Rheinische Post Viersen

Joe Scally über Vorbilder und die Freude seines Opas

Borussias US-Amerikaner macht in seinem ersten großen Pressegesp­räch im Trainingsl­ager einen reifen Eindruck.

- VON KARSTEN KELLERMANN

HARSEWINKE­L Matthias Ginter kommt erst am Montag zurück aus dem EM-Urlaub. Gesprächst­hema ist Borussias Abwehrchef dennoch, immer wieder wird über seine Zukunft diskutiert. Bayer Leverkusen soll nun doch kein Angebot vorbereite­n, dagegen sollen der FC Barcelona sowie Real und Atlético Madrid interessie­rt sein, Ginter zu kaufen. Alles sind Gerüchte, Fakten gibt es in der Sache nicht. „Er hat einen Vertrag bei uns, ist mit unserem Manager Max Eberl ständig im Austausch. Er ist Spieler von Borussia Mönchengla­dbach“, sagt Trainer Adi Hütter zu der Personalie.

Wortgleich ordnete Hütter die Situation des zweiten Spielers ein, dessen Vertrag 2022 ausläuft: Denis Zakaria. Gefühlt war der Schweizer schon verkauft, sein Nachfolger ist bereits da: Manu Koné, der für neun Millionen Euro von FC Toulouse geholt wurde und wie Zakaria ein dynamische­r Mittelfeld­mann ist. Und da Zakaria hatte durchblick­en lassen, dass er gern eine neue Herausford­erung suchen würde, möglichst bei einem Topverein, schien sein Abgang beschlosse­ne Sache.

Doch im Gegensatz zum Kollegen Ginter halten sich die Gerüchte um Zakaria in Grenzen. Zuletzt wurde er mit der SSC Neapel in Verbindung gebracht, doch richtig heiß fühlt sich das Thema nicht an. Eher scheint die Wahrschein­lichkeit, dass Zakaria doch in Gladbach bleiben könnte, größer zu werden.

Es gibt verschiede­ne Varianten, wobei die, dass Zakaria bleibt, ohne zu verlängern, um dann 2022 ablösefrei zu sein, für Eberl keine ist, die er freiwillig wählen würde. Es bleibt also, Zakaria zu verkaufen, er würde wohl um die 20 Millionen Euro bringen. Oder Zakaria verlängert, bekommt

Yvandro Sanches Borges und Moustafa Moustafa (beide Jahrgang 2004) haben ihn als jüngsten Borussen im Training abgelöst, doch Joe Scally (geboren am 31. Dezember 2002) ist noch immer der jüngste Profi mit echten Aussichten auf Einsätze ab dem Saisonstar­t. Was dem US-Amerikaner helfen wird, seine Ziele zu erreichen: Mit 18 Jahren macht er bereits einen sehr reifen Eindruck, auch in seinem ersten großen Pressegesp­räch in Deutschlan­d. „In einer der fünf Top-Ligen zu spielen, ist der Traum eines jeden Kindes in den USA“, sagte Scally. Außerdem sprach er, in seiner Mutterspra­che Englisch, über ...

... seine Ankunft in Deutschlan­d: „Als ich im Januar gekommen bin, war es natürlich schwierig, meine Familie zurückzula­ssen. Aber der Verein hat mich super aufgenomme­n und es hat sich direkt sehr familiär angefühlt. Mönchengla­dbach ist selbstvers­tändlich anders aber einen Vertrag mit einer festgeschr­iebenen Ablösesumm­e.

Es gibt Gründe, die dafür sprechen, dass Zakaria ins Grübeln kommen könnten. Zum einen war die vergangene Saison für ihn eine verlorene. Nach seiner Knorpelver­letzung kam er nur schwerlich in Form, von den Leistungen, die ihn zu einem vermeintli­ch bei allen Großen Europas zu einem Objekt der Begierde hatten werden lassen, war er weit entfernt. Den Job vor der Abwehr als New York City. Aber alle haben es mir leichtgema­cht, das war sehr schön.“

… seine Ziele bei Borussia: „Viele Amerikaner sind zuletzt nach Deutschlan­d gekommen, wie Gio Reyna (Borussia Dortmund, Anm. d. Red.), der ein guter Freund von mir ist. Ich will dem Team helfen, so gut es geht, und hoffentlic­h mal einen Titel gewinnen. Gio hat mir gesagt, dass die Bundesliga eine schwierige Liga ist, meinte aber auch, dass ich keine Probleme haben sollte, mich zurechtzuf­inden, da wir beide lange zusammenge­spielt haben. Ihn in der Nähe zu haben, ist sowieso super, er wohnt ja nur eine Stunde entfernt.“

… die Major League Soccer: „Viele denken, das Niveau der MLS sei nicht so hoch, weil es die USA sind. Aber es ist eine sehr gute Liga. Zwei Jahre dort zu spielen, hat mir sehr geholfen, sowohl spielerisc­h als auch physisch. Natürlich sind die

machten meist Christoph Kramer und Florian Neuhaus. Auch von der EM hatte sich Zakaria mehr erwartet, er war im Schweizer Team nicht der gesetzte zweite Sechser neben Granit Xhaka. Ein weiteres Jahr bei Borussia könnte „Zak“nutzen, wieder zur alten Form zu kommen.

„Er war fast eineinhalb Jahre verletzt. Es braucht gewöhnlich genauso lange, wieder fit zu werden. Wenn er jetzt bleibt, würden wir den alten ‚Zak’ wieder sehen, da bin ich

Spieler in Deutschlan­d besser, aber das Tempo dort zu kennen, hat mir den Übergang hier erleichter­t.“

… seine Wohnsituat­ion: „Ich bin gerade in eine Wohnung in Düsseldorf gezogen, Rocco Reitz wohnt ganz in der Nähe. Mit ihm verbringe ich viel Zeit, weil wir viele gemeinsame Themen haben. Viele Teamkolleg­en sprechen aufgrund ihres Alters mir sicher. Aber da warten wir ab“, sagte Vize-Präsident Rainer Bonhof zuletzt im Interview mit unserer Redaktion. Die Dynamik Zakarias, wenn er mit seinen langen Beinen das Mittelfeld ausmetert, die will Bonhof ungern missen.

Für Zakaria könnte es ein Argument sein, dass Hütter nun Trainer ist. Der Österreich­er hat ihn einst bei Young Boys Bern quasi erfunden. „Er war noch mal da, bevor er in Urlaub gegangen ist. Ich kenne ihn ja seit oft eher über ihre Kinder, da sind wir noch nicht so weit.“

… seine Deutschken­ntnisse: „Die Jungs haben mir natürlich viele Wörter beigebrach­t, die ich in dieser Runde nicht ausspreche­n sollte (lacht). Ich nehme Unterricht. Wenn ich in den Supermarkt gehe, kann ich so Sachen sagen wie: ‚Zwei Fleisch bitte.‘ Es wird besser.“

den zwei Jahren, während der ich ihn in Bern trainiert habe. Jetzt haben wir uns vier Jahre nicht gesehen. Er hat sich super entwickelt, die Verletzung hat ihn natürlich zurückgewo­rfen, aber er ist schon wieder auf einem sehr, sehr guten Weg“, sagte Hütter.

Bleibt Zakaria, würde es sich knubbeln im zentralen Mittelfeld, wobei Zakaria prädestini­ert wäre, als Single-Sechser ein Dampfmache­r aus der Tiefe zu sein. Doch könnte Zakaria auch eine andere Rolle spielen, die, die ihm Marco Rose zuweilen zuwies: Als zentraler Mann einer Abwehr-Dreierkett­e. Zakaria mag den Job nicht, doch könnte es sein Repertoire extrem erweitern, eine Art Libero zu spielen.

Ein Klub, bei dem er weiß, woran er ist, ein Trainer, den er kennt, beides sind gewichtige Argument für einen Spieler. Der nächste Schritt wäre aufgeschob­en, doch ohnehin müsste sich Zakaria die Frage stellen, ob er gerade wirklich bereit dafür wäre. Hütter jedenfalls hat Zakaria noch nicht abgeschrie­ben. „Es ist auch möglich, dass er seinen Vertrag noch verlängert“, sagte er.

… seine Vorbilder: „Ich mag Dani Alves. Er ist so gut am Ball und trotzdem gut im Verteidige­n. So wie er wollte ich immer ein wenig sein. Ich spiele alles auf der rechten Seite, vergangene Saison in der U23 auch mal links.“

… einen freudigen Tweet seines Großvaters: „Er hatte einen Monat lang Twitter. Als er sich über meinen Wechsel gefreut hat, hat er den Vereinsnam­en falsch geschriebe­n. Wir haben die App direkt von seinem Handy gelöscht, er ist also nicht mehr dort (lacht). Aber er ist natürlich sehr stolz. In zwei Monaten kommt er mit meiner Mutter vorbei zum Spiel gegen Dortmund.“

… die Vorfreude auf Zuschauer im Stadion: „Ich war vor zwei Jahren beim Spiel gegen Bayern erstmals im Borussia-Park, als Ramy in letzter Minute den Elfmeter geschossen hat. Die Atmosphäre war der Wahnsinn, darauf freue ich mich sehr, ich kann es kaum erwarten.“

Dienstag ist auch mein Kumpel Stevie Lainer im Trainingsl­ager angekommen. Er war noch im Urlaub nach der EM, die für uns Österreich­er richtig gut gelaufen ist. Ich bin mal gespannt, was Stevie zu erzählen hat. Vor allem über sein Tor gegen Nordmazedo­nien. Das war mal ein Ding. Ich wusste gar nicht, dass er so was drauf hat.

Als ich 2020 zu Gladbach kam, war Stevie sehr wichtig für mich. Er ist super drin im Team, weil er ein sehr offener Typ ist, der sagt, was er denkt. So bin ich im Grunde auch. Doch mit 22 sollte man nicht immer seinen Senf dazu geben. Das darf einer wie Stevie schon eher, finde ich. Aber ich weiß gar nicht, ob ihn alle immer verstehen mit seinem Salzburger Akzent ...

In unserem neuen Co-Trainer Christian Peintinger gibt es nun neben mir einen zweiten Grazer in Gladbach. Da hat man natürlich einen guten Draht, man kann auch mal Geschichte­n aus der Heimat erzählen. Als er in Karlsdorf Trainer war, hat er zwei Kumpels von mir trainiert. Was ich über uns Grazer sagen kann: Wir sind sehr entspannt und haben wie die Wiener einen guten Schmäh.

Schmäh muss übrigens sein, ich kann über viele Sachen herzlich lachen. Am besten finde ich es, wenn man über sich selbst lachen kann. Und ich mag es gern auch mal derbe, wenn es um Witze geht. Einen Humor, der mir besonders gut gefällt, hat unser Amerikaner Joe Scally. Mit ihm kann man schön die eine oder andere Zote austausche­n. Das ist cool.

Aber zurück nach Österreich und zu unserem Team. Wir sind ja jetzt mit Stevie, Christian Peintinger, Trainer Adi Hütter und mir vier Österreich­er. Damit sind wir gleichgezo­gen mit den Schweizern. Jetzt müssen wir mal sehen, was die zweite Amtssprach­e in der Kabine ist. Ich plädiere natürlich für Österreich­isch.

Unser neuer Trainer kommt aus Voralberg. Wie ein Onkel von mir. Der ist auch um die 50 und immer locker und gut drauf. Generell kann man über den Österreich­er, ob nun aus Salzburg, Voralberg, Wien oder Graz sagen: Er ist ein angenehmer Geselle. Ich glaube, das würde hier in Gladbach jeder unterschre­iben. Und bei der EM hat jeder gesehen, dass wir guten Fußball spielen können. Damit wollen wir im Flachland am Niederrhei­n etwas bewegen.

Hannes Wolf, Borussias Offensivma­nn aus Österreich, schreibt während des Trainingsl­agers exklusiv für unsere Redaktion.

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FOTO: JEAN-CHRISTOPHE BOTT/DPA Denis Zakaria spielt seit 2017 bei Borussia Mönchengla­dbach. Bald muss sich klären, ob der Schweizer ein fünftes Jahr am Niederrhei­n dranhängt.
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Training
19.07.2021, Harsewinke­l, GER, Fussball, Herren, BL, Saison 2021/2022, Borussia Moenchengl­adbach Training
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FOTO: DIRK PÄFFGEN Unser Kolumnist Hannes Wolf im Einsatz für Borussia.

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