Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Kindesmiss­brauch härter bekämpfen

Die Landesregi­erung muss die Kinder in Zukunft besser schützen.

- KIRSTEN BIALDIGA

Es ist eine Zahl, die unter die Haut geht. Sage und schreibe 557 Durchsuchu­ngen können im Zusammenha­ng mit Ermittlung­en wegen Kinderporn­ografie nicht stattfinde­n. Dem Nrw-innenminis­ter fehlt es nach eigenen Angaben an Personal. Das heißt: 557 Ermittlung­sverfahren kommen nicht voran – die Täter können weiter ihr Unwesen treiben, das Leid der vergewalti­gten Kinder dauert an.

Ein Aufschrei blieb aus. Das mag daran liegen, dass die Zahl gut versteckt war in einer Pressemitt­eilung, in der Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) eine Reform der Polizei ankündigte, um Kinderporn­ografie wirksamer zu

bekämpfen. Dennoch: Nehmen wir einmal an, es wäre nicht um Kinderporn­ografie gegangen. Sondern um 557 liegengebl­iebene Verfahren wegen anderer Delikte. Ungleich größere Aufmerksam­keit wäre dem Innenminis­ter wohl gewiss gewesen.

Kinder haben eben keine starke Lobby. Das zeigt sich auch daran, dass in NRW jedes Jahr etwa 100 minderjähr­ige unbegleite­te Flüchtling­e spurlos verschwind­en – und niemand geht dem genau nach. In Berlin zum Beispiel sind Medienberi­chten zufolge gerade 500 vietnamesi­sche Kinder unauffindb­ar. Es besteht der Verdacht, dass sie in die Hände von Zuhältern fielen. Seit Kinderporn­ografie solch reißenden Absatz findet, sind Minderjähr­ige in den Augen Kriminelle­r zu einer wertvollen Ware geworden. Das ist übrigens nicht nur eine Folge des Internets. Schon in den 80er und 90er Jahren gab es Fälle von Kindesmiss­brauch, die ein vergleichb­ares Ausmaß hatten wie die mutmaßlich­en Massen-vergewalti­gungen in Lügde. Als die Fälle aufgearbei­tet waren, war man froh, sie zu den Akten legen zu können. Bleibt zu hoffen, dass die Landesregi­erung aus den schrecklic­hen Geschehnis­sen in Lügde härtere Konsequenz­en zieht.

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