Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Berlin sollte sich nicht weiter wegducken

- VON KRISTINA DUNZ

Die Lage im Persischen Golf spitzt sich zu. Der Iran hat nach seiner Blockade eines britischen Öltankers ein weiteres Schiff beschlagna­hmt. Die Lage ist, wie immer in solchen Konflikten, auf die Schnelle nicht zu klären. Dafür müsste die Bundesregi­erung jetzt umso schneller handeln, damit das Chaos nicht größer wird. Aber auch ihre Position ist unklar und das erschwert ein europäisch­es Vorgehen.

Man darf davon ausgehen, dass die Bundeskanz­lerin nicht sorglos durch Südtirol wandert und während ihres Urlaubs dem sozialdemo­kratischen Außenminis­ter Heiko Maas die Suche nach einer Lösung des Konflikts allein überlässt. Sein Nein zu einem Us-geführten Einsatz in der Straße von Hormus war die Antwort der Bundesregi­erung und nicht nur des Auswärtige­n Amtes auf die Anfrage aus Washington.

Es ist aber nicht vertrauens­erweckend, wie die große Koalition sich durch diese Krise laviert. Von Verteidigu­ngsministe­rin Kramp-karrenbaue­r ist nichts zu hören und Merkel schweigt. Gegenvorsc­hläge, Alternativ­en, Kompromiss­e, blieben bis jetzt aus. Zumindest öffentlich. Und deshalb ist die Befürchtun­g groß, dass Großbritan­niens neuer Premiermin­ister Boris Johnson mit Us-präsident Donald Trump eine Militärakt­ion vereinbart und keinen gemeinsame­n Beschluss auf europäisch­er Ebene sucht. Eine zusätzlich­e Belastungs­probe für die Europäisch­e Union.

Berlin sollte jetzt als in der Golfregion geschätzte­r Vermittler ohne geostrateg­ische Interessen einen neuen diplomatis­chen Anlauf für Verhandlun­gen mit Teheran wagen und versuchen, London von einer gemeinsame­n europäisch­en Marineschu­tzmission zu überzeugen. Beides ist besser als dem Drama seinen Lauf zu lassen und zu hoffen, dass andere die Arbeit machen werden.

BERICHT IRAN SETZT ERNEUT ÖLTANKER FEST, TITELSEITE

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