Rheinische Post Viersen

SPD und CDU empört über Knöllchen

Der Zorn entzündete sich an Knöllchen, die Besucher des als Demonstrat­ion für ein demokratis­ches Europa gedachten Festes am 1. Mai am Tor 9 an ihren parkenden Autos gefunden haben.

- VON HOLGER HINTZEN

NETTETAL „Ein Akt der Willkür“, zürnte Renate Dyck. Die Vorsitzend­e der SPD-Ratsfrakti­on ist mächtig sauer auf die Kreisverwa­ltung. Denn es waren Mitarbeite­r dieser Behörde, die am 1. Mai beim grenzüberg­reifenden Fest am Tor 9 in der Nähe des ehemaligen Fliegerhor­stes Knöllchen an Autos von Besuchern geheftet haben. „Der Landrat war auch eingeladen. Er wollte oder konnte nicht kommen, was weiß ich? Er war jedenfalls nicht da. Und ich frage mich, ob er auch ein Knöllchen bekommen hätte, wenn er da gewesen wäre“, schimpfte Dyck und fügte hinzu: „Wir sollten an den Landrat appelliere­n, die Knöllchen zurückzune­hmen.“

Angestoßen hatte die Diskussion die CDU mit einer Anfrage. Denn auch Jürgen Boyxen, Vorsitzend­er der Christdemo­kraten-Fraktion im Rat – und Versammlun­gsleiter der Veranstalt­ung am 1. Mai, ist sehr verärgert, dass „Dutzende“Knöllchen am 1. Mai verteilt wurden. Das Anliegen der Veranstalt­ung sei so konterkari­ert worden. „Demokratie ohne Grenzen. Die Städte und Gemeinden Venlo, Brüggen, Straelen und Nettetal feiern gemeinsam Europa“war das Motto des Festes gewesen, zu dem CDU. SPD, Grüne, FDP und WIN-Fraktion eingeladen hatten. Es entstehe der Eindruck, dass die Kreisordnu­ngsbehörde die Ernsthafti­gkeit der Demonstrat­ion nicht verstanden habe oder nicht verstehen wolle, so Boyxen. Dass mit Knöllchen bedachte Fahrzeuge auf dem ersten Stück des von der B221 in Richtung Venlo abzweigend­en Wegs zum Veranstalt­ungsgeländ­e geparkt haben, habe er nicht sehen können.

Glücklich über die Knöllchen ist auch Bürgermeis­ter Christian Küsters nicht. Sein als Ehrengast und Redner eingeladen­er Amtskolleg­e Bernd Kuse aus Straelen habe ebenfalls ein Knöllchen bekommen. „Auch ich finde es bedauerlic­h, dass das so gelaufen ist“, erklärte Küsters in der Ratssitzun­g, „ich werde den Landrat darauf ansprechen.“Bedauern äußerte auch Hajo Siemes von der WIN-Fraktion. Auch ein Mitglied der Wählergeme­inschaft habe ein 40-Euro-Knöllchen bekommen. „Aber“, so fügte Siemes hinzu, „man sollte einer Kreisverwa­ltung, die nach Recht und Gesetz handelt, keine Willkür vorwerfen.“Dass die Mitarbeite­r der Kreisverwa­ltung keinen Fehler gemacht haben und ihren Aufgaben nachgegang­en seien, erklärte auch Küsters im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es ist aber unglücklic­h, dass ausgerechn­et in den zwei Stunden während der Veranstalt­ung dort kontrollie­rt wurde.“

„Am 1. Mai hat der Kreis Viersen in verschiede­nen Schutzgebi­eten Kontrollen durchgefüh­rt und dabei insgesamt 109 Verwarngel­der verhängt. 27 Verwarngel­der wegen Falschpark­ens sind im Bereich Tor 9 in Nettetal verhängt worden“, erklärte die Kreisverwa­ltung auf Anfrage unserer Redaktion. Und weiter: „In Naturschut­zgebieten – in dem Fall handelt es sich um ein Vogelschut­zgebiet – darf ausschließ­lich auf dafür gekennzeic­hneten Flächen geparkt werden. Im Vorfeld hat der Kreis Viersen mit der Stadt Nettetal besprochen, dass die Veranstalt­ung im Vogelschut­zgebiet unter ,Einschränk­ungen, stattfinde­n darf. Dazu gehörten neben Lärmaspekt­en auch das Parken auf ausschließ­lich dafür vorgesehen­en Flächen. Aus Sicht des Kreises ist es verwunderl­ich, dass in der Ratssitzun­g an den Verwarngel­dern Anstoß genommen wurde. Der Kreis Viersen ist lediglich seiner Aufgabe als Ordnungsbe­hörde nachgekomm­en. Falschpark­en in einem Vogelschut­zgebiet ist rechtlich nicht erlaubt, egal ob es sich dabei um eine politische oder private Veranstalt­ung handelt.“

 ?? FOTO: KURT LÜBKE ?? Während des Festes am 1. Mai winkten Politiker und Bürgermeis­ter noch fröhlich in die Kamera. Hinterher waren einige verärgert.
FOTO: KURT LÜBKE Während des Festes am 1. Mai winkten Politiker und Bürgermeis­ter noch fröhlich in die Kamera. Hinterher waren einige verärgert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany