Mega-Kran nimmt Kirchturmspitze ab
Das Kreuz der evangelischen Hauptkirche in Rheydt ist schon weg, jetzt muss auch noch die Kirchturmspitze bis zum Kuppeldach abmontiert werden. Dies soll mit einem 100 Meter hohen Kran geschehen.
RHEYDT Befürchtet wurde es schon, jetzt ist es gewiss: Die Standsicherheit der Kirchturmspitze am Rheydter Marktplatz ist deutlich beeinträchtigt. Zu diesem Fazit kommt der Metallspezialist, der die Stahlkonstruktion im Turm der evangelischen Hauptkirche untersuchte. Weil die Spitze völlig morsch ist, muss etwas geschehen – bis spätestens Ende September. „Ab diesem Zeitpunkt ist, gerade durch die neu gewonnenen Erkenntnisse und die zu erwartenden Herbststürme, von einer besonderen Gefahr auch für Leib und Leben auszugehen, bei der auch die jetzt getroffenen Absperrungen nicht mehr ausreichend wären...“, heißt es im Bericht des Fachmannes.
Die Kirchengemeinde hat die Wahl: die Turmspitze bis zur Laterne, also kurz vor dem Kuppeldach, in Teilen abmontieren. Oder sie komplett herunternehmen. Wie Pfarrer Olaf Nöller mitteilt, wurde bei der Baubesprechung in der vergangenen Woche entschieden, die komplette Spitze am Stück abzunehmen. Sie wird in einem Stützgerüst mit einem über 100 Meter hohen Kran zum Boden transportiert und dann neben dem Haupteingang an der Hauptstraße vor die Nordfassade gesetzt. Am Erdboden soll dann sorgsam untersucht werden, welches Material sich wiederverwenden lässt. Schließlich steht die Kirche von dem berühmten Berliner Baumeister Professor Johannes Otzen unter Denkmalschutz.
Es ist der Rost, der dem 1899 bis 1902 erbauten Gotteshaus, so zusetzt. Im Herbst 2019 wurde das allen schmerzlich klar. Da fiel plötzlich ein Brocken aus dem Turm vor das Hauptportal. Verletzt wurde niemand, aber es sollte der Anfang von vielen Hiobsbotschaften sein, was den Zustand der Kirche betrifft. An dem Gotteshaus platzen die Säulen auf, weil im Laufe der Jahre Wasser eindrang, das die eingebauten Eisenstifte korrodieren ließ. Sie werden jetzt mit Gurten zusammengehalten. Dann kam die Nachricht von der verrosteten Kirchturmspitze. Mitte Juni wurde das Kreuz in einer Aufsehen erregenden Aktion vom Dach genommen. Im Hubsteiger schwebten Kunstschmiede an die 72 Meter hohe Spitze. Dort hatten zuvor Industriekletterer den
Unterbau des Kreuzes freigelegt. Schon die erste Diagnose des arg vom Zahn der Zeit mitgenommenen Kreuzes lautete: Nicht alles kann gerettet werden, ein Teil muss neu geschmiedet werden.
Die Sanierung der evangelischen Hauptkirche wird wohl ein Millionen-Projekt, das die Gemeinde alleine nicht finanziell stemmen kann. Viele haben bereits ihre Unterstützung zugesagt, darunter auch andere Kirchengemeinden. Um das nötige Geld für die Großbaustelle Kirche aufzutreiben, wurde außerdem ein Bauverein gegründet. Und natürlich hoffen die Verantwortlichen auf staatliche Fördermittel für das Wahrzeichen Rheydts.
Wann die morsche Kirchturmspitze genau abgenommen werden wird, steht noch nicht fest. Gedacht sei an die Zeit bis Ende August, sagt Nöller. Denn es müssen noch Genehmigungen von der Denkmalpflege und von der Stadt eingeholt werden. Und das Wetter wird wahrscheinlich auch eine Rolle spielen – bei den Arbeiten in so großer Höhe.
Mit Gerüsten rund um die evangelische Hauptkirche werden die Rheydter wohl noch lange leben müssen. Denn es wird eine sehr lange Baustellenzeit.