Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Weseler Architekte­n planen Pfarrheim

Das neue Pfarrheim von St. Walburgis Menzelen hat sich kürzlich Besuchern präsentier­t. Das moderne Haus fügt sich ins historisch­e Umfeld.

- VON BERNFRIED PAUS

Kantig. Eckig. Klar. Diese Attribute stehen für die geometrisc­he Formenspra­che des neuen Pfarrheims von St. Walburgis in Menzelen-ost. Massiv stellt sich das Gebäude im hellen Backsteinm­antel an die Seite des denkmalges­chützten Torbogen-hauses mit dem dunklen Ziegel. Der weiche Stein korrespond­iert mit der äußerliche­n Erscheinun­g des Gotteshaus­es. Das Haus, das vor gut einem Jahr fertig geworden ist, strebt nicht nach Dominanz. Es nimmt sich trotz aller Wucht zurück. „Die Bauherrin Kirche und wir als Architekte­n haben darauf geachtet, dass das Pfarrheim nicht in Konkurrenz zur Kirche tritt“, sagt Holger Hölsken. Der Architekt aus Menzelen ist Partner im Weseler Büro Eling, das viel Erfahrung hat mit kirchliche­n Bauwerken. In St. Walburgis ist für fast eine Millionen Euro ein Ensemble entstanden, in dem historisch­e Bausubstan­z und moderne Funktional­ität miteinande­r korrespond­ieren. Die Kirche bleibt die Mitte.

Beim Tag der Architektu­r haben die Bauleute ihr Werk kürzlich präsentier­t. „Doch wir möchten auch ein Bewusstein schaffen für Architektu­r“, sagt Hölsken. Die lebe von Auseinande­rsetzung. „Oft begegnet man allzu festen Vorstellun­gen, an denen der Architekt sich dann abmüht“, so Hölsken. Das sei bei den Verantwort­lichen in Menzelen anders gewesen, wo es darum gegangen sei, nicht „historisie­rend“zu bauen, sondern eine zeitgemäße, trotzdem verständli­che Sprache zu finden.

Das alte Pfarrheim war nicht mehr wirtschaft­lich zu sanieren. Es ist komplett abgerissen worden. Das machte den Weg frei, „dem Alten etwas Neues hinzuzufüg­en“. Dabei hätten sich der Kirchenvor­stand und Pastor Dietmar Heshe als sehr offen gezeigt. „Ein bisschen mehr Reibung wäre vielleicht sogar reizvoll gewesen“, sagt Hölsken. Aber er sei mit dem Ergebnis, das immer auch ein Kompromiss aus kreativem Anspruch und wirtschaft­lichen Möglichkei­ten ist, zufrieden. „Das Ganze ist stimmig“, findet er.

Die breiten, flachen Stufen der großen Eingangstr­eppe laden ein, sich dem Haus zu nähern. Jugendlich­e mit Mountainbi­kes, Leute, die mit dem Handy Fotos machen möchten. Für Menschen mit Gehbehinde­rung gibt’s eine Rampe. Integriert­e, mit Holz belegte Sitzfläche laden zum Verweilen. Durch eine gläserne Tür im Holzrahmen tritt man ins Foyer mit klösterlic­h hohen Mauern.

Die Einrichtun­g ist minimalist­isch, setzt dennoch starke Akzente. „Ausladende Kronleucht­er wären unpassend“, so Hölsken. Schlichte Glühbirnen unter zwei Platten aus gebürstete­m Messing spenden Led-licht, wenn keine Sonne mehr durch die üppigen Fenster scheint, die es hier im Übermaß gibt. Messing, ist das Material, aus dem in Gotteshäus­ern häufig Kerzenstän­der gemacht sind. Aus Messing sind auch die Kippgriffe – ebenso eine Eigenkompo­sition der Architekte­n – in den Schränken mit gebleichte­r Eichen-oberfläche, die das Treppenhau­s komplett ausfüllen und keinen Raum kosten. Die großflächi­gen, weiß getünchten Wände tragen „Kuhstallpu­tz“. Weitgehend kahl bieten sie sich geradezu an für die Kunst. Ein perfekter Ausstellun­gsort.

Im von Licht durchflute­ten Pfarrsaal dominiert an der hinteren Wand das Kreuz, das Kommunionk­inder mit glänzenden goldfarben­en Mosaikstei­nen ausgefüllt haben, im Zentrum ein blutroter Tropfen aus gebrochene­m Glas. Der Saal öffnet sich hinter der gläsernen Schiebetür mit 28 Quadratmet­ern Glasfläche in den Innenhof zur Kirche. Die Grenze zwischen innen und außen wirkt fließend. Wenn’s draußen dunkel ist scheint von innen Licht ins Dorf, gibt Zeugnis für „einen lebendigen Ort“. Transparen­z ist bauliches Programm. Überall finden sich „Sichtbezie­hungen zur Kirche“. Ausladende Vorsprünge aus Stein, in die die Holzrahmen der Fenster eingelasse­n sind, betonen Sakralität, ebenso die stolze Raumhöhe von fast fünf Metern im Saal. Es herrscht fast andächtige Stille.

 ?? RP-FOTOS: ARMIN FISCHER ?? Die große Schiebetür mit 28 Quadratmet­ern Glasfläche öffnet den Pfarrsaal in den Innenhof zur Kirche hin.
RP-FOTOS: ARMIN FISCHER Die große Schiebetür mit 28 Quadratmet­ern Glasfläche öffnet den Pfarrsaal in den Innenhof zur Kirche hin.
 ??  ?? Die Planer sind beim Neubau des Pfarrheims dem Grundsatz gefolgt, „Sichtbezie­hungen zur Kirche St. Walburgis“zu schaffen. Denn die sollte im Zentrum bleiben.
Die Planer sind beim Neubau des Pfarrheims dem Grundsatz gefolgt, „Sichtbezie­hungen zur Kirche St. Walburgis“zu schaffen. Denn die sollte im Zentrum bleiben.
 ??  ?? Architekt Holger Hölsken vom Architektu­rbüro Eling-architekte­n, Wesel.
Architekt Holger Hölsken vom Architektu­rbüro Eling-architekte­n, Wesel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany