Borussia hat auch individuell ein Konstanz-Problem
Als Gerardo Seoane neulich nach dem Spiel in Heidenheim gefragt wurde, was Manu Koné derzeit fehle, um in Borussias Startformation zurückzukehren, erntete der Trainer mit seiner ersten Reaktion ein paar Lacher. „Heute bezieht sich die Frage auf Manu, vor zwei Wochen war es Rocco Reitz und vor vier Florian Neuhaus. Es geht immer um den, der nicht spielt“, entgegnete der Schweizer, der im zentralen Mittelfeld fünf Spieler zur Auswahl hat, wenn – so wie derzeit – alle fit sind. Doch nur drei passen in die Anfangself.
„Ich versuche, das korrekt zu moderieren. Da geht es um die Leistung im Spiel, die Leistung im Training und die Energie, die ich beim Einzelnen spüre, und auch darum, was der Gegner anbietet, was besser passt. Es ist dann nie eine Entscheidung gegen einen Spieler, sondern immer für einen anderen“, erklärte Seoane, für den derartige Gedankenspiele nicht nur auf das Mittelfeld beschränkt sind. Auch in anderen Mannschaftsteilen hat er im Verlauf der Saison des Öfteren personelle Wechsel vorgenommen.
Wer es positiv ausdrücken will, kann sagen: Seoane hat durchaus einen breiten Kader mit Optionen auf vielen Positionen, die er bestmöglich ausnutzt. Wer darin eher die Nachteile sieht, kann argumentieren, dass es an Stammspielern fehlt, die unantastbar sind, weil sie konstant gute Leistungen abliefern. Und in beiden Sichtweisen steckt mehr als ein Fünkchen Wahrheit.
Die fehlende Konstanz Borussias ist ein Dauerthema der vergangenen Jahre, auch Seoane hat es noch nicht geschafft, dem Team mehr Stabilität und Nachhaltigkeit in den Leistungen zu verleihen. Das betrifft sowohl die Konstanz innerhalb einer einzelnen Partie als auch jene im
Saisonverlauf. Doch ist Letzteres nicht nur ein Thema der gesamten Mannschaft, sondern ebenso vieler einzelner Spieler. Mitunter hat das mit Verletzungen zu tun, doch beileibe nicht immer.
Probleme mit gesundheitlich angeschlagenen Spielern hatte Gladbach in der laufenden Saison bereits genug. In der Abwehr bremsten Knöchelprobleme Ko Itakura aus, im neuen Jahr erwischte es Max Wöber mit einem schweren Infekt. Im Mittelfeld verpasste Koné mal wieder die Sommer-Vorbereitung, während Reitz nach starker Vorrunde Schambein-Probleme zu schaffen machten. Und im Angriff wechselten sich im besten Fall Tomas Cvancara und Jordan Siebatcheu mit ihren Blessuren ab.
Doch ist nicht alles beim Thema Konstanz mit der nötigen Fitness zu erklären. So gibt es bislang nur wenige Gladbacher Profis, denen man eine gute Form über einen längeren
Zeitraum attestieren konnte. Das galt in der Hinrunde sicherlich für die Eigengewächse Moritz Nicolas, der Stammkeeper Omlin klasse vertrat, und Shootingstar Reitz. Darüber hinaus war es vor allem Alassane Plea, der zwei Monate lang als hängende Spitze überzeugte. Nicht in jedem Spiel brillierte der Franzose, doch war da immer das Gefühl, dass er im entscheidenden Moment der
Unterschiedsspieler sein könnte.
Bei vielen anderen Spielern aus dem erweiterten Stamm der Gladbacher gab es dieses Gefühl nur temporär. Viele Profis sind zu häufig mit sich selbst beschäftigt, als dass sie dem Team Stabilität verleihen könnten. In der Innenverteidigung gehören Itakura, Wöber und Nico Elvedi in Topform sicherlich zu den Stützen, doch streuen sie zu häufig Fehler ein, die zu Gegentoren und letztlich Punktverlusten führen. Die Außenverteidiger Joe Scally und Luca Netz haben in ihrem dritten Bundesligajahr noch nicht zu der Sicherheit gefunden, die man sich von ihnen wünschen würde.
Im Mittelfeld müht sich Vizekapitän Julian Weigl redlich, das Team zu pushen, fußballerisch setzt er aber wenig Akzente. Während Koné noch gar keine richtig starke Phase hatte, ist Florian Neuhaus jetzt wieder im Aufwind – nachdem er im zweiten Teil der Hinrunde gar keine Rolle mehr gespielt hatte. Ein persönliches Auf und Ab liefert bislang auch Nathan Ngoumou, zuletzt stimmte zumindest die Aufwärtstendenz. Und Franck Honorat steuert zwar beständig Torbeteiligungen bei, doch variiert die Torgefahr, die der Franzose ausstrahlt, von Partie zu Partie noch sehr stark.
Und dann wäre da noch Robin Hack, der aktuell formstärkste Borusse. Auf ihm ruhen in der Rückrunde nach den letzten treffsicheren Auftritten die Hoffnungen in der Offensive. Es wäre sehr hilfreich, könnte er sein zuletzt gezeigtes Niveau nun über einen längeren Zeitraum halten. Dass es daran allgemein im Gladbacher Kader hapert, ist ein Grund dafür, dass Borussia in der Liga seit Monaten schon im hinteren Tabellenmittelfeld feststeckt. Fehlende Konstanz zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison – sowohl im Kollektiv als auch individuell.