Rheinische Post Viersen

Diese Probleme wird Borussia nicht los

Die Saison neigt sich dem Ende zu, doch bei Borussia Mönchengla­dbach gibt es vor allem vier Hauptprobl­eme, die Trainer Gerardo Seoane und seinem Team immer wieder zu schaffen machen. Einiges davon war auch beim 1:2 gegen den BVB zu sehen.

- VON HANNAH GOBRECHT UND THOMAS GRULKE

Die Chance war durchaus gegeben, dem Sieg in Wolfsburg mindestens einen Punktgewin­n folgen zu lassen. Stattdesse­n zeigten das Spiel gegen Borussia Dortmund und die anschließe­nde Analyse von Trainer Gerardo Seoane nach dem 1:2 gegen den BVB, dass Gladbach auch nach 29 Spieltagen einige Baustellen nicht geschlosse­n bekommt. Wir nennen vier wichtige Punkte, die Seoane und sein Team immer wieder beschäftig­en.

Frühe Unachtsamk­eiten

Es war wie so oft in den vergangene­n Wochen: Auch gegen Borussia Dortmund führte der erste nennenswer­te Angriff des Gegners gleich zu einem Gegentor. Das hatte es zuvor schon in Wolfsburg, gegen Freiburg, gegen Köln und in Mainz gegeben – sowie in zu vielen weiteren Partien zuvor. „Das zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Saison“, hatte Sportdirek­tor Nils Schmadtke schon beim Sieg in Wolfsburg zum frühen 0:1 gesagt. Nun kam der BVB mit den ersten beiden Schüssen aufs Tor zum 2:0.

„Die Mannschaft hat es gut ausgehalte­n, in der ersten Halbzeit im tiefen Block zu verteidige­n. Nur hatten wir vor den Gegentoren jeweils Unachtsamk­eiten“, beschrieb Trainer Seoane nach dem Dortmund-Spiel die Problemati­k. Und das war keine Ausnahme. Damit konterkari­ert die Mannschaft die leichten Fortschrit­te, die sie allgemein in der Defensivar­beit gemacht hat. Sie kann sich nichts dafür kaufen, dass sie grundsätzl­ich weniger zulässt, wenn der Gegner regelmäßig die erste Chance nutzen kann. Ein klares Muster in der Fehleranal­yse gibt es nicht: Mal sind es individuel­le Patzer wie bei Torwart Moritz Nicolas im Derby, mal – wie zuletzt zweimal – hebelt ein Pass die gesamte Abwehr aus.

Keine Balance Die Zahlen drücken es gut aus: Bei einem Torverhält­nis von 34:36 stand Borussia in der Hinrunde für ziemlich viel Spektakel und konnte den deutlich zu vielen Gegentoren zumindest eine gute eigene Produktivi­tät entgegense­tzen. In der Rückrunde sind es bislang 16:20 Tore. „Gerade in den letzten beiden Spielen ist es uns gelungen, viel weniger zuzulassen – allerdings auf Kosten der Offensive, das ist uns bewusst. Jetzt gilt es, die gute Mischung zu finden: Im Block zu verteidige­n, aber zugleich offensiv sauberer und genauer zu werden“, sagte Seoane.

Es bislang noch nicht geschafft zu haben, die beiden Hauptaufga­ben in einem Spiel häufiger miteinande­r in Einklang zu bringen, verdeutlic­ht, wie vielschich­tig die Defizite bei Borussia noch sind. Dazu passt, dass es trotz verbessert­er Defensive fast immer mindestens ein Gegentor gibt. Wenn dann die Offensive nicht liefert, sind Siege schwer zu erringen.

Systemfrag­e

Dass Gladbach sich unter Seoane zu Beginn der Saison flexibel präsentier­te, schien der Mannschaft gutzutun. Nach 29 Spieltagen ist die Systemfrag­e allerdings zu einem Problem geworden: Borussia hat noch immer keine taktische Herangehen­sweise gefunden, in der sie konstant performt – oder bei der die Rückschläg­e seltener werden. Gegen Wolfsburg präsentier­ten sich die Borussen vor anderthalb Wochen erstmals in einem 3-4-3.

Es ist der nächste Versuch, Stabilität zu erlangen – mit dem Risiko, dass die Offensive darunter leidet, wenn sechs oder sieben eher defensiv denkende Spieler auf dem Feld stehen. Sich auf ein System festzulege­n, würde Gladbach auch mit Blick auf den Transfer-Sommer und die kommende Saison helfen – eine klare fußballeri­sche Identität fehlt unter Seoane noch.

Heimschwäc­he Die schwache Auswärtsbi­lanz ist saisonüber­greifend durchgehen­d ein Thema. Nach dem 1:2 gegen Dortmund ist aber selbst Gladbachs Heimbilanz kurz vor dem Saisonende negativ. Fünf Siegen stehen vier Unentschie­den und sechs Niederlage­n gegenüber. 26 geschossen­e Tore in 15 Partien im Borussia-Park sind kein schlechter Wert, die 25 Gegentore belegen aber, dass Gladbach es selbst im eigenen Stadion zu selten schafft, die Null zu halten – nur gegen Wolfsburg (4:0) und Darmstadt (0:0) gelang dies. Und: Vor eigenem Publikum hat Gladbach in dieser Saison mit dem 3:1-Erfolg gegen den VfB Stuttgart nur einmal gegen ein Top-FünfTeam gepunktet.

Ein Blick in die Historie zeigt: Als Gladbach zuletzt eine negative Heimbilanz hatte, ging es 2010/11 in die Relegation – während die damals das Resultat einer legendären Aufholjagd war, wäre Platz 16 in dieser Saison die Folge eines fatalen Absturzes. Mehr als die bisherigen sechs Niederlage­n im eigenen Stadion hat Gladbach neben der Relegation­ssaison zudem nur im ersten Abstiegsja­hr 1998/99 und im ersten Jahr nach dem zweiten Aufstieg 2008/09 kassiert. Mit Blick auf die magere Auswärtsbi­lanz (zwei Siege, sechs Remis, sechs Niederlage­n) ist Borussia in den letzten Heim-Duellen mit Union Berlin und Eintracht Frankfurt zum Siegen verdammt.

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FOTO: AP/MARTIN MEISSNER Hat manche Probleme in Borussias Spiel noch nicht abstellen können: Der Schweizer Trainer Gerardo Seoane hat in der Bundesliga mit Gladbach derzeit einen Punkteschn­itt von 1,07.

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