Rheinische Post Viersen

Immer mehr Betriebe impfen Personal

Erst fehlte Unternehme­n die Erlaubnis, ihren Mitarbeite­rn Corona-Schutzimpf­ungen anzubieten, dann mangelte es an Impfstoff. Seit einer Woche hat sich das geändert.

- VON SUSANNE JORDANS

MÖNCHENGLA­DBACH Seit vergangene­n Mittwoch impft Trützschle­r wie auch andere privatwirt­schaftlich­e Unternehme­n seine Belegschaf­t. Der weltweit führende Hersteller von Maschinen für die Faserverar­beitung hat seit über 70 Jahren sein Stammwerk in Mönchengla­dbach. Von den mehr als 3000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn sind rund 750 hier tätig. „178 Impfungen haben wir schon durchgefüh­rt, das bedeutet einen verbessert­en Schutz für 28 Prozent der Belegschaf­t. Unser Ziel ist es, 80 Prozent unserer Mitarbeite­r Impfschutz zu schenken. Das sollte uns mit wöchentlic­hen Impfungen bis Ende Juli gelingen“, sagt Christoph Poos, Bereichsle­iter Personal.

Mitarbeite­rin Catrin Scheufen wurde gerade in einem abgeschirm­ten Raum des Unternehme­ns mit dem Impfstoff von Johnson und Johnson geimpft. Eine einmalige Impfung reicht hier zum verbessert­en Schutz vor Ansteckung mit dem Sars-Cov-2-Virus aus. Jetzt sitzt Scheufen im großen Showroom und steht dort 15 Minuten unter Beobachtun­g, ob sie mögliche Impf-Nebenwirku­ngen entwickelt. Getränke und Häppchen stehen bereit, die Atmosphäre ist gelöst. Das Ganze hat etwas von einer kleinen Betriebsfe­ier,

natürlich Corona-konform mit Abstand, Maske und guter Durchlüftu­ng. „Ich bin total happy“, erklärt die 34jährige: „Ich musste mich nur per Mail im Buchungssy­stem registrier­en, und schon hatte ich einen Impftermin.“Auch ihre Kollegin Farida Venzke ist geimpft worden. Die 50jährige ist dankbar, dass Trützschle­r ihr das ermöglicht hat, fiel sie doch aus den früheren Prioritäts­gruppen heraus: „Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass es so schnell geklappt hat.“Auch ihr Kollege Sven Muñoz freut sich, nun vor einem schweren Corona-Verlauf besser geschützt zu sein: „Das ist eine Erleichter­ung im normalen Lebensumfe­ld. Ich muss mich später nicht mehr testen lassen, wenn ich ins Fitness-Studio oder meine Tante im Altenheim besuchen will. Es ist für mich und andere eine Sicherheit.“

Für Christoph Poos war die Organisati­on der Betriebsim­pfungen die wohl letzte große Anstrengun­g, die er leisten musste, um die Mitarbeite­r vor Corona zu schützen. „Die Beschaffun­g der Masken war schon ein echtes Unterfange­n. Die Mitarbeite­r in der Produktion stehen eng beieinande­r, das bedeutet Maskenpfli­cht“, erklärt der Personalch­ef.

Dann kamen die Testungen, bei Trützschle­r wird zweimal wöchentlic­h getestet, jeweils nehmen etwa 280 Mitarbeite­r dieses Angebot in Anspruch. 350 Mitarbeite­r arbeiten im Homeoffice, 400 vor Ort. „Unser Impfangebo­t mit den Stoffen von Biontech und Johnson und Johnson ist ein Signal an die Belegschaf­t, sich hier wohlfühlen zu können. Viele Mitarbeite­r haben keine Lobby. Sie strahlen jetzt frisch geimpft über beide Ohren. Es ist doch schön, etwas Gutes für sie tun zu können“, sagt Poos.

Hinter dem Namen Trützschle­r steht eine Unternehme­rfamilie in der nunmehr vierten Generation, die sich für ihre Mitarbeite­r verantwort­lich fühlt.

Spezialisi­ert hat sich Trützschle­r auf die Entwicklun­g und Produktion von innovative­n Maschinen für die Spinnereiv­orbereitun­g sowie Maschinen und Anlagen für die Vliesstoff­herstellun­g und die Herstellun­g technische­r Garne. Die Unternehme­nsgruppe betreibt Produktion­sstandorte in Deutschlan­d, China, Indien, Brasilien und den USA. Beliefert werden Kunden auf der ganzen Welt, unter anderem in der Türkei, Pakistan, Bangladesc­h, Vietnam,

Indien und China. Obwohl es naturgemäß gerade für die Monteure und Außendiens­tler wichtig ist, Corona-Schutzimpf­ungen zu haben, können sich alle Mitarbeite­r impfen lassen.

Auch weitere Mönchengla­dbacher Betriebe impfen bereits oder haben die Infrastruk­tur dafür schon geschaffen. Der Software-Entwickler und -Hersteller Scheidt und Bachmann hat seinen Impfplan gemeinsam mit Trützschle­r und dem Anlagenbau­er SMS Group entwickelt: „Wir haben am 11. Juni mit dem Impfen unserer Mitarbeite­r begonnen“, sagt Personalle­iter Frank Bender. Ein Drittel der 1200-köpfigen Belegschaf­t will sich impfen lassen, verwendet wird ausschließ­lich Biontech.

60 Dosen bekam Scheidt und Bachmann vorige Woche, die Impfreihen­folge der Mitarbeite­r wird ausgelost. Der Betriebsar­zt impft einmal in der Woche. „Wir hoffen, bis zu den Sommerferi­en mit den Erstimpfun­gen durch zu sein“, so Bender. Beim Elektrogro­ßhandel Hepp-Schwamborn impft man bereits seit dem 7. Juni. Rüdiger Kliegel, Schichtlei­ter bei der Großwäsche­rei Troost mit 160 Mitarbeite­rn, wartete in der vergangene­n Woche noch auf Impfstoff, den der Betriebsar­zt dann zeitnah setzt: „Wir stehen in den Startlöche­rn.“

 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? Die Betriebsim­pfungen bei Trützschle­r haben begonnen: Mediziner Holger Thelen impft die Mitarbeite­rin Catrin Scheufen.
FOTO: DETLEF ILGNER Die Betriebsim­pfungen bei Trützschle­r haben begonnen: Mediziner Holger Thelen impft die Mitarbeite­rin Catrin Scheufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany