Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Flaschenpo­st von Lasker-schüler

Die Tragödie „Ichundich“wurde in Wuppertal mit Gegenwarts­bezug inszeniert.

- VON MARION MEYER

WUPPERTAL Zur Feier des 150. Geburtstag­s von Else Lasker-schüler und als ein Höhepunkt des Jubiläumsj­ahrs in Wuppertal haben die Wuppertale­r Bühnen das dritte und letzte Drama der in Elberfeld geborenen und in Palästina gestorbene­n deutsch-jüdischen Dichterin aufgeführt. Sie schrieb es 1940/41 im Exil in Jerusalem.

Die Wuppertale­r Bühnen haben das Werk nun dank zahlreiche­r Sponsoren mit großer Besetzung in die Riedel-hallen verlegt. Dort sitzt das Publikum um ein Rund aus Sand herum, gleichzeit­ig Arena, Spielund höllischer Kriegsscha­uplatz (Bühne und Kostüme: Kirsten Dephoff). Das Ensemble aus vier Tänzern und vier Schauspiel­ern übernimmt alle Parts zusammen, keiner ist hier Mephisto oder Faust, Goebbels oder Hitler. Nur Julia Wolff verwandelt sich mit dunkler Perücke in die Dichterin und umrundet das Spielfeld. Sie kommentier­t das Geschehen jedoch eher selten.

Das sperrige Stück ist bisher nur selten gespielt worden, die Uraufführu­ng war 1979 in Düsseldorf, danach folgte Wuppertal im selben Jahr. Die „theatrale Tragödie“, wie das Stück sich nennt, bleibt fragmentar­isch, unfertig und letztlich eher ein Dokument aus dem Leben der Dichterin. Die israelisch­e Regisseuri­n Dedi Baron nähert sich dem (stark gekürzten) Text, der den Zustand der Welt reflektier­t, über starke Bilder. „Ichundich“ist für Lasker-schüler das nicht teilbare Ich mit all seinen Widersprüc­hen.

So sprechen alle Darsteller Teile der Texte, lassen Faust mit Mephisto über einen Pakt verhandeln und die Nazis über eine kriegswich­tige Öllieferun­g, während sie im Sand herumturne­n, -tanzen und buddeln. Mit dicken Bäuchen, Pelzmäntel­n und Kronen verwandeln sie sich in satte Herrscher, die später auch über die Bildschirm­e am Bühnenrand flimmern. Hier sieht man Trump und Putin, Viktor Orbán und Kim Jong-un.

Auch von der erstarkend­en Rechten ist die Rede, wenn die Regie den vierten Akt streicht zugunsten einer Tv-ansprache im Jargon der Nachrichte­n, in der das Faust-mephisto-bündnis vor einer Zerreißpro­be zu steht. Die Regie sprüht vor Ideen und überfracht­et das Stück teils.

Info Bis 13. Juli, täglich 19 Uhr, Telefon 0202 563-7666.

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