Rheinische Post Viersen

Briefkaste­n wird zur Meisen-Brutstätte

Maria und Walter Schierkes würden sich wahrschein­lich inzwischen wundern, wenn sie im Frühjahr keine Meisen in ihrem Briefkaste­n fänden. Denn in dem Holzgehäus­e schlüpfen seit nunmehr acht Jahren regelmäßig Jungvögel.

- VON HOLGER HINTZEN FOTOS (3): SCHIERKES

LEUTHERHEI­DE Vor dem Haus von Maria und Walter Schierkes herrscht momentan wieder reger Luftverkeh­r. „Die Jungen sind geschlüpft, und nun müssen die Eltern ohne Ende füttern“, berichtet der Hausherr. Für den Betrieb im Luftraum rund um den Briefkaste­n des Paares sind Meisen verantwort­lich, die in dem grünen Kasten ein Nest gebaut haben. Dann kam ein halbes Dutzend Eier und inzwischen ist der Nachwuchs da, wie die Familie Schierkes bei vorsichtig­en Blicken in den Kasten festgestel­lt und fotografis­ch dokumentie­rt hat. Von einer echten Überraschu­ng kann aber nicht die Rede sein. „Die Meisen kommen immer Ende März, Anfang April – je nach Witterung“, sagt Schierkes. Und zwar anno 2024 schon zum achten Mal in Folge. Ausgelasse­n haben sie ihren Nistplatz in Leutherhei­de in dieser Zeit noch nie.

Klingt ungewöhnli­ch, ist es aber zumindest aus Sicht der Vögel nicht. Denn Meisen zählen zu den sogenannte­n Höhlenbrüt­ern, weil sie ihre Nester in Höhlungen bauen. Und sie sind auch Standvögel, heißt: Sie bleiben ganzjährig in einem Gebiet. Folglich kennen sich die Stammgäste von Familie Schierkes in Leutherhei­de bestens aus und wissen, wo ihr LieblingsB­rutkasten hängt. Walter Schierkes ist sich freilich nicht ganz sicher, ob es sich seit acht Jahren um dieselbe Meisen-Mutter handelt oder ob inzwischen sogar schon die zweite Generation den Kasten vorübergeh­end besetzt.

Als die Gäste zum ersten Mal einzogen, haben die Schierkes noch gestutzt. Was ist denn das da im Kasten? Schmutz? Nein, stellten sie fest, es handelte sich um Nistmateri­al. Als störend empfinden sie diese Form der Beschlagna­hme ihres

Briefkaste­ns nicht. Ab und zu mal das Nistmateri­al entsorgen, wenn die Vögel wieder ausgezogen sind – kein Problem.

Im Gegenteil: Die beiden Gastgeber hegen und pflegen ihre Besucher liebevoll. „Als es neulich noch mal so kalt wurde, hat meine Frau im Fachhandel ein Päckchen mit Futter gekauft. Das haben die Vögel aber nicht angenommen, sie sind auch ohne klargekomm­en“, berichtet Walter Schierkes. „Wir hoffen jedes Jahr, dass die Tiere wiederkehr­en und sind sehr erfreut, wenn sie wieder da sind.“

Um optimale Nistbeding­ungen zu schaffen, sorgen die Schierkes dafür, dass die Tiere in dem Kasten möglichst nicht gestört werden. An der hölzernen Box haben sie einen

Zettel angebracht: „Bitte keine Post einwerfen. Hier wird gebrütet!“Und mit den Postboten haben sie auch Absprachen getroffen. „Die fragen mittlerwei­le auch schon, wann es wieder so weit ist und wann die Vögel kommen“, sagt Schierkes. Dass die Meise einen Brief auf den Kopf bekommt, passiert nur in Ausnahmefä­llen. Nachbarn und auch vier nebenan wohnende Enkelkinde­r nehmen ebenfalls Anteil am Geschehen im Briefkaste­n.

Mit Spannung sieht man im Hause Schierkes auch in diesem Jahr wieder dem Moment entgegen, in dem die Jungen den Kasten verlassen. Der Schlitz hat zwar keine Klappe, die sich als Hindernis erweisen könnte. Aber eine Leistung ist es schon, was die Jungtiere vollbringe­n müssen. Denn bis zum Ausgang führt der Weg in der Box senkrecht nach oben. „Aber irgendwie schaffen sie es immer, vielleicht mithilfe der Mutter, nach draußen“, sagt Schierkes.

Der 66-Jährige hofft, dass er auch in diesem Jahr nicht nur einmal Meisenpate wird. Denn so war es auch in früheren Jahren schon. Seine Prognose: „Wenn jetzt nicht eine Periode mit ganz schlechtem Wetter kommt, werden die in vier Wochen nochmal brüten, glaube ich.“

 ?? ?? Maria und Walter Schierkes haben ihren Briefkaste­n mit einem Zettel versehen, der ihn als Brutstätte kenntlich macht. Zum achten Mal brüten hier Meisen.
Maria und Walter Schierkes haben ihren Briefkaste­n mit einem Zettel versehen, der ihn als Brutstätte kenntlich macht. Zum achten Mal brüten hier Meisen.
 ?? ?? Klarer Fall: Der hungrige Nachwuchs hofft auf Futter.
Klarer Fall: Der hungrige Nachwuchs hofft auf Futter.
 ?? ?? Die Meise hat sich ein Nest gebaut.
Die Meise hat sich ein Nest gebaut.

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