Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
BASF zieht Nrw-chemie nach unten
Die Gewinnwarnung von BASF ist ein Warnsignal für die Konjunktur. Die Aktien von Covestro, Evonik und Lanxess rutschen ab. Dabei arbeiten die Nrw-konzerne seit langem daran, ihre Abhängigkeit von der Autoindustrie zu senken.
DÜSSELDORF So etwas kannte man bisher nur von unerfahrenen Startups: Erst Gewinnsprünge in Aussicht stellen, dann Gewinneinbrüche abliefern. Umso alarmierter reagierten Anleger auf die Nachricht des größten deutschen Chemiekonzerns: BASF kassierte seine Prognose für 2019, statt zehn Prozent mehr Gewinn erwartet man nun eineneinbruch um 30 Prozent. Selbst der Umsatz wird zurückgehen. Die BASF-AKTIE brach am Dienstag zeitweise um 6,5 Prozent ein und stand selbst zum Börsenschluss noch mit 3,3 Prozent im Minus – und riss die Konkurrenten in NRW mit herunter. Auch die Aktien von Covestro, Evonik und Lanxess knickten ein.
Warnsignal für Konjunktur Wenn der Chemie-primus schwächelt, ist das ein Warnsignal für die deutsche Wirtschaft. Die Chemie gilt als Frühindikator für die Konjunktur, bei der Bestellung von Vorprodukten macht sich ein Abschwung eben als erstes bemerkbar. Zudem nennt BASF zwei Gründe, die auch andere Branchen treffen: den anhaltenden Handelsstreit und den Einbruch der globalen Autokonjunktur.
Weltweit ging die Auto-produktion im ersten Halbjahr um sechs Prozent zurück, in China, dem größten Automarkt der Welt, sogar um 13 Prozent. Darunter leiden nicht nur die deutschen Hersteller Daimler, BMW und der Volkswagen-konzern, sondern auch die Chemie-industrie. BASF macht ein Fünftel seines Umsatzes mit der Autoindustrie (etwa mit Lacken). Anders als andere hatten die Basf-volkswirte im Frühjahr noch geglaubt, dass sich der Konflikt zwischen den USA und China entschärft. Eine Fehleinschätzung.
Das Ganze hat Folgen für Arbeitnehmer:
Das Institut Ifo geht davon aus, dass die Kurzarbeit in den Schlüsselbranchen Auto, Maschinenbau und Chemie zunehmen wird: Aktuell sind 3,8 Prozent der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe in Kurzarbeit, in den nächsten drei Monaten dürften es 8,5 Prozent werden. Mit knapp 600.000 Beschäftigten ist die Chemie ein wichtiger Arbeitgeber.
Warnsignal für NRW Was BASF leiden lässt, trifft auch NRW. Zwar stöhnten die Konkurrenten am Dienstag, dass die Anleger ihre Aktien mit BASF in „Sippenhaft“nehmen – zumal von Gewinnwarnungen in NRW keine Rede ist. Aber auch die Chemiekonzerne hier arbeiten daran, unabhängiger von zyklischen Märkten wie der Autoindustrie zu werden. Covestro etwa macht 20
Prozent seines
Umsatzes mit der Autoin
dustrie, mit Kunststoffen für Scheinwerfer etwa. Die Covestro-aktie wurde mit sechs Prozent besonders stark gedrückt. Die Leverkusener hatten bereits im Frühjahr angekündigt, dass der Gewinn 2019 im schlechtesten Fall um mehr als die Hälfte sinken könnte. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Covestro nicht länger vom Ausfall von Anlagen der Konkurrenz profitiert.
Als Konzern für Spezialchemie ist der Essener Konzern Evonik ohnehin weniger abhängig von der Konjunktur und war bei der Prognose im Frühjahr viel vorsichtiger als BASF. Beides zahlt sich nun aus. Zumal unlängst auch noch das volatile Plexiglasgeschäft verkauft wurde.
Aber auch hier laufen Sparprogramme: Covestro hatte 2018 den
Abbau von 900 Stellen angekündigt, um sich nach der Abspaltung von Bayer in Formzu bringen. Evonik hatte bereits früher den Abbau von 1000 Jobs in der Verwaltung angekündigt, um Kosten zu senken. BASF will 6000 Stellen abbauen, darunter 200 in der Lackfabrik in Münster, die die Autoindustrie beliefert. Lanxess war früher mit seinem Kautschuk für Reifen der Autokonjunktur besonders ausgeliefert. Doch der Kölner Konzern hat das Kautschuk-geschäft erst abgespalten und zum Jahreswechsel verkauft. „Lanxess ist deutlich stabiler aufgestellt als vor wenigen Jahren. Wir haben unsere Abhängigkeit von einzelnen volatilen Branchen reduziert“, sagte am Dienstag Lanxess-chef Matthias Zachert. Ausdrücklich bestätigte er am Tag des Basf-desasters: „Wir bleiben trotz der sich zusehends eintrübenden Konjunktur bei unserer Prognose für 2019.“Lanxess erwartet eine Milliarde Euro Gewinn.
Sonderrolle Bayer Die Leverkusener haben mit dem Monsanto-deal und der Schwäche der Pharma-sparte besondere Themen. Erst am Dienstag schaltete sich in einem der Glyphosat-verfahren in den USA eine Geschworene ein und rief den Richter auf, die gegen Bayer verhängte Schadenersatzforderung aufrecht zu erhalten. Aber Bayer ist auch der größte Agrochemie-konzern der Welt und von ähnlichen Entwicklungen wie BASF betroffen. BASF klagt über den Rückgang der Nachfrage nach Saatgut und Pflanzenschutz in Nordamerika.
Das spielt auch bei Bayer eine Rolle, wenngleich man vor allem in Südamerika stark ist. Die Aktie der Leverkusener gab zeitweise um zwei Prozent nach. Die Gewinnwarnung von BASF sei ein schlechtes Omen für das Agrarchemiegeschäft von Bayer, so Analysten. Beim Jobabbau steht Bayer mit seinen 12.000 abzubauenden Stellen ohnehin an der Spitze.