Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Pellet-skandal: Wie der Landrat eine Chance verpasst
Man muss es in diesem komplizierten Rechtsverfahren immer wieder schreiben, weil im Zeitalter der sozialen Medien Fakten und Spekulationen zu oft vermengt werden. Im Falle des Gahlener Ölpellet-skandals ist nicht bewiesen, dass ein führender Mitarbeiter des Kreishauses eine Straftat begangen hat. Die Staatsanwaltschaft sah sogar nicht einmal einen Anfangsverdacht. Bis zum Beweis des Gegenteils gilt auch hier die Unschuldsvermutung. Es gibt bisher nur vage Andeutungen, dass in der Behörde des Weseler Landrats Ansgar Müller (SPD), im Kreishaus, nur unzureichend geprüft wurde, ob bei der Deponie Nottenkämper in Schermbeck alles mit rechten Dingen zuging. Mit Vorsicht zu genießen sind die Anschuldigungen auch aus einem besonderen Grund: Der, der die Korruptionsvorwürfe ausgesprochen hat, der Nottenkämper-prokurist Ingo L., ist selbst rechtskräftig verurteilt.
Die Fragen, die sich nach der Aussage von Ingo L. stellen: Hat ein führender Mitarbeiter im Kreishaus einen Mercedes vergünstigt erhalten, um dafür im Gegenzug beim Deponiebetreiber Nottenkämper nur äußerst ungenau zu prüfen? Hat er Vorteile beim Erwerb eines Eigenheims direkt neben der Deponie in Schermbeck-gahlen gehabt? In dieser Woche wurde am Rande eines Nebenprozesses beiläufig bekannt, dass Ingo L. bereit sei, sich vor Gericht umfassend zu Vorgängen um die Ölpellets zu äußern. Von dieser Aussage wird einiges abhängen; ebenso von den Prüfungen der Vorgänge im Kreishaus durch die Bezirksregierung Düsseldorf.
Gerade vor diesem Hintergrund dieser komplizierten Gemengelage hätte man erwarten dürfen, dass der juristisch sehr bewanderte Landrat Ansgar Müller sich in Schermbeck einer Debatte stellt
und dem Radiosender WDR 5 keine Absage erteilt. Ein wichtiger anderer Termin des Landrats als Grund für die Absage wurde nicht genannt. So muss man von einer vertanen Chance sprechen. Müller hätte dort auch Spekulationen entkräften und Vertrauen in seine Behörde schaffen können. Denn es stellen sich ja Fragen: Wer hat bei Nottenkämper wann geprüft, was sind die Ergebnisse?
Der Landrat hat stattdessen eine Einladung des Radiosenders schon im Juli ausgeschlagen und stattdessen angeboten, dass seine Pressesprecherin kommen könne. Er hat sich der Verantwortung nicht gestellt und stattdessen eine nachrangige Mitarbeiterin in die Schlacht geschickt. Führungskompetenz ist das nicht. Wohl aber die Kompetenz, Probleme zu delegieren.
Im Herbst will Ansgar Müller mitteilen, ob er erneut als Landratskandidat antritt. Lange galt als sicher, dass er nochmal kandidiert. Inzwischen wird aber der Spd-kreisverband und auch Müller selbst wissen, dass die Chancen auf einen Wahlerfolg rapide schwinden, wenn Fehler im Kreishaus beim Pellet-skandal nachgewiesen werden. Kleine Hinweise, dass Müller seine Wiederwahl vorbereitet, gibt es allerdings schon jetzt. Er nimmt derzeit auffällig viele Fototermine wahr, wie man den Pressemitteilungen des Kreishauses entnehmen kann.
Nur eben den einen Termin in Schermbeck nicht.
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