Rheinische Post Viersen

Rolle rückwärts bei der Goethestra­ße

Im Februar benannte die Viersener Politik die Goethestra­ße in von-Goethe-Straße um. Jetzt wollen CDU, SPD und Grüne im Rat der Stadt Viersen den Beschluss zurücknehm­en.

- VON MARTIN RÖSE

Es ist ein ungeschrie­benes Gesetz in der Viersener Politik, dass eine Mehrheitse­ntscheidun­g von allen akzeptiert wird – und derselbe Sachverhal­t frühestens in einer neuen Ratsperiod­e erneut zur Abstimmung gestellt wird. Dieses ungeschrie­bene Gesetz müsste nun eigentlich umgeschrie­ben werden.

Keine fünf Wochen nach dem Beschluss im Stadtentwi­cklungsaus­schuss, die Goethestra­ße in der Nähe des Viersener Bahnhofs in von-Goethe-Straße umzubenenn­en – damals stimmten CDU, SPD und Grüne dafür – liegt nun ein Antrag vor, die beschlosse­ne Umbenennun­g rückgängig zu machen. Absender: CDU, SPD und Grüne im Rat der Stadt Viersen. Die FDP hatte bereits im Februar gegen die Umbenennun­g gestimmt.

Dass die Umbenennun­g noch einmal Thema im zuständige­n Ausschuss werden würde, hatte Wolfgang Genenger (CDU) bereits in der jüngsten Sitzung des Stadtrats angekündig­t. „Wir werden das noch einmal auf die Tagesordnu­ng bringen“, hatte er gesagt. „Wir waren ja schockiert, als wir hörten, dass die Verwaltung im Vorfeld der geplanten Umbenennun­g gar nicht mit den Anwohnern gesprochen hat.“Er erntete dafür ein leicht giftig schmeckend­es Mitgefühl von Frank a Campo (FDP): „Der Schock muss dermaßen tief gesessen haben, dass Sie daraufhin geschlosse­n für die Umbenennun­g gestimmt haben, statt mit der FDP dagegen.“

Die Verwaltung hatte den Politikern die Umbenennun­g der Goethestra­ße auf Grundlage eines Bürgerantr­ags vorgeschla­gen. Ein Anwohner hatte bemängelt, dass es wegen der Namensähnl­ichkeit zur Goetersstr­aße häufig zu Fehlliefer­ungen von Paket- und Briefzuste­llern komme – und auch umgekehrt erwartete Sendungen an der Goetersstr­aße, nicht aber an der Goethestra­ße ankomme. Mehrfach habe er mitbekomme­n, dass Rettungsdi­enst und Feuerwehr zur falschen Straße fuhren.

Das mochte die Verwaltung zwar nicht bestätigen. „Der Verwaltung sind keine Fehlfahrte­n der Rettungsdi­enste aufgrund der Namensähnl­ichkeiten der beiden

Straße bekannt“, erklärte die Technische Beigeordne­te Susanne Fritzsche. Dennoch: „Die Namensähnl­ichkeit der beiden Straßen in den ersten vier Buchstaben sowie der ähnliche Klang könnten gegebenenf­alls zu Fehlzustel­lungen der Postdienst­leister und Fehlfahrte­n der Notdienste führen“, so die Beigeordne­te. Eine Umbenennun­g könne das Problem lösen. Da an der Goethestra­ße rund 110 Anwohner gemeldet sind, an der Goetersstr­aße etwa dreimal so viele, schlug die Verwaltung eine Umbenennun­g der Goethestra­ße vor, damit möglichst wenige Einwohner die mit einer Änderung der Wohnadress­e verbundene­n Unannehmli­chkeiten träfen. Mit 18:2 Stimmen sprach sich der Ausschuss für die Umbenennun­g aus.

Die Anwohner der Goethestra­ße

zeigten sich wenig begeistert von der Umbenennun­g zu erfahren. Nur wenige Tage später hatten bereits mehr als die Hälfte eine Unterschri­ftenliste gegen die Umbenennun­g unterzeich­net. Einen Antrag der Anwohner an die Stadt, die Umbenennun­g zurückzune­hmen, lehnte die Verwaltung ab. Den Bürgern stehe aber die Möglichkei­t offen, ein Bürgerbege­hren zu initiieren, teilte sie mit.

Für die Anwohner wären die Kosten überschaub­ar: den Personalau­sweis hätte die Stadt Viersen gratis aktualisie­rt; Reisepässe enthalten keine Anschrift. Lediglich für die Ummeldung des Autos wären zwölf Euro fällig geworden. Hintergrun­d: Das Straßenver­kehrsamt ist beim Kreis Viersen angesiedel­t und wird von allen kreisangeh­örigen Kommunen über die Kreisumlag­e mitbezahlt. „Es geht uns gar nicht um

die Kosten, sondern um den entstehend­en Aufwand“, erklärte eine Anwohnerin. „Dann müssen hier mehr als hundert Leute Termine für Behördengä­nge vereinbare­n – und das nur, weil ein Anwohner eine Umbenennun­g ins Spiel gebracht hat.“Der Anwohner hatte ebenfalls auf der Unterschri­ftenliste gegen die Umbenennun­g unterzeich­net.

In dem gemeinsame­n Antrag von CDU, SPD und Grünen heißt es nun: „Die Verwaltung soll eine Vorlage für den entspreche­nden Fachaussch­uss erstellen, in der entweder der vergangene Beschluss zur Namensände­rung der Goethestra­ße rückgängig gemacht wird oder die von-Goethe-Straße wieder in Goethestra­ße umbenannt wird.

Was leicht fallen dürfte. Neue Straßensch­ilder hat die Stadt noch nicht installier­t.

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FOTO: LÜBKE Die Anwohner der Goethestra­ße wehrten sich gegen die Umbenennun­g in von-Goethe-Straße – jetzt gibt es auch eine politische Mehrheit dafür.

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