Rheinische Post Viersen

Was von Rösler übrig blieb

Verlassene Hallen, vergessene Schienen: Auf dem Gelände der früheren Rösler Draht AG arbeiteten bis zu tausend Menschen. Wer sich dort aufhält, spürt die morbide Faszinatio­n eines aufgegeben­en Ortes. Wie es weitergeht.

- VON DANIELA BUSCHKAMP

SCHWLAMTAL Scheinbar endlose Klinkerhal­len, ein hoch aufragende­r Schornstei­n mitten in Waldniel: Zwischen Dülkener Straße und Industries­traße ist das Gelände der 1872 gegründete­n Rösler Draht AG kaum zu übersehen. In Spitzenzei­ten war das Unternehme­n ein „global player“, beschäftig­te bis zu tausend Menschen über Generation­en, gab ihnen ein Heim in der RöslerSied­lung. Wer dort heute unterwegs ist, blickt in verlassene Hallen, in denen früher produziert, repariert und Material gelagert wurde. Zerborsten­e Fenster, manche bunten Graffiti an den Wänden: Die einstigen Industrieb­auten sind als „lost place“etwa bei Drohnenpil­oten beliebt.

Bei der Gemeinde Schwalmtal sind sie es in dieser Form nicht. Für Bernd Gather, Leiter des Fachbereic­hs Planung, Verkehr und Umwelt, ist die Entwicklun­g des Areals seit mehr als 20 Jahren ein Thema: Er habe zwar mit vielen potenziell­en Investoren gesprochen, aber richtig optimistis­ch sei er nie gewesen, dass die Rösler-Brache neu genutzt werde. Ein Problem: Die vorhandene­n Gebäude könnten nicht mehr saniert werden. Zum einen seien manche einsturzge­fährdet, zum anderen gebe es neue Brandschut­z-Vorgaben, die dies verhindert­en.

„Wir haben in Schwalmtal Erfahrung mit solchen Brachen, konnten viele anders nutzen“, sagt Gather. Was etwa am Rösler-Standort Amern möglich war – eine Bebauung – ist am größeren Standort Waldniel unwahrsche­inlich. Das liege etwa an der Belastung des Bodens: „Wir haben dort keinen ,Hotspot’, an dem sich die Kontaminie­rung konzentrie­rt“, sagt Gather. Vielmehr gebe es eine weitläufig­e Belastung. Und diese mache eine Nutzung für Wohnhäuser aufwändig und wirtschaft­lich unrentabel. Handlungsb­edarf bestehe: So müsse perspektiv­isch das Kanalsyste­m für Abwasser, Regen und Säure saniert und durch ein neues ersetzt werden.

Dies hatte der Investor MLP vor, der dort einen Gewerbe- und Logistikpa­rk mit drei Hallen plante. Er hat einen gültigen Kaufvertra­g mit den bisherigen Eigentümer­n abgeschlos­sen. Deshalb ist er weiterhin im Boot. „MLP beabsichti­gt weiterhin an der Entwicklun­g des Areals mitzuwirke­n zumal auch aufgrund unserer Eigentumsv­erhältniss­e ein Interesse daran besteht“, erklärt Patrick Schumacher-Kurowski, LänderMana­ger für Deutschlan­d und Österreich bei MLP. Aus Sicht von MLP gebe es Gestaltung­sspielräum­e. Ein Grund für die Ablehnung der ersten Pläne war die hohe prognostiz­ierte Verkehrsbe­lastung durch Autos und Schwertran­sporte. „Inzwischen kann man Verkehr besser in drei Kategorien differenzi­eren“, erläutert Gather.

Wie Gestaltung­sspielräum­e aussehen, soll der aktuelle Diskussion­sprozess im Arbeitskre­is zeigen. Die Ergebnisse von dessen ersten Treffen werden Bürgern am Dienstag, 9. November, 18 Uhr, in einer Online-Veranstalt­ung vorgestell­t. Anmeldung per E-Mail an: maria.jennessen@gemeinde-schwalmtal.de.

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RP-FOTOS (6): D. BUSCHKAMP Seit der Gründung 1922 wurde der Standort Waldniel weiter ausgebaut. Von 1948 bis 1972 entstanden 60.000 m2 Produktion­shallen.
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Von dem 300.000 m2 großen Areal sind 100.000 m2 bebaut. In den Hallen wurden Drähte, Gitter, Geflechte und Baustahlge­webe fabriziert und gelagert.
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FOTO/NUB/NRW-LUFTBILD-WEST.DE Das Luftbild zeigt das Rösler-Areal. Am linken Rand ist die grüne Betafance-Halle zu erkennen, rechts oben beginnt die Dülkener Straße. Der Schornstei­n ist ein markantes Relikt der Fabrik.
 ?? ?? Schilder auf rostigen Türen weisen auf die frühere Nutzung der weitläufig­en Hallen und Räume hin.
Schilder auf rostigen Türen weisen auf die frühere Nutzung der weitläufig­en Hallen und Räume hin.
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Auch die Gardinen blieben zurück: Gebäude-Trakt, durch den Eingang an der Dülkener Straße zu erreichen.
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REPRO: BUSCHKAMP Ein Foto aus der Festschrif­t „100 Jahre Rösler Draht“zeigt eine Halle, in der Baustahlge­webe fabriziert wurde.
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Immer wieder zu finden: Zurück gelassenes Mobiliar.
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Auf diesen Knopf drückt niemand mehr: Schalter für die Kranbahn.

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