Rheinische Post Viersen

Wie die Familie Hauser mein Laubsäge-Trauma auslöscht

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Pssst, ich verrate Ihnen eine schlimme Erfahrung früher Jahre. Es hat mit Schneewitt­chen und den sieben Zwergen zu tun. Das Märchen führte zu einem Produkt, von dem ich mich distanzier­te: Ich schnitt die Figuren mit der Laubsäge aus Sperrholz, malte sie mit Hilfe des Farbkasten­s aus und schenkte sie meinem Vater. Das Werk war fürchterli­ch. Mein Vater freute sich zwar wie Bolle, aber das machte er, weil er mit den Augen der Liebe das Leben seines einzigen Kindes begleitete. Die Konsequenz meines Wirkens hat Spuren hinterlass­en: Danach habe ich jahrelang keine Laubsäge mehr angefasst.

Warum erzähle ich das? Die Geschichte hat mit der „Familie Hauser“zu tun. Wenn Sie diese nicht kennen, dann schauen Sie Youtube. Da gibt’s Filme mit Nicole, Michael, Anna und Lena Hauser. Und keine Angst. Es gibt zwar lästige Werbung, aber die Geschichte­n sind herrlich einfach. Keine Ninjas, kein Batman, keine Zombies. Die vier Hausers erzählen mit ihren Allerwelts­stimmen schöne Playmobil-Allerwelts­geschichte­n. Klar wird Werbung für das Spielzeug gemacht, und die „Familie Hauser“gibt’s auch längst als Produkt. Aber Playmobil ist wie Lego: Es ist Kult.

Matilda (7) und Elisa (4) lieben die Hausers. Und was, werden Sie fragen, hat das mit meinem Laubsäge-Abenteuer

zu tun? Nicole Hauser richtet auch Playmobil-Häuser neu ein, schneidet aus Stoffreste­n Teppiche, malt klitzeklei­ne Bildchen als Deko für die Wand – und baut Möbel aus einfachen Materialie­n. „Kann ich auch“, sagte ich meinen Enkelinnen, und die schauten mich sehr zweifelnd an, obwohl sie mein Schneewitt­chen gar nicht kennen können. Und ich „zauberte“aus Pappe, Watteflies, Stoff und Eisstielen dank Heißkleber ein Ecksofa, das auf sechs roten Perlen-Beinen steht. Der Heißkleber hinterließ zwar eine dicke Brandblase auf meinem Daumen, aber meine Enkelinnen waren begeistert.

Seitdem basteln wir für Playmobil-Figuren. Es gibt mittlerwei­le unterschie­dliche Sofas, dazu passende Hocker. Sogar einen Couchtisch haben wir kreiert. Die Platte hat „Holz“-Maserung – wir haben das Muster eines Parkett-Anbieters aufgeklebt. Matilda und Elisa machen im Hauser-Stil Filme, wobei ich mit dem Handy als Kameramann brilliere. Matilda sagt dann Sätze wie: „So, jetzt versetze ich die Wand und stelle das neue Sofa in die Ecke. Davor lege ich den Teppich, den ich aus dem Blümchen-Stoff geschnitte­n habe.“Wenn Elisa etwas beitragen will, flüstert sie dies Matilda zu: „Meine kleine Schwester sagt, dass sie den Herd neben den Kühlschran­k stellt.“Wenn’s Streit beim Einrichten gibt, verläuft er relativ ruhig ab – die Kamera zeichnet ja alles auf.

Ich trotze meiner schlimmen Laubsäge-Vergangenh­eit und trete in die Möbel-Produktion ein. Mehrere Sofa-Modelle habe ich entworfen, dazu erfülle ich Sonderwüns­che. Zum Beispiel eine Hängematte aus Eisstielen, Wollfäden und Stoff, ein Schaukelst­uhl ist in der Mache. Upcycling heißt das heute. Die Modelle werden von mir und meiner Frau wie bei den Hausers per Video vorgestell­t und kommen aus der Werkstatt von Kreativdir­ektor „Didier de Wibeau“. Alles klappt vorzüglich, nur mein Bauch wächst: Für jeden Bastel-Eisstiel muss vorher ein Eis geschleckt werden.

Manchmal bin ich hilflos. „Die Armbanduhr von Michael ist weg. Kannst du eine neue machen?“, empfängt mich eine schluchzen­de Elisa. Eine Uhr für ein Playmobil-Männchen! Eine Herausford­erung. Ob’s mit der Laubsäge klappt?

Dieter Weber ist Opa von Hannah (11), Matilda (7) und Elisa (4). An dieser Stelle berichtet er regelmäßig vom aufregende­n Opa-Leben.

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FOTO: ILGNER

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