ohne Datum. Und die seien kein ausreichender Nachweis, weil ja auch Fristen eingehalten werden müssen.
Bei den Bürgern gehen die Meinungen zu den Privilegien auseinander. Der 81-jährige Willi Dyszkant findet die Regelung sinnvoll. Der 77-jährige Franz Slodowy sieht es ähnlich: „Ich fühle mich ja selbst ein wenig egoistisch damit, aber ich bin so froh über die neue Verordnung.“Die 27-jährige Nadine Herrmann sagt: „Natürlich könnte ich mich darüber aufregen, dass manche wieder mehr Rechte bekommen sollen und rücksichtsloser werden. Aber das bringt ja auch nichts.“