Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Schwarzes Wasser wird zur Pfütze
Klimawandel, Missgeschick oder nur Trockenphase? Der Heideweiher im Diersfordter Wald ist kaum noch zu sehen.
Klimawandel, Missgeschick oder nur eine Trockenphase? Der Heideweiher im Diersfordter Wald ist kaum noch zu sehen.
WESEL Würde man unmittelbar am Ufersaum des Schwarzen Wassers entlanglaufen dürfen, wäre man mit einer Umrundung schnell fertig. Theoretisch natürlich. Einerseits wird der Mensch selbstverständlich von dem streng geschützten Naturkleinod auf Abstand gehalten, andererseits würde er sich im schlickicken Gelände kaum bewegen können. Denn die flache Uferzone wird immer breiter, weil sich der berühmte Heideweiher im Diersfordter Wald in diesen Tagen immer mehr zurückzieht. Die einst recht große Fläche des Gewässers schrumpft zur Pfütze. Vom Rundwanderweg aus muss man sich an sehr vielen Stellen schon anstrengen, um Wasser überhaupt sehen zu können.
Das finden auch diejenigen besorgniserregend, die das Schwarze Wasser über Jahrzehnte in vielen verschiedenen Verfassungen erlebt haben. Winfried Evertz (84), der am Rand der nahen Feldmark wohnt, hat es so klein jedenfalls noch nie gesehen. Trockenzeiten wie 2018 habe er öfter erlebt, aber die Entwicklung zum Rinnsal mache ihn stutzig. Im eigenen Garten sei der Teich gut gefüllt, das Schwarze Wasser indes sei in den vergangenen gut zwei Monaten bestimmt um einen halben Meter gefallen. Evertz fragt sich, ob naturschützerisch gut gemeinte Arbeiten mitverantwortlich sind. Wenn beispielsweise die Letteschicht durchbohrt und somit die Badewannenfunktion zunichte gemacht worden wäre, könnte das rein durch Niederschlag gespeiste Gewässer allmählich leerlaufen. „Operation gelungen – Patient tot“, sagt Evertz in fragendem Ton.
Klaus Kretschmer von der Biologischen Station Kreis Wesel, die sich um das seit 1936 unter Naturschutz stehende Gebiet, heute Teil der europäisch bedeutsamen Natura 2000-Flächen, kümmert, hält das für wenig zutreffend. Gleichwohl spricht er von „hydrologisch katatstrophalen Bedingungen“. Auch am Naturschutzzentrum am Rand der Weseler Aue liege die Grundwasserpumpe, die Wc-spülung und Gartenbewässerung speist, seit einem Jahr trocken. In Baggerlöchern wie dem Diersfordter Waldsee liege der Pegel auch einen Meter unter normalem Niveau. Lediglich bei Gewässern in Rheinnähe sehe es noch anders aus. „Wir haben seit zwei Jahren keine Grundwasserneubildung“, sagt Kretschmer. Das Schwarze Wasser entstand nach der letzten Eiszeit. In den Jahrtausenden mag es zu ähnlichen Trockenzeiten mit starker Verdunstung gekommen sein.
Bei zwei rot-weißen Gestängen rund um Rohre im Diersfordter Wald, die Evertz als möglicher Verursacher im Visier hat, handelt es sich übrigens um Messstellen zur Überprüfung der Grundwasserqualität. Wie Kretschmer erklärt, habe man sie vor den Eingriffen zur Ausweitung der Heidelandschaft setzen müssen. Das von Blumenkamp aus unterm Schwarzen Wasser nach Flüren durchströmende Grundwasser führt zu den Brunnen der Stadtwerke, die im Wald noch etliche weitere Messstellen betreiben. Die für den Heideweiher relevanten Anlagen seien von einer Fachfirma unter Beteiligung sämtlicher Umweltbehörden errichtet und der Stich durch die Lehmschicht entsprechend abgedichtet worden.
Zur Verbesserung der Situation am Schwarzen Wasser wird an einem Einleitungsplan gearbeitet. Laut Kretschmer wirken Experten für Heideweiher aus den Niederlanden mit. Fraglich sei, welches Wasser man gefahrlos nehmen kann. Dabei geht es nicht um den akuten Mangel, sondern um die Wiederherstellung der ph-werte aus Zeiten vor dem sauren Regen. Der nahm erst ab, als Kraftwerke und Fabriken vor 30 Jahren Schwefelfilter bekamen. Wenn es zu einer Einleitung geeigneten Wassers kommen sollte, so Kretschmer, solle dies aber nur ein- oder zweimal stattfinden.