Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Eifel als Schauplatz dramatischer Zeitereignisse
Der 1951 in Prüm in der Eifel geborene Schriftsteller Norbert Scheuer hat mit seinen Romanen und Erzählungen bisher ein lebhaftes und durchweg positives Medienecho gefunden und ist auch schon mit einer ganzen Reihe von Literatur-preisen bedacht worden. Er gilt als herausragender Vertreter einer modernen Heimatliteratur, dessen Romane alle denselben Schauplatz haben: den kleinen Ort Kall in der Eifel, der bei dem Autor exemplarisch steht für das ländliche Deutschland.
Sein jüngster Roman führt zurück in die Mitte des 20. Jahrhunderts: die Eifel, die bis in den Winter 1943/44 vom 2. Weltkrieg fast ganz verschont blieb, wird nun
zum Schauplatz eines großen Historien-dramas: Ständige Luftangriffe der Alliierten bereiten das Vorrücken englisch-amerikanischer Truppenverbände vor, und mit den Siegen der Alliierten geht auch das „Dritte Reich“in der Eifel sang- und klanglos unter. Der Roman dokumentiert die Schrecken dieser letzten anderthalb Kriegsjahre für die deutsche Bevölkerung in Form eines Tagebuch-berichtes eines gesellschaftlichen Außenseiters in dem kleinen Eifelörtchen Kall.
Der Tagebuchschreiber ist Egidius Arimond, ein ehemaliger Latein-lehrer, der als Epileptiker nur dank der Hilfe seines Bruders, eines Fliegerhelden, der „Euthanasie“der Nazis entgangen ist und nun, von den anderen isoliert, auf dem Hof seiner verstorbenen Eltern lebt.
Er interessiert sich seit Jahren fast nur noch für seine Bienenvölker und seine Lektüren, für gelegentliche Liebschaften und (gezwungener Maßen) für den Medikamenten-nachschub für seine Krankheit. Um sich das Geld für die teuer und selten gewordenen Medikamente zu beschaffen, schmuggelt er Juden, versteckt in Bienenstöcken, ins besetzte Belgien. Auch wenn Egidius die vielfältigen Bedrängnisse dieser Endzeit mit emotionaler Kühle auf Distanz zu halten sucht, engen die Verheerungen des Krieges auch seine Lebenskreise immer weiter ein.
Der souverän erzählte Roman, der einer brutalen und zerstörerischen Ns-diktatur das fleißige und friedliche Aufbauwerk der Bienenstaaten gegenüber stellt, nimmt seinen Leser von Anfang an gefangen und hält die Spannung bis zum düsteren Ende. Norbert Scheuer: Winterbienen, C. H. Beck Verlag, München 2019