Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Blitzschlag im Dom – Orgel defekt
Ein Gewitter vom 19. Juni und die Folgen: Die Orgel ist beschädigt, das Glockenspiel schweigt. Fachleute haben sich die Schäden angesehen. Schon jetzt steht fest: Es wird kostspielig.
WESEL (sz/dk) Still ist es am Dom geworden. Etwas fehlt – das Glockenspiel schweigt, und zwar exakt seit dem 19. Juni kurz vor 19 Uhr. Ein gewaltiger Knall schreckte Menschen in der Innenstadt auf. „Ich war im Haus am Dom. Blitz und Donner kamen gleichzeitig, obwohl kein Tropfen Regen fiel“, erinnert sich Domkantor Ansgar Schlei. „Es war unglaublich laut, die Leute auf dem Großen Markt mit ihren Hunden liefen um ihr Leben.“Dann blieb das Abendgeläut aus.
Ein ungewöhnlich starker Blitz war in die Stadtkirche gefahren, auch Häuser in der Umgebung wurden von Blitzen getroffen. Der Dom hat eine Blitzschutzanlage, die sogar erneuert worden war. Doch auf eine derart hohe Spannung ist auch sie nicht ausgelegt. „Sie hat ihren Dienst getan, sonst hätte es vermutlich ein Feuer gegeben“, sagt Schlei. So blieb zumindest das Gebäude unbeschädigt. Die Kirchengemeinde machte den Schaden jetzt auf ihrer Internetseite bekannt.
Es ist nicht der erste Blitzschlag im Weseler Dom, aber dieser wird gewiss besonders kostspielig. Das Glockenspiel hat die Überspannung nicht ausgehalten, vor Herbst wird es wohl nicht wieder erklingen. Rund 80 Glühbirnen sind durchgebrannt, das konnte am schnellsten behoben werden, auch die Telefonanlage funktioniert inzwischen wieder. Die Beschallungsanlage hat einen Knacks, die Lautsprecher konnten mit der hohen Spannung auch nicht umgehen.
Schlimmer ist der Schaden, den die Orgel genommen hat: Sie ist zum Teil computergesteuert, die Registrierungen und Spielhilfen werden dort gespeichert. „Es gibt keine Ersatzteile mehr dafür, das Gerät ist 20 Jahre alt“, berichtet Schlei, „das ist nicht mehr zu reparieren“.
Ein Orgelbauer der Firma Marcussen – er war erst vor wenigen Wochen in Wesel, um das Instrument zu warten – schaute sich den Schaden an. Provisorisch hat er das Problem überbrückt und die Orgel wieder leidlich fit gemacht. Zwar ist sie bespielbar, aber eben nicht komplett. Schlei, der die Orgel gut kennt, kommt damit klar.
Gastspielern muss er das Problem erst erklären, sagen was geht und was derzeit nicht möglich ist. So entschuldigte sich die Kreiskantorin des Kirchenkreises Dinslaken, Daniela Grüning, zur Musik zur Marktzeit, dass das Konzert eigentlich etwas anders geplant gewesen sei. Die Zuhörer müssten ein wenig Geduld haben, denn die Elektronik arbeite nicht so, wie gewohnt. Das Registrieren dauere jetzt ein wenig länger. Es wurde dennoch ein schönes Konzert.
Die Steuerung der Orgel muss aufwändig erneuert werden. „Das kann man nicht so eben machen, wir brauchen eine Ausschreibung“, erläutert Ansgar Schlei. Er rechnet damit, dass wohl 30.000 bis 40.000 Euro dafür fällig werden.
Inzwischen haben sich einige Fachleute die Schäden angesehen. Der Taubenschutz am Dach ist ersetzt worden, er verhindert, dass die Tiere das historische Gemäuer verkoten. Auch die Glocken läuten wieder, wenn auch nicht alle.
„Ich hoffe, dass bis Herbst alles in Ordnung ist“, sagt der Weseler Domkantor Ansgar Schlei. Dann beginnt in Wesel traditionell die Zeit der aufwendigeren Orgelkonzerte, dann muss die Königin der Instrumente wieder in ihrer ganzen Majestät erklingen.