Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Us-start-up Lemonade greift deutsche Versicherungen an
DÜSSELDORF In den USA hat das Start-up Lemonade den Versicherungsmarkt bereits in Aufruhr versetzt. Und spätestens als der japanische Technologie-investor Softbank kürzlich einstieg und die Bewertung damit angeblich auf mehr als zwei Milliarden Dollar kletterte, dürfte jedem in der Branche klar geworden sein, dass man das erst 2015 gegründete Unternehmen ernst nehmen muss.
Seit knapp einem Monat versucht das Unternehmen sein Glück nun auch in Deutschland – und verkauft per App Hausrat- und Haftpflichtversicherungen. Das Unternehmen möchte dabei mit sozialem Engagement punkten. Gibt es wenig Schäden, spendet die Assekuranz jährlich an eine Non-profit-organisation. Doch wirklich überzeugen kann das Angebot trotzdem nicht.
Lemonade arbeitet weitgehend automatisiert und nur über das Internet. Die Kunden können nur per E-mail mit dem Versicherer in Kontakt treten, der sein Europageschäft aus Amsterdam in den Niederlanden steuert. Lemonade ist von der niederländischen Zentralbank (DNB) lizenziert und wird von ihr beaufsichtigt. Als Rückversicherer fungiert in Deutschland die Axa-versicherung. Seit 2017 ist die Allianz an dem Start-up beteiligt.
Aktuell bietet Lemonade die Hausrat- und Private Haftplicht-versicherung an. Während die Hausrat als Solo-vertrag erhältlich ist, gibt es den Haftpflichtschutz nur in Kombination mit der Absicherung für die Wohnungseinrichtung.
Ganz neu ist das Angebot aber nicht. Denn die beiden Standardpolicen können längst bei den meisten klassischen Assekuranzen oder über Vergleichsportale direkt online abgeschlossen werden. Auch der angebotene Schutz ist eher herkömmlich. So werden die Gefahren Feuer, Rauch, Einbruch, Raub, Vandalismus, Sturm, Hagel sowie Wasserschäden durch Rohrbruch oder durch undichte Geräte abgesichert. Das Extremwetter-paket, das weitere Naturgefahren, wie Überschwemmung oder Rückstau, umfasst, ist derzeit noch nicht aktiviert.
Zusätzlich müssen Diebstahl sowie jede Sache über 2000 Euro Wert versichert werden. Dafür bietet Lemonade aber auch Schutz beim einfachen Diebstahl. Beim Diebstahl von Sachen außerhalb der Wohnung dürfte die Regulierung aber nicht so einfach sein, denn der Versicherer kann seine Entschädigung einschränken. Das gilt, wenn der Schaden grob fahrlässig verursacht wurde. Auf einen solchen Abzug verzichten viele klassische Versicherer und zahlen auch, wenn das Fenster versehentlich offenstand und Einbrechern die Arbeit erleichterte oder die vergessene Kerze zum Wohnungsbrand führte. Problematisch ist zudem, dass in der privaten Haftpflichtversicherung die Höchstabsicherung bei zehn Millionen Euro endet. Am Markt sind längst vielfach 50 Millionen üblich.