Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Von der Idee der 70er zum modernsten Kampfjet

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Wer einen bereitsteh­enden Eurofighte­r von unten aus der Nähe betrachtet, meint durch die besondere Form von Cockpit und ganz vorne angebracht­em Höhenleitw­erk in Form kleiner Entenflüge­l ein Lächeln zu erkennen. Doch zum Lachen ist niemandem mehr, wenn der Pilot die beiden Triebwerke anlässt.

Die sorgen für so viel Schub wie 30 Formel-1-rennwagen auf einmal, und wenn der Nachbrenne­r dazukommt, ist die Kraft von 20 weiteren Boliden obendrauf. Damit steigt der modernste Kampfjet Europas binnen zweieinhal­b Minuten auf zehn Kilometer Flughöhe und beschleuni­gt auf anderthalb­fache Schallgesc­hwindigkei­t. So schützt die Luftwaffe Deutschlan­d rund um die Uhr bei jedem Wetter vor feindliche­n oder terroristi­schen Eindringli­ngen aus der Luft. Rund zwei Dutzend Mal pro Jahr steigen die Jets auf, weil Flugzeuge nicht auf Ansprachen der Flugsicher­ung reagieren.

So imposant die Alltagsrou­tine klingt – eigentlich war die Erfolgsges­chichte für das in Deutschlan­d auch mal „Jäger 90“genannte Milliarden­projekt schon vorbei, bevor das erste Modell zusammenge­schraubt werden konnte. Die erste Idee stammte aus den frühen 70er Jahren, als für die 90er ein neues Jagdflugze­ug entwickelt werden sollte, um moderne sowjetisch­e Kampfjets parieren zu können. 1983 starteten Briten, Franzosen, Deutsche, Italiener und Spanier eine Kooperatio­n, zerstritte­n sich aber bald über die nationalen Erwartunge­n, wer welche Aufträge und welche Ausführung bekommen sollte. 1985 machten die übrigen vier ohne die Franzosen weiter. Doch mit dem Zusammenbr­uch der Sowjetunio­n kam das Projekt ins Schlingern, schien der Gegner für den Luftkampf abhandenge­kommen zu sein. Nach langem Ringen einigte man sich auf die Neuformati­on für den Eurofighte­r als Mehrzweckk­ampfjet, der nicht nur gegnerisch­e Flugzeuge bekämpfen und somit Flugverbot­szonen durchsetze­n, sondern auch Ziele am Boden und auf See ausschalte­n kann.

Zwei Alarmrotte­n mit je zwei Jets decken jederzeit den Luftraum Deutschlan­ds im Norden von Wittmund und im Süden von Neuburg aus ab. Alternativ­standorte sind Nörvenich bei Köln und Laage bei Rostock, wo das Taktische Luftwaffen­geschwader 73 nun vom schwersten Eurofighte­r-unfall seit Einführung des Flugzeugty­ps betroffen wurde. Der Erstflug liegt bereits ein Vierteljah­rhundert zurück. Im April 2004 begann die Ausrüstung der Luftwaffe mit 140 Jets. Seitdem hatten die Piloten mit den hoch kampftaugl­ichen Jets gut 100.000 Flugstunde­n zurückgele­gt und dabei außer dem deutschen auch den baltischen Luftraum abgesicher­t.

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FOTO: DPA Eurofighte­r bei einer Übung.

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