Joe Scally über Vorbilder und die Freude seines Opas
Borussias US-Amerikaner macht in seinem ersten großen Pressegespräch im Trainingslager einen reifen Eindruck.
HARSEWINKEL Matthias Ginter kommt erst am Montag zurück aus dem EM-Urlaub. Gesprächsthema ist Borussias Abwehrchef dennoch, immer wieder wird über seine Zukunft diskutiert. Bayer Leverkusen soll nun doch kein Angebot vorbereiten, dagegen sollen der FC Barcelona sowie Real und Atlético Madrid interessiert sein, Ginter zu kaufen. Alles sind Gerüchte, Fakten gibt es in der Sache nicht. „Er hat einen Vertrag bei uns, ist mit unserem Manager Max Eberl ständig im Austausch. Er ist Spieler von Borussia Mönchengladbach“, sagt Trainer Adi Hütter zu der Personalie.
Wortgleich ordnete Hütter die Situation des zweiten Spielers ein, dessen Vertrag 2022 ausläuft: Denis Zakaria. Gefühlt war der Schweizer schon verkauft, sein Nachfolger ist bereits da: Manu Koné, der für neun Millionen Euro von FC Toulouse geholt wurde und wie Zakaria ein dynamischer Mittelfeldmann ist. Und da Zakaria hatte durchblicken lassen, dass er gern eine neue Herausforderung suchen würde, möglichst bei einem Topverein, schien sein Abgang beschlossene Sache.
Doch im Gegensatz zum Kollegen Ginter halten sich die Gerüchte um Zakaria in Grenzen. Zuletzt wurde er mit der SSC Neapel in Verbindung gebracht, doch richtig heiß fühlt sich das Thema nicht an. Eher scheint die Wahrscheinlichkeit, dass Zakaria doch in Gladbach bleiben könnte, größer zu werden.
Es gibt verschiedene Varianten, wobei die, dass Zakaria bleibt, ohne zu verlängern, um dann 2022 ablösefrei zu sein, für Eberl keine ist, die er freiwillig wählen würde. Es bleibt also, Zakaria zu verkaufen, er würde wohl um die 20 Millionen Euro bringen. Oder Zakaria verlängert, bekommt
Yvandro Sanches Borges und Moustafa Moustafa (beide Jahrgang 2004) haben ihn als jüngsten Borussen im Training abgelöst, doch Joe Scally (geboren am 31. Dezember 2002) ist noch immer der jüngste Profi mit echten Aussichten auf Einsätze ab dem Saisonstart. Was dem US-Amerikaner helfen wird, seine Ziele zu erreichen: Mit 18 Jahren macht er bereits einen sehr reifen Eindruck, auch in seinem ersten großen Pressegespräch in Deutschland. „In einer der fünf Top-Ligen zu spielen, ist der Traum eines jeden Kindes in den USA“, sagte Scally. Außerdem sprach er, in seiner Muttersprache Englisch, über ...
... seine Ankunft in Deutschland: „Als ich im Januar gekommen bin, war es natürlich schwierig, meine Familie zurückzulassen. Aber der Verein hat mich super aufgenommen und es hat sich direkt sehr familiär angefühlt. Mönchengladbach ist selbstverständlich anders aber einen Vertrag mit einer festgeschriebenen Ablösesumme.
Es gibt Gründe, die dafür sprechen, dass Zakaria ins Grübeln kommen könnten. Zum einen war die vergangene Saison für ihn eine verlorene. Nach seiner Knorpelverletzung kam er nur schwerlich in Form, von den Leistungen, die ihn zu einem vermeintlich bei allen Großen Europas zu einem Objekt der Begierde hatten werden lassen, war er weit entfernt. Den Job vor der Abwehr als New York City. Aber alle haben es mir leichtgemacht, das war sehr schön.“
… seine Ziele bei Borussia: „Viele Amerikaner sind zuletzt nach Deutschland gekommen, wie Gio Reyna (Borussia Dortmund, Anm. d. Red.), der ein guter Freund von mir ist. Ich will dem Team helfen, so gut es geht, und hoffentlich mal einen Titel gewinnen. Gio hat mir gesagt, dass die Bundesliga eine schwierige Liga ist, meinte aber auch, dass ich keine Probleme haben sollte, mich zurechtzufinden, da wir beide lange zusammengespielt haben. Ihn in der Nähe zu haben, ist sowieso super, er wohnt ja nur eine Stunde entfernt.“
… die Major League Soccer: „Viele denken, das Niveau der MLS sei nicht so hoch, weil es die USA sind. Aber es ist eine sehr gute Liga. Zwei Jahre dort zu spielen, hat mir sehr geholfen, sowohl spielerisch als auch physisch. Natürlich sind die
machten meist Christoph Kramer und Florian Neuhaus. Auch von der EM hatte sich Zakaria mehr erwartet, er war im Schweizer Team nicht der gesetzte zweite Sechser neben Granit Xhaka. Ein weiteres Jahr bei Borussia könnte „Zak“nutzen, wieder zur alten Form zu kommen.
„Er war fast eineinhalb Jahre verletzt. Es braucht gewöhnlich genauso lange, wieder fit zu werden. Wenn er jetzt bleibt, würden wir den alten ‚Zak’ wieder sehen, da bin ich
Spieler in Deutschland besser, aber das Tempo dort zu kennen, hat mir den Übergang hier erleichtert.“
… seine Wohnsituation: „Ich bin gerade in eine Wohnung in Düsseldorf gezogen, Rocco Reitz wohnt ganz in der Nähe. Mit ihm verbringe ich viel Zeit, weil wir viele gemeinsame Themen haben. Viele Teamkollegen sprechen aufgrund ihres Alters mir sicher. Aber da warten wir ab“, sagte Vize-Präsident Rainer Bonhof zuletzt im Interview mit unserer Redaktion. Die Dynamik Zakarias, wenn er mit seinen langen Beinen das Mittelfeld ausmetert, die will Bonhof ungern missen.
Für Zakaria könnte es ein Argument sein, dass Hütter nun Trainer ist. Der Österreicher hat ihn einst bei Young Boys Bern quasi erfunden. „Er war noch mal da, bevor er in Urlaub gegangen ist. Ich kenne ihn ja seit oft eher über ihre Kinder, da sind wir noch nicht so weit.“
… seine Deutschkenntnisse: „Die Jungs haben mir natürlich viele Wörter beigebracht, die ich in dieser Runde nicht aussprechen sollte (lacht). Ich nehme Unterricht. Wenn ich in den Supermarkt gehe, kann ich so Sachen sagen wie: ‚Zwei Fleisch bitte.‘ Es wird besser.“
den zwei Jahren, während der ich ihn in Bern trainiert habe. Jetzt haben wir uns vier Jahre nicht gesehen. Er hat sich super entwickelt, die Verletzung hat ihn natürlich zurückgeworfen, aber er ist schon wieder auf einem sehr, sehr guten Weg“, sagte Hütter.
Bleibt Zakaria, würde es sich knubbeln im zentralen Mittelfeld, wobei Zakaria prädestiniert wäre, als Single-Sechser ein Dampfmacher aus der Tiefe zu sein. Doch könnte Zakaria auch eine andere Rolle spielen, die, die ihm Marco Rose zuweilen zuwies: Als zentraler Mann einer Abwehr-Dreierkette. Zakaria mag den Job nicht, doch könnte es sein Repertoire extrem erweitern, eine Art Libero zu spielen.
Ein Klub, bei dem er weiß, woran er ist, ein Trainer, den er kennt, beides sind gewichtige Argument für einen Spieler. Der nächste Schritt wäre aufgeschoben, doch ohnehin müsste sich Zakaria die Frage stellen, ob er gerade wirklich bereit dafür wäre. Hütter jedenfalls hat Zakaria noch nicht abgeschrieben. „Es ist auch möglich, dass er seinen Vertrag noch verlängert“, sagte er.
… seine Vorbilder: „Ich mag Dani Alves. Er ist so gut am Ball und trotzdem gut im Verteidigen. So wie er wollte ich immer ein wenig sein. Ich spiele alles auf der rechten Seite, vergangene Saison in der U23 auch mal links.“
… einen freudigen Tweet seines Großvaters: „Er hatte einen Monat lang Twitter. Als er sich über meinen Wechsel gefreut hat, hat er den Vereinsnamen falsch geschrieben. Wir haben die App direkt von seinem Handy gelöscht, er ist also nicht mehr dort (lacht). Aber er ist natürlich sehr stolz. In zwei Monaten kommt er mit meiner Mutter vorbei zum Spiel gegen Dortmund.“
… die Vorfreude auf Zuschauer im Stadion: „Ich war vor zwei Jahren beim Spiel gegen Bayern erstmals im Borussia-Park, als Ramy in letzter Minute den Elfmeter geschossen hat. Die Atmosphäre war der Wahnsinn, darauf freue ich mich sehr, ich kann es kaum erwarten.“
Dienstag ist auch mein Kumpel Stevie Lainer im Trainingslager angekommen. Er war noch im Urlaub nach der EM, die für uns Österreicher richtig gut gelaufen ist. Ich bin mal gespannt, was Stevie zu erzählen hat. Vor allem über sein Tor gegen Nordmazedonien. Das war mal ein Ding. Ich wusste gar nicht, dass er so was drauf hat.
Als ich 2020 zu Gladbach kam, war Stevie sehr wichtig für mich. Er ist super drin im Team, weil er ein sehr offener Typ ist, der sagt, was er denkt. So bin ich im Grunde auch. Doch mit 22 sollte man nicht immer seinen Senf dazu geben. Das darf einer wie Stevie schon eher, finde ich. Aber ich weiß gar nicht, ob ihn alle immer verstehen mit seinem Salzburger Akzent ...
In unserem neuen Co-Trainer Christian Peintinger gibt es nun neben mir einen zweiten Grazer in Gladbach. Da hat man natürlich einen guten Draht, man kann auch mal Geschichten aus der Heimat erzählen. Als er in Karlsdorf Trainer war, hat er zwei Kumpels von mir trainiert. Was ich über uns Grazer sagen kann: Wir sind sehr entspannt und haben wie die Wiener einen guten Schmäh.
Schmäh muss übrigens sein, ich kann über viele Sachen herzlich lachen. Am besten finde ich es, wenn man über sich selbst lachen kann. Und ich mag es gern auch mal derbe, wenn es um Witze geht. Einen Humor, der mir besonders gut gefällt, hat unser Amerikaner Joe Scally. Mit ihm kann man schön die eine oder andere Zote austauschen. Das ist cool.
Aber zurück nach Österreich und zu unserem Team. Wir sind ja jetzt mit Stevie, Christian Peintinger, Trainer Adi Hütter und mir vier Österreicher. Damit sind wir gleichgezogen mit den Schweizern. Jetzt müssen wir mal sehen, was die zweite Amtssprache in der Kabine ist. Ich plädiere natürlich für Österreichisch.
Unser neuer Trainer kommt aus Voralberg. Wie ein Onkel von mir. Der ist auch um die 50 und immer locker und gut drauf. Generell kann man über den Österreicher, ob nun aus Salzburg, Voralberg, Wien oder Graz sagen: Er ist ein angenehmer Geselle. Ich glaube, das würde hier in Gladbach jeder unterschreiben. Und bei der EM hat jeder gesehen, dass wir guten Fußball spielen können. Damit wollen wir im Flachland am Niederrhein etwas bewegen.
Hannes Wolf, Borussias Offensivmann aus Österreich, schreibt während des Trainingslagers exklusiv für unsere Redaktion.