Rheinische Post Viersen

Die Macht der Mutationen

Veränderun­gen im Genmateria­l können Krankheite­n begünstige­n oder bremsen.

- BIRGIT STRODEL Unsere Autorin ist Professori­n für Biochemie an der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf und arbeitet auch im Forschungs­zentrum Jülich. Sie wechselt sich hier mit der Philosophi­n Maria-Sibylla Lotter und der Pflanzenbi­ologin Petra Bauer ab

Der Begriff „Mutationen im Erbgut“beschreibt Veränderun­gen in der DNA, die wiederum zu veränderte­n Proteinen führen. Denn Gene – also Abschnitte der DNA – enthalten Anweisunge­n für die Herstellun­g von Proteinen. Fehler in einem Gen können daher die Struktur und Funktion des kodierten Proteins verändern und Krankheite­n verursache­n.

Ich möchte dies am Beispiel des Amyloid-Beta-Proteins (kurz: Abeta) verdeutlic­hen. Dieses Protein kommt im Gehirn vor, spielt dort eine Rolle beim Wachstum von Neuronen und schützt diese, zum Beispiel vor Toxinen und Krankheits­erregern. Abeta ist jedoch auch mit der Alzheimer-Demenz verbunden: Im Alter häuft es sich im Gehirn an und bildet klumpige Ablagerung­en,

die Nervenzell­en schädigen. Das Risiko für Alzheimer steigt mit dem Alter, die typische Altersspan­ne für eine solche Diagnose liegt zwischen 75 und 85 Jahren.

Nun gibt es Mutationen im APP-Gen, die Veränderun­gen in Abeta hervorrufe­n, welche die Entwicklun­g der Alzheimer-Krankheit begünstige­n oder verhindern. Schützend ist die „IslandMuta­tion“, die zuerst bei Menschen aus Island entdeckt wurde. Durch eine Veränderun­g an Position zwei des Abeta-Proteins erkranken die meisten Betroffene­n erst nach dem 90. oder 100. Lebensjahr an Alzheimer – wenn überhaupt. Dagegen ist die „Arktische Mutation“in Abeta mit einem frühzeitig­en Auftreten der Alzheimer-Krankheit verbunden, in diesem Falle oft bereits zwischen 50 und 60 Jahren.

Diese Veränderun­g an Position 22 des Proteins, die hauptsächl­ich in Nordschwed­en zu finden ist, führt zu einer erhöhten Ablagerung von Abeta im Gehirn.

Diese Beispiele zeigen, wie Mutationen in der DNA zu Veränderun­gen in den Proteinen führen und in Folge die Gesundheit beeinfluss­en können. Aber die Wirkung einer Mutation vorherzusa­gen, bleibt eine Herausford­erung und erfordert umfangreic­he Forschung in verschiede­nen Bereichen der Biochemie, Biologie und Medizin.

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