Die Wasserfrage nach dem Tagebauende
Schon jetzt ist das Grenzland mit seiner Natur abhängig vom abgepumpten Wasser aus dem Tagebau. Doch was passiert nach dem angekündigten Ende der Braunkohleförderung? Wie lange bleiben die Pumpen in Betrieb?
NIEDERKRÜCHTEN Der Ausstieg aus der Braunkohle ist beschlossene Sache. Die Tagebaue in Inden, Hambach und Garzweiler sollen 2029, 2030 und 2038 geschlossen werden. Im Kohleausstieg und in der Leitentscheidung 2021 des Landes sind Revisionsdaten für 2022, 2026, 2029 und 2031 vorgesehen. Stets geht es um die Frage, kann man eher aus dem Tagebau aussteigen? Was aber passiert danach? Diese Frage treibt Reinhardt Lüger, Kreistagsabgeordneter und Vorsitzender der CDU Niederkrüchten, um. Auf sein Anschreiben hat RWE Power, Nachfolger von Rheinbraun in Garzweiler, Lüger geantwortet, RWE werde auch nach dem Ende der Kohleförderung das Abpumpen des Grundwassers und die Versümpfung aufrechterhalten – Überlebensversicherung für die Flüsse Schwalm und Niers, für die Trinkwasserversorgung und den Naturpark Schwalm-Nette.
Das riesige Loch in Garzweiler wird nicht verfüllt, sondern soll ein See werden. Lüger macht die Dimension klar, indem er den neuen See als zweitgrößten deutschen See nach dem Bodensee bezeichnet. Um ihn zu füllen, rechnen die Experten mit einer Dauer von ungefähr 40 Jahren. Um ihn nicht nur mit Grundwasser zu füllen, ist geplant, mittels einer Pipeline von Dormagen bis Garzweiler Wasser aus dem Rhein in den Tagebau zu leiten. Mit den geplanten 35 Quadratkilometern wäre der Garzweiler See zwar nicht der zweitgrößte deutsche See, würde sich aber nach den Seen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern in die größten zehn einreihen und das Steinhuder Meer in Niedersachsen (29,1 Quadratkilometer) übertreffen.
Im Mai hat sich der neue Braunkohleausschuss konstituiert. Dort ist für die CDU Alexander Bex aus Viersen vertreten. Im Juni referierte Rainer Röder, Leiter des Amtes für Technischen Umweltschutz des Kreises Viersen, im Kreisumweltausschuss über „Klimawandel, Wasser, Braunkohle“. Zusammen mit dem Fraktionsvorsitzenden Peter Fischer drückt Lüger jetzt aufs Tempo. „Auch wenn es bis zum Ende des Tagebaus noch Jahre dauert, müssen wir jetzt in die Planungen einsteigen. Und wir können das nicht nur auf Bund, Land und Bezirksregierung schieben, sondern müssen bereits bei den Kommunen und Kreisen anfangen“, sagt Lüger.
Die Auswirkungen auf die Natur und die Menschen im Grenzland wären katastrophal, wenn RWE die Pumpen abstellen und die Versümpfung einstellen würde. Erst einmal soll weiter gepumpt werden, aber wie lange insgesamt? In Heinsberg und Niederkrüchten sorgen bisher Verrieselungsstationen, dass genügend Wasser da ist. Die Wasserverbände entnehmen Trinkwasser zu 60 Prozent aus diesem Oberflächenwasser. Der Grundwasserspiegel sinkt kontinuierlich ab. Das Grundwasser ist aber eine existenzielle Frage für die Feuchtgebiete in den Naturschutzgebieten, ebenso für den Brandschutz in den Wäldern, aber auch für die Landwirtschaft, die für den Gemüsenanbau viel Wasser braucht.
Für Garzweiler wurde die A61 über die A44n umgeleitet. Für den späteren Neuau fehle aber das Auskiesungsmaterial aus dem Tagebau. Die A61 ist aber als Rückgrat des Verkehrs am Niederrhein lebensnotwendig. Lüger denkt vor allem an das Energie- und Gewergebiet Elmpt. Dort rechne man mal mit 16.000 Lkw-Bewegungen am Tag. Dafür müsste eine zweite Autobahnauffahrt gebaut oder die vorhandene zweispurig ausgebaut werden.