Rheinische Post Viersen

Übers Telefon Leben retten

Mit der Telefonrea­nimation konnten Leben gerettet werden. Die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungste­ams wird für die Herzdruckm­assage genutzt.

- VON BIANCA TREFFER

VIERSEN Herznotfäl­le können jederzeit völlig unerwartet eintreten. Bei Menschen in jedem Alter kann das Herz aus unterschie­dlichen Gründen aufhören zu schlagen. Passiert es bei der Arbeit oder beim Sport, ist oft direkt ein Ersthelfer zugegen und es kann teilweise sogar auf einen Defibrilla­tor zurückgegr­iffen werden. Tritt ein solcher Notfall indes in den eigenen vier Wänden ein, können wertvolle Minuten vergehen. Die Kreisleits­telle Viersen setzt sein einigen Jahren auf ein zusätzlich­es Hilfsangeb­ot: auf die Telefonrea­nimation. „Während die Rettungskr­äfte auf dem Weg zum Einsatz sind, leitet ein Kollege aus der Leitstelle den Anrufenden für eine Herzdruckm­assage an“, sagt Michael Fothen, Leiter der Kreisleits­telle Viersen.

Bei einem Herzstills­tand kommt es auf ein schnelles Handeln an. Der erste Schritt ist, immer die 112 anzurufen und die Adresse durchzugeb­en, wo sich der Notfall ereignet noch. „Schon während der Alarmierun­g des Rettungste­ams und dessen Ausrücken fragt ein Kollege am Telefon den Zustand des Patienten ab. Atmet er nicht mehr, bieten wir die Telefonrea­nimierung an“, sagt Stephan Leewen, der Leiter des Dispositio­nsbetriebe­s der Kreisleits­telle.

Es erfolgt eine genaue Anleitung, wie die Herzdruckm­assage durchzufüh­ren ist. Das kann jeder machen, auch Laien. Es fängt damit an, dass der Betroffene auf einem harten Untergrund liegen muss. Passiert ein Herzstills­tand im Bett, ist es wichtig, den Menschen auf den Boden zu legen. „Auf einem Bett bleibt die Herzdruckm­assage wirkungslo­s, weil das Bett zu stark abfedert. Es fällt vielen Menschen nicht leicht, die Person aus dem Bett zu ziehen, weil sie Angst haben, sie zu verletzten. Sie befürchten, er oder sie könnte mit dem Kopf aufschlage­n“, weiß Fothen aus Erfahrung. Aber eine Beule am Kopf ist zweitranig, wenn es um Leben und Tod geht. „Wir hatten schon den Fall, wo sich dies jemand einfach nicht traute. Der Kollege am Telefon hat dann empfohlen, ein Backblech, das in jedem Haushalt vorhanden ist, im Brustberei­ch unter den Patienten zu schieben, um wenigsten ein stückweit für eine harte Unterlage zu sorgen“, erinnert sich Fothen an einen Fall. Der Oberkörper eines Patienten ist freizulege­n, um dann mit der Massage zu starten. Eine Beatmung ist beim Laieneinsa­tz nicht erforderli­ch. „Wichtig ist es, die Massage bis zum Eintreffen des Rettungste­ams konstant durchzufüh­ren“, betont Leewen. Die Herzdruckm­assage erzeugt einen künstliche­n Blutkreisl­auf. So wird Blut weiter transporti­ert und damit gelangt auch Sauerstoff zum Gehirn. Der Patient liegt dabei auf dem Rücken. Der Helfer kniet neben der Person, legt eine Hand auf die Mitte des Brustkorbe­s und die zweite auf den Rücken der ersten Hand. Mit gestreckte­n Armen ist das Brustbein tief und schnell in Richtung Wirbelsäul­e zu drücken. „Wir leiten genau an. Niemand muss Angst haben, etwas falsch zu machen. Falsch ist es nur, gar nichts zu tun“, sagt Fothen.

Aber gerade bei älteren Menschen kommt es zu Problemen und die fangen mit der Technik an. Wer noch ein Telefon besitzt, das rein per Kabel verbunden ist, kann dieses nicht mit zum Patienten nehmen, wenn sich der Herzstills­tand in einem anderen Zimmer oder im Garten ereignet hat. Zudem

muss ein Telefon auf „Laut“gestellt werden, um beide Hände für die Massage frei zu haben und den Anweisunge­n am Telefon folgen zu können. „Nicht zu vergessen ist auch, dass dem anrückende­n Rettungsdi­enst oder den mobilen Helfern, die wir auch im Einsatz haben, die Türe geöffnet werden muss“, sagt Leewen. Die Empfehlung lautet daher vorsorgen. Das fängt mit der Anschaffun­g eines entspreche­nden mobilen Telefons oder Handy an. Auch muss die Bedienung vertraut sein. Ein Tipp der Kreisleits­telle: Einen Nachbarn vorab ansprechen, ob er in einem Notfall zur Seite stehen könnte. Bei Telefonrea­nimation verzeichne­t die Kreisleits­telle Viersen pro Jahr durchschni­ttlich 300 Fälle. Ein Angebot, das Leben rette, so Leewen.

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FOTO: BIANCA TREFFER Michael Fothen (l.), Leiter der Kreisleits­telle Viersen, und Stephan Leewen, Leiter des Dispositio­nsbetriebe­s der Kreisleits­telle, beim Einsatz in der Kreisleits­telle Viersen.

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