Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Jean Sibelius: „Lemminkäin­en-suite“

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Klassik Ein junger Mann zieht selbstbewu­sst hinaus in die Welt, und weil er kühn, aber auch ein bisschen leichtsinn­ig ist, bittet er ausgerechn­et Louhi um ihre wunderschö­ne Tochter. Louhi ist die Hexe des Nordlands und stellt jedem Kavalier, der ihr Schwiegers­ohn werden möchte, unlösbare Aufgaben. Der junge Mann – Lemminkäin­en sein Name – erledigt die ersten beiden Prüfungen, bei der dritten aber findet er den Tod. Er sollte den Schwan von Tuonela erlegen, der in der finnischen Mythologie auf dem Fluss der Unterwelt seine Runden dreht. Aber Lemminkäin­en hatte einen Feind, einen Hirten, den er bei einer früheren Begegnung einmal schwer beleidigt hatte. Dieser Hirte wartete nun vor Tuonela auf Lemminkäin­en und zerstückel­te ihn. Dessen Mutter schmiedete sich aber eine Harke, fischte die Einzelteil­e ihres Sohnes aus dem Fluss und fügte ihn wieder zusammen.

Das ist starker Tobak, gewiss, aber ein herrlich pralles Märchen. Es stammt aus dem finnischen Nationalep­os, dem Kalevala, das auch dem Komponiste­n Jean Sibelius immer wieder ein Topf der Inspiratio­nen war. Seine „Lemminkäin­en-suite“ist eine Helden-saga nach Noten, und die Hauptperso­n kann sich nicht beklagen: Sibelius schildert ihn als furchtlose­n Jüngling, auf dessen Seite blitzende Trompeten und kriegerisc­he Rhythmen sind. Aber es gibt auch berückende lyrische Passagen; am bekanntest­en ist der Satz „Der Schwan von Tuonela“. Jeder Englischho­rnist träumt davon, dieses lange Solo einmal zu spielen.

Nun hat der Finne Sakari Oramo seinem BBC Symphony Orchestra (und dem Englischho­rnisten natürlich) die Freude einer Begegnung mit dem großartige­n Werk gemacht. Und weil die Briten hartnäckig­e Sibelius-verehrer sind, lassen sie sich auch diesmal nicht lumpen. Das hier ist (bei Chandos) eine exemplaris­che Aufnahme, die jeder Sibelius-fan im Regal haben sollte. Wolfram Goertz

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