Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein langerweg nach Hause
Im Drama „Lion“macht sich Dev Patel als junger Mann auf die Suche nach seinen Wurzeln.
DÜSSELDORF (ry) Imjahr 2008 sorgte Regisseur Danny Boyle, der für Werke wie „Trainspotting“und „127 Hours“verantwortlich war und dessen Film„yesterday“aktuell im Kino läuft, mit dem Drama „Slumdogmillionär“für Begeisterungsstürme bei Kritikern wie Publikum. Der Film, der auch gerne als indische Variante von „Oliver Twist“angesehenwird, erzählt die Geschichte des jungen Jamal, der in der Sendung „Wer wird Millionär?“umdenhauptgewinn von 20 Millionenrupien kämpft. In dertitelrolle war der bis dato eher unbekannte Schauspieler Dev Patel zu sehen, dem damit der internationaledurchbruch gelang. Der in London geborene Sohn indischer Eltern wurde für seine Leistung gefeiert und gewann unter anderemden„british Independent Film Award“als vielversprechendster Nachwuchsdarsteller. Nach einigen weiteren Auftritten, unter anderemin„best Exoticmarigoldhotel“sowie „Chappie“, lieferte er 2016 schließlich seine bisher beste Leistung ab: Für dasdrama„lion – Der langeweg nachhause“erhielt er neben einem„british Academy Film Award“eine „Oscar“-nominierung. Daswerk ist heute Abend in der ARD imrahmen des „Sommerkinos“als Free-tv-premiere zu sehen. Der Film startet im Jahr 1986 in Indien: Der kleine Saroo (Sunny Pawar) ist fünf Jahre alt und lebt mit seiner Familie in demdorfkhandwa amrande einer Eisenbahnlinie. Gemeinsam mit seinem großen Bruder Guddu (Abhishek Bharate) stiehlt er Kohle von den Güterzügen. Eines Abends sind die beiden Brüder auf dem Bahnhof unterwegs. Guddu versteckt Saroo vorübergehend in einem Zugabteil. Als er nicht rechtzeitig zurückkehrt, ist der kleine Junge eingeschlafen, und der Zug hat sich in Bewegung gesetzt. Mehrere Tage fährt er quer durch Indien, Endstation: Kalkutta, 1600 Kilometer von seinem Heimatdorf entfernt. Allein, orientierungslos und der hiesigen Sprache nicht mächtig, landet Saroo im Waisenhaus. Das Ehepaar Sue (Nicole Kidman) und Johnbrierley (Davidwenham) aus Australien wird auf das Schicksal des Jungen aufmerksam und erklärt sich bereit, ihn zu adoptieren. So wächst Saroo unter der Obhut seiner neuen Eltern in Tasmanien auf. 20 Jahre später zieht er als junger Mann (nun: Dev Patel) nachmelbourne, umzu studieren und seinen eigenen Lebensweg zu gehen. In der amerikanischen Studentin Lucy (Rooneymara) findet er die große Liebe. Doch der Gedanke an seine Herkunft lässt Saroo keineruhe. An dennamen seinesgeburtsortes kann er sich nicht erinnern. Derwunsch, diesen ausfindig zumachen, wird zurobsession. Mithilfe der Internet-technologie„google Earth“gelingt es ihm schließlich, seinem Ziel näherzukommen. Saroo bleibt keine anderewahl: Ermacht sich auf den langenweg nach Hause. 2014 veröffentlichte der inindien geborene und in Australien aufgewachsene Saroo Brierley seine Autobiografie „A Long Way Home“(„Mein langerweg nachhause“) – eine dramatische Lebensgeschichte, wie für das Kino gemacht. Der australische Regisseur Garth Davis verwandelte die Vorlage in ein bilderstarkes, emotionales Drama über einen jungen Mann, der nur durch die Suche nach seiner wahren Herkunft zu sich selbst finden kann. An der Seite von Dev Patel sind unter anderemnicolekidman („Eyeswide Shut“), Davidwenham („Derherr derringe“) undrooney Mara („Verblendung“) zu sehen. Abgesehen von Dev Patels Nominierung bei den „Oscars“ging der Film noch in fünf weiteren Kategorien ins Rennen, unter anderemals „Bester Film“sowie für die „Beste Filmmusik“. An der Musik war auch ein deutscher Komponist beteiligt: Volker Bertelmann, den man vor allem unter seinem Künstlernamen Hauschka kennt, steuerte die Klangkulisse für die erste Hälfte des Films bei, die er in seinem Studio in Düsseldorf aufnahm, während Dustin O’halloran für die zweite Hälfte verantwortlich war.