Hütter hat ein Zeitproblem
Weil Spieler spät einsteigen oder vielleicht noch Wechsel passieren, kann der Trainer seine taktischen Ideen nur erschwert einüben.
HARSEWINKEL Adi Hütter hat begonnen, seine taktischen Vorstellungen bei Borussia Mönchengladbach umzusetzen. Nachdem der neue Trainer in den ersten Tagen der Saisonvorbereitung vor allem Spielformen zur körperlichen Ertüchtigung seiner Spieler auf dem Plan hatte, machte er sich am Montagnachmittag im Trainingslager an der Klosterpforte erstmals daran, den Spielern seine Idee vom Stil der Borussen beizubringen.
„Es geht um die Inhalte: Wie laufen wir an im vorderen Drittel, wie verhalten wir uns, wenn der Gegner rauskommt, wo wollen wir das Spiel hinlenken, wie verhalten wir uns nach Ballverlusten, wie, wenn wir tief stehen? Das sind die Momente, die wir in der Woche ins Training hineinbringen“, sagte Hütter am Montagvormittag.
Wie er sein Team im Detail taktisch ausrichten wird, darüber hat Hütter indes noch keine Auskunft gegeben: Wird es eine defensive Dreier- oder Viererkette geben? Oder vorn eine Doppelzehn wie in Frankfurt? „Wichtig ist, dass wir zum ersten Pflichtspiel in Kaiserslautern bereit sind“, sagte der Trainer. Doch er hat ein Zeitproblem. Denn sieben seiner Stammspieler kommen erst Anfang der nächsten Woche zurück und werden nach den üblichen Coronaund Fitnesstests erst am 28. Juli ins Training einsteigen können.
Das bedeutet: In den letzten beiden Testspielen beim FC Bayern (28. Juli) und gegen Groningen (31. Juli) wird Hütter noch keine finalen Erkenntnisse erhalten, was das Team für das Pflichtspiel am 9. August im DFB-Pokal beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern angeht. Es wird daher quasi ein Kaltstart für den Hütter-Fußball in Gladbach mit Pflichtspielen, die quasi noch im Probiermodus stattfinden. Da ist ein Spiel auf dem Betzenberg undankbar.
Borussia ereilt das Schicksal, das Topteams mit vielen Nationalspielern in Spielzeiten nach großen Turnieren oft haben: Die Turnier-Fahrer kommen spät, es fehlt somit ein Gerüst. Hütter lässt sich jedoch nicht beirren. „Natürlich fehlen noch einige, die potenziell Stammspieler sind, aber man muss die Situation so annehmen wie sie ist“, sagte er.
Hinzu kommt für den 51-jährigen Österreicher das Problem, dass längst nicht klar ist, welche Spieler noch wechseln und welche stattdessen kommen. Sechs, sieben Borussen sind im Gespräch bei anderen Klubs, Manager Max Eberl und Hütter haben einen klaren Plan, wer alternativ kommen würde. Aber es gibt keine Planungssicherheit.
Auch die Team-Hierarchie kann sich noch nicht richtig herausbilden. In Oscar Wendt und Ibo Traoré sind zwei wichtige Männer für die Kabine verschwunden, andere müssen nachrücken. Spieler wie Nico Elvedi oder Florian Neuhaus wollen künftig mehr Verantwortung übernehmen, vor allem Elvedi könnte in der Hierarchie weiter vorrücken in seiner siebten Saison bei Borussia.
Immerhin kann Hütter auf eine erfahrene Achse bauen, die sicher da sein wird: Torwart Yann Sommer, Elvedi, Christoph Kramer und Lars Stindl. Was die Formalien angeht,
hat sich Hütter bereits festgelegt: „Ich habe mich dazu entschlossen, dass Lars Stindl Kapitän bleibt, der Mannschaftsrat in der Form passt mir auch“, sagte Hütter am Montag auf Nachfrage unserer Redaktion.
Neben Stindl gehören Sommer, Ginter, Tony Jantschke und Breel Embolo dazu, Wendt war auch dabei, sein Platz ist vakant, Kramer und Elvedi könnten Kandidaten sein, ins Gremium aufzurücken. „Vielleicht nehmen wir noch den einen oder anderen jüngeren Spieler dazu“, sagte Hütter.
„Was die Kapitänsfrage und den Mannschaftsrat betrifft, werde ich nicht viel verändern. Die Art und Weise, wie wir spielen wollen, natürlich schon. Es wäre es ja auch fatal, wenn ich sagen würde, alles was gewesen, bleibt so. Oliver Glasner wird in Frankfurt auch nicht dasselbe machen, wie ich es gemacht habe. Jeder Trainer hat spezielle und neue Ideen und die versuche ich in die Mannschaft hineinzubringen“, sagte Hütter. Er tut dies allerdings unter erschwerten Bedingungen und mit einem Zeitproblem.