Eines Verbrechens bezichtigt
In „Mordnacht“begeben sich ein Tatverdächtiger und eine Kommissarin auf Spurensuche.
DÜSSELDORF (ry) Einer für alle, alle für einen! So lautet das Motto im beschaulichen Heiterstorf vor den Toren Hamburgs. Um in seinem Heimatort, den Gabriel Panski (Maximilian Brückner) einst überheblich hinter sich gelassen hat, wieder akzeptiert zu werden, nimmt der sympathisch wirkende Familienvater einen Spießrutenlauf auf sich. Längst hat er seine Tage als arroganter Schnösel hinter sich gelassen, doch das gilt es nun unter Beweis zu stellen. Deshalb gibt er sein Bestes, um sich und seine Familie in die Nachbarschaft zu integrieren. Vor allem seiner Frau, die Hamburg schmerzlich vermisst, fallen die mit dem Umzug einhergehenden Veränderungen schwer. Die Aufnahme in eine Rudermannschaft soll bei den anfänglichen Startschwierigkeiten helfen. Nach einem deprimierenden Filmriss-Zechabend im ortsansässigen Ruderclub, dem Herzen Heiterstorfs, ist er plötzlich der „Mann der Stunde“. Das Dorf will mithelfen, dass Panski für eine gemeinwohlorientierte Heldentat nicht büßen muss: den Mord an dem berüchtigten Hamburger Immobilienhai Butz (Jonas Hien), der alle über den Tisch ziehen und das norddeutsche Landidyll kaputtkaufen wollte. Er wurde ermordet und verstümmelt am Ortseingang aufgefunden. Obwohl die Geldadel-Dynastin Erna Gutdorf (Eva Weißenborn) höchstpersönlich den Tatort im Ruderclub geschrubbt hat, führen die Spuren letztlich zu Panski. Kommissarin Winter (Rosalie Thomass) ist dem verkaterten Verdächtigen immer einen Schritt voraus. So nimmt das Katz-und-MausSpiel
seinen Lauf. Doch das kleine norddeutsche Dorf ist der aus Hamburg stammenden Kommissarin fremd, deshalb möchte sie den Fall so bald wie möglich lösen. Allerdings muss sie bald erkennen, dass ihr perfektes Indizien-Puzzle letztendlich zu einem manipulierten Bild führt. Als die Kommissarin schließlich mit dem Verdächtigen an einem Strang zieht, stoßen sie auf eine perfide Verschwörung – und einen Seitensprung von Panskis Ehefrau Anna (Claudia Kottal), von dem der Gebeutelte eigentlich lieber nichts wüsste. Auch sie gerät somit ins Visier der Ermittler und es gibt viele weitere Verdächtige, die als Täter infrage kommen. So wird der vermeintlich einfach zu lösende Fall zu einer echten Herausforderung.
Während Maximilian Brückner („Pregau – Kein Weg zurück“) als liebenswerter Chaot Gabriel verzweifelt versucht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, möchte ihn Grimme-Preisträgerin Rosalie Thomass in der Rolle einer genialen, aber schrägen Großstadtkommissarin zum Geständnis bringen. Dabei geht sie mit ebenso viel Witz wie Durchsetzungsvermögen vor. Mit ihrer bunten Kleidung wirkt die Kommissarin wie ein Fremdkörper im ländlichen Idyll. Dieses wird in zahlreichen Landschaftsaufnahmen eindrücklich abgebildet und bietet so eine gelungene Kulisse für das gegensätzliche Duo, welches sich aber bei den Ermittlungen sehr gut ergänzt. Diese Gegensätzlichkeit spiegelt sich auch in der Landschaft wider, wie Regisseurin
Friederike Jehn betont: „Rund um Hamburg haben wir im Alten Land und im Vier- und Marschlande ideale Bedingungen für unsere wasser-affine Land-Idylle gefunden, die wir in Kontrast zu modernen Motiven in der HafenCity setzen konnten.“
Mit wunderbar-tragikomischen Untertönen und zuweilen absurden Passagen inszenierte Friederike Jehn mit „Mordnacht“nach einem Drehbuch von Janosch Kosack („8 Zeugen“, „Das Quartett“, „Der König von Palma“) eine ebenso ungewöhnliche wie rasante Krimikomödie, abgerundet mit gelungen formulierten Dialogen. So entstand ein ebenso buntes wie chaotisches Gesamtbild.
Mordnacht,