Bénes nimmt den nächsten Anlauf bei Borussia
Nach der zweiten Rückkehr von einer Leihe will sich der Slowake endgültig durchsetzen. Der Trainer hat schon einen Plan.
„Alle gehören jetzt mir?“, fragt Laszlo Bénes auf der Terrasse der Klosterpforte in Harsewinkel, wo die Borussen derzeit ihr Trainingslager abhalten. Gemeint sind die Handys, die vor ihm auf dem Tisch liegen und die in den Minuten zuvor jedes seiner Worte aufgezeichnet haben. Der Slowake, der seit 2016 bei Borussia spielt, verfügt längst über so gute Deutschkenntnisse, dass ihm auch mal ein lockerer Spruch über die Lippen kommt.
Geht es allerdings um seine Ziele in der kommenden Saison, sitzt da ein Fußballer, der ganz genau weiß, was er will und sein Vorhaben fokussiert formuliert. „Ich möchte mir hier einen Stammplatz erarbeiten“, sagte Bénes. Von „Arbeit“ist also die Rede, denn Bénes weiß, dass er unter Umständen mehr als andere leisten muss, um im hochwertig besetzten Mittelfeld eine Rolle zu spielen.
Unter Ex-Trainer Marco Rose hatte sich Bénes ab 2019 zunächst „ein bisschen als Stammspieler“fühlen dürfen, 2020 ging die Anzahl seiner Einsätze kontinuierlich nach unten. Es folgten ein Leih-Halbjahr beim FC Augsburg, wo er in der Rückrunde auf zwölf Einsätze kam, und die EM-Teilnahme mit der Slowakei. „Das war mein erstes großes Turnier. Ich habe mich gefreut, dass ich zum Einsatz gekommen bin, auch wenn es nur ein paar Minuten waren“, blickt Bénes zurück.
Gladbachs neuer Trainer, Adi Hütter, ist für Bénes, der auch schon ein Zweitliga-Halbjahr bei Holstein Kiel hinter sich hat, bereits der siebte Profi-Trainer in Deutschland. Nun steht Bénes, der bislang 51-mal für Borussia gespielt hat, an einer Karriere-Kreuzung: Geht es für ihn in Richtung der Stammspieler, auf die Hütter setzt, oder wird er sich eingestehen müssen, dass er sich langfristig in Gladbach nicht durchsetzen kann?
Hütter jedenfalls beobachtet ihn in diesen Tagen nicht zum ersten Mal. „Ich habe ihn in Österreich mal beim Training der slowakischen Nationalmannschaft gesehen. Er ist ein intelligenter und interessanter Spieler. Er hat einen super Linksfuß und schießt tolle Standards“, sagte Hütter, der zudem Bénes’ professionelle Einstellung lobte.
Ob in der ersten Elf ein Platz für den 23-Jährigen frei ist, wird die Vorbereitung
zeigen. Im Mittelfeld die erste Einwechsel-Option zu sein, dürfte Bénes schon als Erfolg werten. Vor allem in den Testspielen am Samstag gegen den FC Metz (15.30 Uhr, Fohlenplatz) und beim FC Bayern (28. Juli, 18 Uhr) wird er die Gelegenheit erhalten, sich zu zeigen, da Hütter in den Partien noch nicht auf alle EM-Fahrer zurückgreifen kann.
Eine Idee, welche Rolle Bénes, der sich unter anderem mit Christoph Kramer, Florian Neuhaus und bald auch mit dem derzeit noch verletzten Zugang Manu Koné messen wird, hat Hütter bereits. „Ich sehe ihn eher auf der Achter- oder Zehnerposition als auf der Sechs, weil er den letzten Pass spielen kann und einen sehr guten linken Fuß und Schuss hat“, so Hütter, der die Vorzüge, die Bénes mitbringt, kennt.
Und auch Bénes könnte Hütters Idee vom Fußball gefallen, darauf hofft er jedenfalls. „Der Trainer hat in Frankfurt schnellen Offensivfußball spielen lasse, das mag ich. Deswegen freut es mich, dass er hier ist“, so Bénes, der sich vorgenommen hat, auf dem Platz noch mehr Verantwortung zu übernehmen. „Ich war schon immer einer, der auf dem Platz spricht. Aber lauter kann man immer sein“, sagt Bénes, der nach der Gesprächsrunde lediglich sein eigenes Telefon in die Tasche steckt. Seine Worte sollen schließlich gehört werden.
Es wird immer viel über Social Media und den Umfang damit diskutiert. Gerade auch in Bezug auf den Profi-Fußball. Als Spieler kann man die sozialen Netzwerke natürlich für sich nutzen, um sich zu präsentieren – aber es ist nicht ganz einfach, da das richtige Maß zu finden.
Als ich jünger war, habe ich mir über mein Image nicht sonderlich Gedanken gemacht, ich habe einige Sachen gepostet, von denen ich heute weiß, dass sie Blödsinn waren. So hatten die Leute ein Bild von mir, das gar nicht dem entsprach, wie ich wirklich bin. Als ganz junger Kerl – mit 22 bin ich ja noch immer jung – baut man sich manchmal eine Fassade auf, um cooler zu wirken. Das ist nicht nur im Fußball so, jeder kennt das. Es ist aber nicht leicht, so etwas wieder loszuwerden. Es sollte nur um Fußball gehen, das habe ich erst lernen müssen.
Dabei bin ich ein Mensch, in dessen Leben sich tatsächlich alles um Fußball dreht, das war schon immer so. Es ist der beste Job der Welt und ich bin jeden Tag froh, dass ich ihn machen darf. Darum war es für mich eine brutale Zeit, als ich in Leipzig so schwer verletzt war. Es war das erste Mal, dass ich so lange ausgefallen bin, und es war nicht leicht, das zu akzeptieren. Seitdem weiß ich aber noch klarer als zuvor, dass mein Körper das größte Kapital ist, das ich habe und achte noch mehr auf mich.
Ich habe auch jetzt im Sommer im Urlaub viel an mir gearbeitet. Ich habe täglich rund anderthalb Stunden etwas gemacht, gerade in der Spielpause ist ja Zeit, für sich persönlich eine körperliche Basis zu schaffen. Ich habe einen Personal-Trainer, mit dem ich schon einige Jahre arbeite. Zuletzt haben wir noch mal viel für die Kraft getan, ich weiß, dass es in der deutschen Bundesliga wichtig ist, widerstandsfähig zu sein.
Einer, der allen zeigt, wie man mit Professionalität viel erreichen kann, ist Cristiano Ronaldo. Er war neben Wayne Rooney immer mein Vorbild, ich hatte ihre Poster früher im Kinderzimmer. Mit 36 Jahren gehört Ronaldo immer noch zu den besten Spielern der Welt. Er holt alles aus sich heraus, hat alles gewonnen und ist immer noch hungrig nach Erfolg. Ich finde das faszinierend. Als Fußballer zeigt er einfach, worauf es ankommt.
Hannes Wolf, Borussias Offensivmann aus Österreich, schreibt während des Trainingslagers der Borussen exklusiv für unsere Redaktion.