Rheinische Post Viersen

Ohne Einigung mit Finanzamt geht nichts

Der Fußball-Regionalli­gist KFC Uerdingen hofft aber, dass es in den kommenden Tagen eine Lösung gibt. Erst dann ist der Verein handlungsf­ähig und kann Verträge schließen. Der Wettbewerb­snachteil ist jetzt schon gravierend.

- VON THOMAS SCHULZE

Vier Wochen vor dem Auftakt der Regionalli­ga West ist der KFC Uerdingen noch immer nicht handlungsf­ähig. Das liegt daran, dass noch keine Einigung mit dem Finanzamt und den Sozialvers­icherungen erzielt werden konnte. Derweil verlaufen die Verhandlun­gen mit den anderen Gläubigern überwiegen­d positiv. Die offenen Forderunge­n sollen insgesamt bei rund 800.000 Euro gelegen haben, davon dürften das Finanzamt und die Sozialvers­icherungen rund eine halbe Million Euro geltend machen. Der KFC ficht die Berechtigu­ng nicht an. „Die Forderunge­n des Finanzamts an den e.V. sind begründet durch eine so genannte umsatzsteu­erliche Organschaf­t, welche die GmbH und der e.V. bilden bzw. gebildet haben“, heißt es in einer offizielle­n Mitteilung des Vereins. Es zeichne sich zwar eine Lösung ab, heißt es, aber der Vorstand prüfe weitere Optionen, falls die Lösung in der kommenden Woche nicht zustande komme.

Die Zeit drängt und ist das eigentlich größte Probleme. Denn in vier Wochen ist der Meistersch­aftsauftak­t und der KFC ist noch immer nicht handlungsf­ähig, das heißt, der Vorstand kann noch keine Verträge abschließe­n – nicht mit einem Trainer, Spielern, Mitarbeite­rn oder bezüglich der Anmietung eines Stadions, aber auch nicht mit Sponsoren. Erst müssen die Forderunge­n der Gläubiger vom Tisch sein.

Immerhin laufen die Vorbereitu­ngen auf Hochtouren. So wurde eine Einigung mit der Stadt Velbert erzielt. Und da auch der Westdeutsc­he Fußballver­band das neue Stadion für den Spielbetri­eb der Regionalli­ga zugelassen hat, wird der KFC dort seine so genannten Heimspiele austragen. „Sobald die Handlungsf­ähigkeit in den kommenden Tagen gegeben ist, wird der Mietvertra­g seitens des KFC unterzeich­net“, heißt es. Ähnliches gilt auch für den sportliche­n Bereich. Die Gespräche mit dem neuen Trainer und Spielern wurden nicht nur geführt, sondern auch vertraglic­he Details ausgearbei­tet. „Auch hier werden die Verträge so bald wie möglich unterzeich­net.“Um wen es sich alles dabei handelt, verrät der KFC nicht. Es dürfte jedoch auch das eine oder andere bekannte Gesicht dabei sein. Ob das auf Jugendleit­er Patrick Schneider und Juniorentr­ainer Dmitry Voronov zutrifft, ist offen. Gleiches gilt für Christian Dorda oder Rijad Kobiljar. Letzterer soll am Probetrain­ing in Oppum teilgenomm­en haben. Dorda ist sicher als Führungsfi­gur ein Kandidat, doch liegen ihm auch andere Angebote aus der Region mit berufliche­r Perspektiv­e vor.

Aufgrund der nicht gegebenen Handlungsf­ähigkeit und Planungssi­cherheit sowie der ungenügend­en Vorbereitu­ng reiben sich die ersten Gegner die Hände. Der KFC wird mit einem extremen Wettbewerb­snachteil in die Saison gehen und dürfte in den ersten Wochen kaum über die Rolle eines Sparringpa­rtners hinaus kommen. Ob die Uerdinger zum Teilnehmer­feld Anschluss halten oder später noch finden können, bleibt abzuwarten.

Wenngleich eine Lösung bezüglich eines Trainingsp­latzes für die Jugend seit einem Jahr auf sich warten lässt, so wurden jetzt Räumlichke­iten für die Geschäftss­telle gefunden. Dank intensiver Hilfe der Stadt und der Grotenburg-Supporters – einer ehrenamtli­ch tätigen Gruppe qualifizie­rter Bauleiter und Handwerker – kann künftig das „gelbe Haus“an der Violstraße genutzt werden.

Für viele Fans des KFC Uerdingen, aber auch die große Mehrheit der Fußballfre­unde in ganz Deutschlan­d ist der Fall klar: Mikhail Ponomarev hat den KFC auf dem Gewissen, er hat Schulden gemacht und ist abgehauen. Entspreche­nd groß ist jetzt die Empörung darüber, dass Ponomarev nun dem österreich­ischen Klub Wacker Innsbruck mit zwei Millionen Euro aus der Patsche hilft.

Unstrittig ist, dass Ponomarev in den letzten eineinhalb Jahren seiner fünfjährig­en Regentscha­ft seinen Zahlungsve­rpflichtun­gen unzureiche­nd nachgekomm­en ist. Richtig ist zudem, dass er mitteleuro­päische Gepflogenh­eiten nicht immer beachtet hat, dass er ein schwierige­r Partner sein konnte, er sein Gegenüber sehr deutlich spüren ließ, was er von ihm hält.

Um der Gefahr der Geschichts­fälschung zu begegnen, sei allerdings darauf hingewiese­n, dass Ponomarev von Anfang an gesagt hat, dass sein Projekt zunächst einmal auf vier Jahre ausgericht­et ist. Zu bedenken ist auch, dass Ponomarev von einigen über den Tisch gezogen, von anderen im Stich gelassen wurde. Nach drei Jahren ohne Heimspiel und ohne Kompensati­onsleistun­gen war für ihn das Maß voll. Geld hätte er gehabt, er wollte einfach nicht mehr.

Dass Ponomarev stets gesagt hat, dass er sich nur der GmbH verpflicht­et fühlt, andere sich jedoch um den Verein, sprich die Jugend, kümmern müssen, war Theorie – das Finanzamt macht eine Organschaf­t geltend. Das wiederum zeigt zweierlei: Zum einen war Ponomarev von seinem wirtschaft­lichen Geschäftsf­ührer Frank Strüver schlecht beraten, zum anderen bestärkt der Fiskus damit all jene, die die 50+1-Regel im deutschen Fußball als elementar betrachten.

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FOTO: STEFAN BRAUER Im Stadion Velbert trägt der KFC am 21. August sein erstes so genanntes Heimspiel gegen den Bonner SC aus.
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