Rheinische Post Viersen

Die Hochschul-Kita in der Pandemie

Bei den „Campus-Zwergen“spielen vor allem Kinder von Studierend­en. Ist die Einrichtun­g während des Online-Semesters so verwaist wie der Campus? Darüber berichtet Kita-Leiterin Elke Brockes.

- VON ANSGAR FABRI

MÖNCHENGLA­DBACH Der Campus der Hochschule Niederrhei­n liegt in der Pandemie verwaist da, und auch bei den „Campus-Zwergen“ist sichtbar weniger los als sonst. 35 Kinder haben einen Platz in der hochschuln­ahen Kindertage­sstätte, von denen derzeit fast die Hälfte zu Hause, statt in der Kita spielt. „Viele Einrichtun­gen scheinen fast voll ausgelaste­t zu sein. Hier wird versucht, dass die Kinder tatsächlic­h zu Hause bleiben“, lobt Leiterin Elke Brockes das Engagement der Eltern. Einige Kinder kämen nur dreimal pro Woche hierher.

Stress, Druck und Mehrfachbe­lastung trifft auch die Eltern anderer Kita-Kinder, dennoch unterschei­det sich die Kita Campus-Zwerge von anderen in einem wesentlich­en Punkt: Bei den „Campus-Zwergen“werden Kinder von Studierend­en der Hochschule Niederrhei­n vorrangig aufgenomme­n. „Das bedeutet aber nicht, dass alle Eltern studieren“, erklärt Elke Brockes. „Bei uns sind Kinder im Alter von einem Jahr bis zur Einschulun­g. Einige sind also fünf Jahre bei uns. In dieser Zeit schließen die Eltern ihr Studium ab und wechseln ins Berufslebe­n.“

Dadurch, dass die Aufnahme der Kinder vor allem von der Immatrikul­ation eines Elternteil­s abhänge, habe die Kita „Campus-Zwerge“jedoch ein bedeutend größeres Einzugsgeb­iet als übliche Kitas, so Brockes. Einige der Eltern, die ihre Kinder in die Kita geben, kommen somit nicht aus Mönchengla­dbach, studieren aber hier. „Eine Familie wohnt im Kreis Heinsberg und bringt ihr Kind morgens hierher“, weiß Brockes. Das sei auch in Corona-Zeiten gut machbar, obwohl die Eltern jetzt zurück nach Hause müssen, statt ein paar Meter weiter in den Hörsaal zu gehen.

An Online-Vvorlesung­en teilnehmen, Studieninh­alte nachbereit­en und vertiefen, Hausarbeit­en schreiben plus Familienle­ben unter Corona-Bedingunge­n stellen eine große Herausford­erung dar. Wenn im Sommer für Studierend­e die nächsten Prüfungen im Kalender stehen, werden die Kinder die Zeit, die möglich ist, voll betreut. „Alle Kinder dürfen kommen. Wir haben da absolutes Verständni­s für die Eltern“, stellt Brockes klar.

Bei allem Engagement und Verständni­s muss auch die Kita die Bedürfniss­e von Kleinkinde­rn, studierend­en Eltern mit den Anforderun­gen der Corona-Regeln vereinbare­n. Das bedeutet vor allem umstruktur­ieren. Besonders schade sei das für die „Vorschulzw­erge“, jene Kinder, die im Sommer eingeschul­t werden. „Normalerwe­ise bilden diese Kinder eine gemeinsame Gruppe und erleben gemeinsame Aktivitäte­n. Wir bereiten sie zusammen darauf vor, bald zu den Schulkinde­rn zu gehören. Jetzt aber dürfen die Gruppen nicht vermischt werden, und so gibt es in beiden Gruppen angehende Schulkinde­r, aber keine einheitlic­he Gruppe mehr“, bedauert Brockes.

Sorgen machen sich die Erzieher darüber, wie sich die Pandemie auf die ganz Kleinen auswirken mag. Von den 35 Kitaplätze­n sind 19 Kinder unter drei Jahren und davon vier Säuglinge. Da fehle der Kontakt zu den Eltern, der der Kita sehr wichtig sei. „In dem kleinen Foyer der Kita trifft immer nur ein Elternteil mit Kind auf einen Erzieher. Dort wird dann kurz das Wichtigste ausgetausc­ht, aber wirklich Raum für längere Gespräche ist in der Pandemie nicht möglich“, sagt Brockes. Schließlic­h sollten Kontakte kurz gehalten werden, und die anderen Eltern würden bereits draußen warten. „Dabei wäre der Austausch bei Kindern, die zum Teil noch nicht sicher oder gar nicht sprechen können, so wichtig“, sagt die Kita-Leiterin und: „Auch ist es für die Säuglinge sicherlich sehr irritieren­d, dass sie immer wieder nur Gesichter mit Masken zu sehen bekommen, denn Gesichter sind eine essentiell­e Orientieru­ng für die Kleinen.“

Zudem stellt Brockes sich die Frage, ob und wie sich der Hygiene-Wahn in Zukunft auf die Kinder auswirkt. Die Sorge um gesundheit­liche Folgen sei da, denn jeder wisse, wie wichtig das gelegentli­che Spielen im Dreck für das Immunsyste­m der Kinder sei. Und nun würden ja auch nicht nur die Kinder zu ständiger Desinfekti­on der Hände angehalten, auch das Spielzeug und die Oberfläche­n würden jeden Tag aufs Neue desinfizie­rt.

Ein positives Zwischenfa­zit zieht Brockes dennoch an anderer Stelle: Mit den momentan oft benannten Schwierigk­eiten der Kinder in der Pandemie, wie Depression­en, Aggression­en bis hin zu körperlich­em Missbrauch zu Hause, hat die Kita Campus-Zwerge „bisher, Gott sei Dank, keine Schwierigk­eiten“, so Elke Brockes. Bleibt dennoch zu hoffen, dass spätestens im Winterseme­ster, wieder auf dem Campus der Hochschule Niederrhei­n und bei den Campus-Zwergen mehr Leben einkehrt.

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FOTO: M. RICK Kita-Leiterin Elke Brockes und ihre Kollegen versuchen in der Kita „Campus-Zwerge“, den Kindern von Studierend­en auch in der Pandemie eine gute Zeit zu ermögliche­n.

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