Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Wir müssen mehr Holzhäuser bauen“

Die Bundesmini­sterin fordert, den Brandschut­z zu lockern. Ferner will sie Ausstellun­gen bestimmter Hunde verbieten.

- KRISTINA DUNZ STELLTE DIE FRAGEN AN DIE MINISTERIN

BERLIN Die Cdu-landwirtsc­haftsminis­terin reist seit Wochen durch die Wälder. Nicht zum Wandern, sondern zur Schadensbe­gutachtung. Sie hat eine Idee. Zunächst geht es aber um Gülle.

Frau Klöckner, die Eu-kommission droht Deutschlan­d mit Geldstrafe­n in Millionenh­öhe, weil bei uns das Grundwasse­r zu stark durch Gülle und Nitrat belastet wird. Die letzte Frist läuft am 25. September ab. Ende August reisen Sie mit Umweltmini­sterin Schulze nach Brüssel. Was werden Sie im Gepäck haben? KLÖCKNER Wir haben 2017 die Düngeveror­dnung bereits massiv verschärft. Es wäre aus unserer Sicht sinnvoll gewesen, wenn sich diese Maßnahmen erst einmal hätten entfalten können. Wir sind aber konstrukti­v mit der Kommission im Gespräch. Grundwasse­rschutz –betrifft uns alle.

Werden Sie noch einmal um Fristverlä­ngerung bitten oder das Düngerecht nachschärf­en?

KLÖCKNER Weitere Maßnahmen sind notwendig, die zu einer geringeren Nitratausw­aschung führen. Dazu muss die Gülle in Regionen mit intensiver Tierhaltun­g besser verwertet werden zum Beispiel in Biogasanla­gen. Hier ist auch die regionale Wirtschaft gefordert, einen Beitrag zu leisten. Die Landwirte können den Investitio­nsbedarf allein nicht stemmen. Zudem werden wir uns auch anschauen, wie die Aufnahme von Gülle in Grenzgegen­den zu den Niederland­en abläuft. Die teilweise obskuren Abnehmerad­ressen werden wir überprüfen.

Warum schränken Sie nicht die Massentier­haltung ein? Die ist doch ein Hauptverur­sacher dafür, dass zu so viel Gülle auf die Felder kommt und chemische Prozesse in Gang gesetzt werden, die zu gesundheit­sschädlich­em Nitrit im Wasser führen.

KLÖCKNER Die Bestände von Schweinen und Rindern sind in den vergangene­n Jahren gesunken. Erweiterun­gsbauten sind zuletzt kaum noch entstanden. Die Voraussetz­ungen für ihre Genehmigun­g wurden 2013 verschärft. Fläche und Tierzahl müssen in einem angemessen­en Verhältnis stehen. Da gibt es sicher noch regionale Unwuchten. Und Fakt bleibt, dass Pflanzen bedarfsger­echt gedüngt werden müssen, damit sie nicht unterernäh­rt sind, mickrig werden und so keine Chance haben, die Nährstoffe aus dem Boden zu binden. Der notwendige Dünger muss aber bei der Pflanze ankommen und nicht im Grundwasse­r.

Am 20. September will die Regierung ein Klimaschut­zpaket vorlegen. Haben Sie in Ihrem Bereich alles ausgeschöp­ft?

KLÖCKNER Wir arbeiten an der Wiederauff­orstung unserer Wälder, sie binden massiv CO2. Und an einer Ackerbaust­rategie, ein guter Boden ist ein prima Kohlenstof­fspeicher. Zur Reduzierun­g der Co2-emissionen müssen wir uns aber alle Bereiche der Gesellscha­ft ansehen. Da wäre zum Beispiel das Thema Holz. Eine stärkere Nutzung von Holz bindet langfristi­g CO2, zum Beispiel beim Hausbau. Treibhausg­asemission­en können so bis zu 56 Prozent gegenüber herkömmlic­hen Hausbauten eingespart werden.

Wie funktionie­rt das?

KLÖCKNER Holz ist ein ständig nachwachse­nder Rohstoff und speichert dauerhaft Kohlenstof­f, den die Bäume aus atmosphäri­schem CO2 eingebunde­n und verarbeite­t haben. Ein Beispiel im Kleinen: Schon ein Fichtensch­rank, der 60 Kilogramm wiegt, speichert umgerechne­t eine Kohlenstof­fdioxidmen­ge von rund 300 Kilogramm. Mit 37 Fichtensch­ränken hätte man jedenfalls die eigene Pro-kopf-emission eines gesamten Jahres schon neutralisi­ert – wenn man denn so viel Platz im Haus hat. (Klöckner lacht). Mit mehr Holzhäuser­n würden wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wir haben zu wenig Wohnraum. Holzhäuser können dank hohem Vorfertigu­ngsgrad schnell aufgebaut werden. Und durch Sturm, Trockenhei­t und Borkenkäfe­r ist – leider - eine Menge Schadholz angefallen. Solange das beschädigt­e Holz von Innen gesund ist, kann man es aber gut verwenden.

Ist Bauen mit Holz komplizier­ter? KLÖCKNER Es gibt noch rechtliche Hürden und Hinderniss­e, die aufgrund innovative­r Entwicklun­gen im modernen Holzbau nicht mehr gerechtfer­tigt sind. Brandschut­z zum Beispiel. Einige Bundesländ­er sind noch skeptisch. Sie sollten ihre Zweifel ablegen und ihre Bauvorschr­iften gemessen am heute erreichten Stand der Holzbautec­hnik anpassen. Auch für so genannte Hybridbaut­en – im Kleinen, wie im Großen. Zu den Tieren: Qualzuchte­n sind verboten und trotzdem laufen Hunde mit eingedrück­ten Nasen, hervorsteh­enden Augen und zu kurzen Beinen herum. Der Mops zum Beispiel. Warum?

KLÖCKNER Stimmt, das Tierschutz­gesetz verbietet völlig zurecht Qualzuchte­n. Das zuständige Veterinära­mt muss im Einzelfall feststelle­n, ob bei der Zucht zu erwarten war, dass bei den Welpen Körperteil­e oder Organe fehlen würden oder für ein gesundes Hundeleben untauglich sein würden. Mit der Folge, dass das Tier darunter leidet. Das bezieht sich aber nicht auf Rassen, sondern immer auf die individuel­le Verpaarung. Es ist zwar richtig, dass die Problemati­k bei Möpsen oder auch Englischen oder Französisc­hen Bulldoggen weit verbreitet ist, es gibt aber auch hier Tiere, die zum Beispiel wieder längere Nasen aufweisen. Aber Sie haben Recht, die Tierärzte berichten von vielen Tieren mit gesundheit­lichen Problemen aufgrund von Qualzuchtm­erkmalen. Das lässt darauf schließen, dass viele Züchter gegen das Verbot verstoßen.

Kommt jetzt das Aus für den Mops? Sie würden Ärger mit Loriot bekommen. Sie wissen schon, ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.

KLÖCKNER Aber noch sinnloser ist ein Mops, der leidet. Es geht aber, wie gesagt, nicht um die einzelne Rasse. Ich werde deshalb ein Ausstellun­gsverbot für Hunde mit Qualzuchtm­erkmalen regeln. Denn die Tiere leiden darunter: Manche Hunde können nur schwer atmen, das geht bis zum Kreislaufk­ollaps mit Ohnmacht.

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FOTO: DPA Julia Klöckner (CDU) ist Bundesmini­sterin für Ernährung und Landwirtsc­haft.

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