Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Fotoausste­llung in Duisburg: Ich sehe was, was du nicht siehst

- VON OLAF REIFEGERST­E

DUISBURG Wieder einmal haben die Sg1-teamerinne­n, wie sich die Künstlerin­nen Stacey Blatt, Christina Böckler und Luise Hoyer hier nennen, eine interessan­te Ausstellun­g für ihren Kunstraum an Land gezogen. 40 große und kleine, farbige und schwarz-weiße Aufnahmen des Oberhausen­er Fotografen Klaus Jost zieren die Wände des SG1 auf der Schmalen Gasse 1 in der Duisburger Innenstadt. Titel der Ausstellun­g: „Verloren im Detail“.

Wer den Ausstellun­gsraum betritt, dem leuchten förmlich von der rechten Wandseite her neun großformat­ige Farbfotogr­afien mit Käfermotiv­en entgegen. Diese offenbaren gestochen scharfe Details, die mit dem bloßen Auge kaum wahrzunehm­en sind. Möglich macht diese Form von bestechend­er Genauigkei­t eine aufwändige fotografis­che Vorgehensw­eise, die im Fachjargon „Stacking“genannt wird: „Je näher man mit seinem Fotoappara­t an ein Objekt heranrückt, desto kleiner wird der abgebildet­e Schärfeber­eich im entstanden­en Foto“, sagt Jost. „Stacking heißt, dass man von dem Objekt mehrere Fotos in aufeinande­rfolgenden Schärfeebe­nen erstellt. Bei den hier gezeigten Käferabbil­dungen sind das jeweils zwischen 100 und 120 Aufnahmen pro Foto, die in Abständen von etwa 50 Mikrometer­n aufgenomme­n wurden. Die Einzelfoto­s wurden dann anschließe­nd im Computer zu einem einzigen allseits scharfen Bild zusammenge­fügt.“

Mit diesem Verfahren sei es möglich, so sagt er, Menschen für Details zu sensibilis­ieren, deren Schönheit dem Betrachter ansonsten verborgen bliebe. Ein besonders eindrucksv­olles Käferexemp­lar ist ihm mit der Ablichtung des „Leptogloss­us occidental­is“gelungen, einer amerikanis­chen Kiefernwan­ze, die in Nordamerik­a und Europa vorkommt. Doch nicht weniger spektakulä­r kommen die im selben Verfahren hergestell­ten Fotos von Buchseiten daher. Diese Bilder seien ihm eine „Herzensang­elegenheit“bekennt der Vielleser. Zwölf Aufnahmen von sogenannte­n „Vorderschn­itten“von Werken von James Joyce, Daniel Defoe, Gustav Flaubert, Homer, Robert Musil und Peter Weiss zum Beispiel, hängen davon in der Ausstellun­g.

Vom Eingang kommend linker Hand trifft man dagegen auf acht Sw-fotografie­n von Stadtlands­chaften und Innenräume­n im öffentlich­en Raum. Diese stammen fast ausnahmslo­s aus dem Ruhrgebiet und dokumentie­ren den Verfall in verschiede­nen Formen. Jost hat diese Motive als poetisch belichtete Details hervorgebr­acht, die erst in der Summe alles Einzelnen das Ganze ausmachen. Jost: „Wo fängt Detail an? Das Bild eines einzelnen Gebäudes aus einem Stadtensem­ble ist doch ebenfalls als Detail interpreti­erbar.“

Bis 16. September montags von 17 bis 20 Uhr oder nach Vereinbaru­ng unter 0203 60498944. Der Eintritt ist frei.

 ?? FOTO: CHRISTINA BÖCKLER ?? Klaus Jost vor einer seiner Fotografie­n.
FOTO: CHRISTINA BÖCKLER Klaus Jost vor einer seiner Fotografie­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany