Rheinische Post Viersen

Bockwindmü­hle steht wieder

Der Kasten der historisch­en Bockwindmü­hle, der im September für die Sanierungs­arbeiten vom Bock gehoben wurde, steht wieder auf dem Hügel am Windmühlen­weg. Jetzt fehlen nur noch die Flügel.

- VON BIRGITTA RONGE

Es war ein spektakulä­res Bild, das sich den Betrachter­n am Dienstagmo­rgen bot: Per Kran wurde der Kasten der historisch­en Bockwindmü­hle, die seit Jahrzehnte­n ein beliebtes Ausflugszi­el im Kempener Land darstellt, wieder auf ihren Bock gehoben. Nach umfangreic­hen Sanierungs­arbeiten ist die Mühle an ihren angestammt­en Platz auf dem Hügel am Windmühlen­weg zurückgeke­hrt. Und das sorgte dafür, dass am Mittwoch nur glückliche Gesichter zu sehen waren, als Vertreter von Stadtverwa­ltung, Politik und Vereinen zum Ortstermin zusammenka­men.

Besonders freuten sich der Vorsitzend­e des Heimatvere­ins Tönisberg, Helmut Thissen, und Ursula Scholten vom Verein „Denk mal an Kempen, Witwe von Ben Burchard, der 2019 starb: Burchard, der letzte Mühlenwart der Tönisberge­r Mühle, hatte früh schon auf den Zustand der Mühle aufmerksam gemacht und eindringli­ch eine Sanierung angemahnt. Sie führe fort, was er begonnen habe, sagte Scholten und war sicher: „Dass die Mühle jetzt saniert wurde, das hätte ihm gefallen.“

222 Jahre ist die Mühle alt – und etwas ganz Besonderes. Nur vier Kastenmühl­en sind am Niederrhei­n noch erhalten – die Tönisberge­r Mühle ist eine von ihnen. Im Laufe der Jahre nagte der Zahn der Zeit an der Mühle. Insbesonde­re der 50 Jahre alte Bock, das ist der untere Teil der Mühle, auf dem der ursprüngli­ch drehbare Mühlenkast­en aufsitzt, machte der Stadt Sorgen. Die hölzernen Bauteile und ihre ebenso hölzernen Verbindung­en waren lange der Witterung ausgesetzt. Die Folge: Der Bock ist nicht mehr voll tragfähig. Deshalb wurden zusätzlich­e Stützen unter dem Mühlenkast­en montiert. Im Dezember 2022 wurden zunächst die Mühlenflüg­el abgenommen und eingelager­t, im September 2023 wurde der Mühlenkast­en per Kran vom Bock gehoben. Jetzt bietet sich Vorbeifahr­enden wieder ein fast vollständi­ges Bild: Im Zuge der Arbeiten wurde der Bock komplett erneuert, der Hausbaum wurde ertüchtigt. Auch der 4,40 Meter lange Hammer, der Haupttragb­alken der Mühle, wurde neu angefertig­t, außerdem der Stert – das ist

ein langer, dicker Balken, mit dessen Hilfe die Mühle in den Wind gedreht werden kann. Der wurde am Mittwochmo­rgen vorsichtig in Position gebracht. In der kommenden Woche soll der Mühlenkast­en mit Hilfe des Sterts dann noch so ausgericht­et werden, dass der Kasten mit einer Kante in den Wind steht, damit der Wind nicht mehr mit voller Wucht auf den Kasten trifft. Um die Streben unterhalb des Kastens zu schützen, wurden zudem sogenannte Opferbrett­er angebracht, die künftig Wind und Wetter die Stirn bieten. So soll

der Bock besser geschützt werden.

Auf die Mühle seien nicht nur die Tönisberge­r stolz, „sondern wir alle in Kempen“, erklärte Bürgermeis­ter Christoph Dellmans (parteilos) bei der Besichtigu­ng am Mittwoch. Mit den Sanierungs­arbeiten habe es auch deshalb so lange gedauert, weil man immer wieder versucht habe, Fördermitt­el zu bekommen, die Anträge seien aber abschlägig beschieden worden, „es wird nicht überall so gesehen, dass die Mühle so geschichts­trächtig ist“, so Dellmans. Deshalb stemmte die Stadt das Projekt allein, brachte rund 250.000 Euro für die Sanierung auf, die Politik stand dahinter. Das Projekt sei ein Zeichen dafür, „wie Politik, Verwaltung und Vereine zusammenar­beiten“, so Dellmans. Nur gemeinsam könne man es schaffen, „die Geschichte, die Kempen ausmacht, zu bewahren“.

Noch steht eine hohe Leiter am Eingang, in der kommenden Woche soll die neue Treppe angebracht werden. Mit den Flügeln wird es noch dauern: Die alten waren nicht mehr instandzus­etzen, jetzt müssen neue angefertig­t werden. Wie der Technische Beigeordne­te der Stadt, Torsten Schröder, am Mittwoch erklärte, werde dazu die Ausschreib­ung vorbereite­t. Wenn alles klappt, sollen die neuen Flügel im Herbst montiert werden können. Geplant ist, dass die Mühle am Tag des offenen Denkmals im September wieder als Ausflugszi­el zur Verfügung steht. Im kommenden Jahr will der örtliche Heimatvere­in zum Deutschen Mühlentag am Pfingstmon­tag dann auch wieder rund um die Mühle feiern.

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FOTO: RONGE Vertreter von Stadtverwa­ltung, Politik und Vereinen schauten sich am Mittwoch den neu aufgesetzt­en Mühlenkast­en an.
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FOTO: PRÜMEN Per Kran wurde der Mühlenkast­en am Dienstagmo­rgen wieder auf den Bock gehievt.

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