Wo die Fantastischen Vier probten
Die Band bereitete sich in Gladbach auf ihren ersten Auftritt seit eineinhalb Jahren vor.
MÖNCHENGLADBACH Michi Beck steht nicht gerade in dem Ruf nach Worten ringen zu müssen. Er ist einer der Fantastischen Vier, Deutschlands Hip-Hop-Pioniere seit 32 Jahren und zwei Wochen. Und doch war er am Sonntagabend einigermaßen sprachlos nach dem zweiten Lied seiner Band vor rund 2700 Fans im Sparkassenpark: „Das ist total unwirklich alles. Wir sind seit 2019 zum ersten Mal auf der Bühne.“Und wenig später: „Es ist so schön, euch zu sehen. Gott sei Dank gibt’s euch immer noch.“Und sein Bandkollege Thomas D. ergänzte ein Kompliment: „ Ihr habt euch nicht verändert.“
Die Fantastischen Vier haben am Sonntagabend eineinhalb Jahre Corona-Pause beendet. Wer so lange Bühnen-abstinent ist, braucht Übung. Selbst mit über 50 Jahren, was man den dreien am Mikrofon und And.Ypsilon an den Mixern dahinter nicht ansieht. Die Band gönnte sich vor dem ersten Auftritt aber die Zeit und probte zwei Tage lang – und zwar in Mönchengladbach direkt vor Ort. Die Band mietete die Red Box neben dem Sparkassenpark und studierte dort das Set ein, das immer sehr kompliziert ist. Denn sie schmeißen Songs zusammen, hier eine Strophe von dem kurz dazwischen, dort ein Refrain weniger. Sie nehmen ihr Gesamtwerk und schütteln es an vielen Stellen kräftig durcheinander. Das merkte man auch bei dem Konzert im Sparkassenpark, dem ersten von zwei Abenden infolge. Wenn ihr Gig am Montagabend in dem Stadion beendet ist, dann haben sie vier Tage Mönchengladbach hinter sich – selten dürfte eine so große Band so lange in der Stadt geblieben sein.
Ihre großen Hits ließ die Band unangetastet. „Die da!?!“etwa oder „Mfg – Mit freundlichen Grüßen“. Bei „Die da!?!“bittet Smudo darum, dass mal alle schön die Knie zum Tanz nach oben reißen. Als wenn das alle Feierabend-Hip-Hoper im Publikum nach 17 Uhr noch so einfach könnten im fortgeschrittenen Alter. An anderer Stelle wurde neu arrangiert. „Ernten was wir säen“etwa kommt noch rockiger als von der Platte „Fornika“.
Später, als der Sonnenuntergang sein Schauspiel neben der Bühne beendet hat, schallt es aus den Boxen, wird es wieder nachdenklich: „Schön, dass ihr am Leben seid, dass es euch gut geht und wir das hier zusammen rocken können.“Michi Beck spricht kurz vor den Zugaben, dass man gegrübelt habe, ob man angesichts der Hochwasser-Katastrophe spielen könne. „Menschen sterben, verlieren Hab und Gut, und wir müssen auf gute Laune machen? Aber das ist, was wir können: ein bisschen Normalität geben in dieser komischen, wahnsinnigen Zeit.“Und dann die Zeilen des letzten Songs „Troy“: „Du hattest schlechte Zeiten, und wir waren auch dabei. Wir werden dich begleiten. Wir bleiben troy.“
Kultur Seite C 7