Was von Rösler übrig blieb
Verlassene Hallen, vergessene Schienen: Auf dem Gelände der früheren Rösler Draht AG arbeiteten bis zu tausend Menschen. Wer sich dort aufhält, spürt die morbide Faszination eines aufgegebenen Ortes. Wie es weitergeht.
SCHWLAMTAL Scheinbar endlose Klinkerhallen, ein hoch aufragender Schornstein mitten in Waldniel: Zwischen Dülkener Straße und Industriestraße ist das Gelände der 1872 gegründeten Rösler Draht AG kaum zu übersehen. In Spitzenzeiten war das Unternehmen ein „global player“, beschäftigte bis zu tausend Menschen über Generationen, gab ihnen ein Heim in der RöslerSiedlung. Wer dort heute unterwegs ist, blickt in verlassene Hallen, in denen früher produziert, repariert und Material gelagert wurde. Zerborstene Fenster, manche bunten Graffiti an den Wänden: Die einstigen Industriebauten sind als „lost place“etwa bei Drohnenpiloten beliebt.
Bei der Gemeinde Schwalmtal sind sie es in dieser Form nicht. Für Bernd Gather, Leiter des Fachbereichs Planung, Verkehr und Umwelt, ist die Entwicklung des Areals seit mehr als 20 Jahren ein Thema: Er habe zwar mit vielen potenziellen Investoren gesprochen, aber richtig optimistisch sei er nie gewesen, dass die Rösler-Brache neu genutzt werde. Ein Problem: Die vorhandenen Gebäude könnten nicht mehr saniert werden. Zum einen seien manche einsturzgefährdet, zum anderen gebe es neue Brandschutz-Vorgaben, die dies verhinderten.
„Wir haben in Schwalmtal Erfahrung mit solchen Brachen, konnten viele anders nutzen“, sagt Gather. Was etwa am Rösler-Standort Amern möglich war – eine Bebauung – ist am größeren Standort Waldniel unwahrscheinlich. Das liege etwa an der Belastung des Bodens: „Wir haben dort keinen ,Hotspot’, an dem sich die Kontaminierung konzentriert“, sagt Gather. Vielmehr gebe es eine weitläufige Belastung. Und diese mache eine Nutzung für Wohnhäuser aufwändig und wirtschaftlich unrentabel. Handlungsbedarf bestehe: So müsse perspektivisch das Kanalsystem für Abwasser, Regen und Säure saniert und durch ein neues ersetzt werden.
Dies hatte der Investor MLP vor, der dort einen Gewerbe- und Logistikpark mit drei Hallen plante. Er hat einen gültigen Kaufvertrag mit den bisherigen Eigentümern abgeschlossen. Deshalb ist er weiterhin im Boot. „MLP beabsichtigt weiterhin an der Entwicklung des Areals mitzuwirken zumal auch aufgrund unserer Eigentumsverhältnisse ein Interesse daran besteht“, erklärt Patrick Schumacher-Kurowski, LänderManager für Deutschland und Österreich bei MLP. Aus Sicht von MLP gebe es Gestaltungsspielräume. Ein Grund für die Ablehnung der ersten Pläne war die hohe prognostizierte Verkehrsbelastung durch Autos und Schwertransporte. „Inzwischen kann man Verkehr besser in drei Kategorien differenzieren“, erläutert Gather.
Wie Gestaltungsspielräume aussehen, soll der aktuelle Diskussionsprozess im Arbeitskreis zeigen. Die Ergebnisse von dessen ersten Treffen werden Bürgern am Dienstag, 9. November, 18 Uhr, in einer Online-Veranstaltung vorgestellt. Anmeldung per E-Mail an: maria.jennessen@gemeinde-schwalmtal.de.