„Borussia verbinde ich mit Heimat“
Der gebürtige Mönchengladbacher war Spieler, CoTrainer und Chefcoach bei Borussia. Er spricht über seine Zeit in Gladbach und sagt, was ihm der Klub bedeutet.
Als „Gladbacher Jung“wurde Michael Frontzeck Profi bei Borussia, dem Verein, mit dem sein erst kürzlich verstorbener Vater Friedhelm 1960 den DFB-Pokal gewann. Er war seinerzeit einer der besten Linksverteidiger des Landes, wurde 1984 Nationalspieler. 1992 gewann er mit dem VfB Stuttgart die Deutsche Meisterschaft. Später kehrte er zurück nach Gladbach, wurde dann Co-Trainer und, noch mal als Rückkehrer, Cheftrainer. Am Dienstag wird Frontzeck 60 Jahre alt. Ein Gespräch über sein Dasein als Borusse.
Herr Frontzeck, runde Geburtstage sind immer ein Grund, zurückzuschauen. Wenn Sie auf Ihre Zeit als Borusse, die verschiedene Facetten hatte, zurückschauen, wie sehen Sie den Klub?
FRONTZECK Es war eine lange Reise. Wenn du als gebürtiger Gladbacher diesen Weg gehst, die ersten Schritte als Jugendspieler, wenn du dann zum Profi wirst und in einer so starken Mannschaft spielst, wie wir sie damals hatten, dann ist das etwas Besonderes. Ich lebe heute noch immer in Mönchengladbach, habe immer noch viele Bezüge zum Klub. Darum verbinde ich Borussia immer mit Heimat.
Sie waren in Ihrer aktiven Zeit ein offensiver Außenverteidiger. In der modernen Fußballersprache würde man sagen: Sie waren ein „Schienenspieler“.
FRONTZECK Na, das klingt doch gut.
Wir haben damals einfach auf der Außenbahn gespielt. Es war eine andere Zeit. Die Viererkette gab es da fast nur in England, wir haben im 3-5-2 gespielt, das heute ja auch wieder in Mode gekommen ist. Und wir waren optimal besetzt. Für mich war es eine glückliche Fügung. Jupp Heynckes, dem ich viel verdanke, weil er mich unglaublich gefördert hat, war Trainer. Und Bernd Krauss kam aus Wien zu uns. Mit ihm habe ich eine effektive Außenachse gebildet.
Flanke – Kopfball – Tor war das Prinzip jener Zeit unter Heynckes.
FRONTZECK Zu Recht, wir hatten in Frank Mill, Jörg Criens und Uwe Rahn, der aus dem Mittelfeld kam, tolle Abnehmer. Wir mussten einfach nur in die Räume flanken, sie waren dann da. Aber es war insgesamt eine tolle Mannschaft, die einen Titel verdient gehabt hätte. Wir waren 1984 im DFB-Pokalfinale nah dran und haben da bis kurz vor Schluss geführt. Schade. Aber ich glaube die 80er Jahre waren auch ohne Titel eine gute Zeit für Gladbach.
Was hat das Team damals ausgezeichnet?
FRONTZECK Es war eine perfekte Mischung. Für die jungen Spieler war es Gold wert, dass viele Erfahrene da waren, die einem viel mit auf den Weg gegeben haben. Und wir haben auch richtig guten Fußball gespielt. Jupp hat mit uns immer wieder die nötigen Abläufe trainiert, es war alles perfekt eingespielt.
Als Spieler sind Sie 1995 und dann noch mal 1998 zurückgekehrt. Damals konnten Sie mit Ihrer Erfahrung Borussias Abstieg nicht verhindern, waren danach aber als Co-Trainer von Hans Meyer am Wiederaufstieg beteiligt. 2009 kamen Sie als Cheftrainer in einer ambivalenten Zeit.
FRONTZECK Die Jahre nach dem Wiederaufstieg und die ersten Jahre im Borussia-Park hat Gladbach immer an der Abstiegslinie verbracht, einmal hat es Borussia noch erwischt. Zum Glück ging es dann schnell wieder nach oben und Hans Meyer
hat dann 2009 den dritten Abstieg vermieden. Das war enorm wichtig. Was aber noch wichtiger war in der Zeit: Es sind neue Strukturen entstanden, die hinten raus die Basis waren für den Erfolg in den Jahren nach der Relegation. Adalbert Jordan, Rolf Königs und Siegfried Söllner haben da enorme Arbeit geleistet, das kann man nicht genug hervorheben.
Für Sie als Trainer war es aber kompliziert.
FRONTZECK Das erste Jahr war okay. Wir haben einen stabilen zwölften Platz erreicht, ohne wieder in große Not zu geraten. Es gab einige gute Spiele, die Mannschaft musste aber noch wachsen. Im zweiten Jahr sollte es den nächsten Schritt geben und wir wollen weiter nach vorn kommen, das hat aus unterschiedlichen Gründen nicht geklappt. Unter anderem hatten in der Hinrunde viele Verletzte, es lief nicht viel zusammen nach dem guten
Start mit dem 6:3 in Leverkusen. Es war am Ende der Hinrunde schon eng für mich.
Der Start ins Jahr 2011 war gut, es gab die Auswärtssiege in Nürnberg und Frankfurt, die letztlich für die Rettung wichtig waren.
FRONTZECK Wir haben in Martin Stranzl, Mike Hanke und Havard Nordtveit drei gute Transfers im Winter gemacht, die haben danach eine gute Rolle für Gladbach gespielt. Entscheidend war das Spiel gegen Stuttgart. Wir haben zur Pause 2:0 geführt, dann aber noch 2:3 verloren. Und das in einer Art und Weise, dass klar war: Es geht so nicht weiter. Ich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass es die richtige Entscheidung war, den Trainerwechsel vorzunehmen. Alles, was dann kam, hat Max Eberl Recht geben.
Aktuell ist es auch eine Zeit, in der nicht alles rund läuft für Gladbach.
FRONTZECK Es ist keine einfache Zeit, das stimmt. Aber der Klub hat nach wie vor eine große Strahlkraft, gerade für junge Spieler, die sich entwickeln wollen. Und Borussia hat einen sehr guten Trainer in Gerardo Seoane. Borussia wird mit dem Abstieg nichts zu tun haben, man muss ein wenig Geduld haben. Es wird etwas entstehen.
Rainer Bonhof, der auch Ihr Trauzeuge ist, ist nun Präsident.
FRONTZECK Zu Recht. Er hat immer viel Herzblut in den Klub gesteckt, darum war es eine logische Entscheidung, ihn in die erste Reihe zu stellen. Rainer weiß, wie Borussia tickt, er weiß, was der Klub braucht. Aber noch mal: ein Kompliment auch an Rolf Königs. Er hat immer die Vision vom Borussia-Park gehabt – das hat dem Klub sehr geholfen.
Kurzer Blick auf Ihre Zeit in England. Manchester City hat sich stark verändert seitdem.
FRONTZECK Es ist eine andere Welt, in der der Klub unterwegs ist. City war zu meiner Zeit ein klassischer Traditionsklub, United war der Weltklub in Manchester. Heute hat City wohl die beste Mannschaft in Europa. Das hat auch viel mit Geld zu tun, natürlich. Aber man muss etwas aus dem Geld machen. Es gibt viele Beispiele, bei denen das nicht geklappt hat.
Was ist mit Ihnen? Kehren Sie als Trainer noch mal zurück? Zuletzt waren Sie Co-Trainer und dann Interimstrainer beim VfL Wolfsburg, das Engagement endete im Oktober 2021.
FRONTZECK Es gibt immer wieder Anfragen. Aber es muss schon etwas sein, wo ich sage: Ja, damit fühle ich mich richtig wohl. Das war bislang noch nicht dabei. Aber wir wissen alle: Im Fußball kann es immer auch ganz schnell gehen. Im Moment kann ich sagen: Ich bin zufrieden, wie es ist.
Wie wird der 60. gefeiert?
FRONTZECK (grinst) Ist es überhaupt ein Grund zu feiern, wenn man 60 wird? Es wird alles im kleinen Kreis bleiben, ich mit meiner Familie und unseren drei Hunden auf Sylt. Da werden wir uns einen schönen Tag machen.