Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Home Office schlägt auf die Psyche
Der neue Fehlzeiten-report der AOK zeigt die Vorteile und die Gefahren der Heimarbeit.
BERLIN Wer statt im Unternehmen im Home Office arbeitet, ist mit seiner Tätigkeit zufriedener. Er leidet aber auch unter stärkeren psychischen Belastungen. Das ist das Ergebnis des neuen Fehlzeiten-reports der Krankenkasse AOK. Bei der repräsentativen Befragung unter rund 2000 Beschäftigten gaben knapp 40 Prozent an, teilweise oder ausschließlich zu Hause zu arbeiten. Die „Tele-arbeitenden“, die überwiegend zuhause tätig sind, betonten, sie seien dort konzentrierter (73,9 Prozent) und könnten mehr Arbeit bewältigen (67,3 Prozent).
Allerdings hat die Flexibilität auch ihre Nachteile. Ein Drittel der „Tele-arbeitenden“gab an, in den vier Wochen vor der Befragung häufig Aufgaben auf den Abend oder das Wochenende gelegt zu haben. Bei den nur im Unternehmen tätigen Mitarbeitern waren es lediglich 3,1 Prozent. „Die Entgrenzung im Home Office kann zu Problemen führen“, sagte Helmut Schröder vom Wissenschaftlichen Insitut der AOK. „Die Mail um 24 Uhr ist möglicherweise keine Ausnahme mehr.“
Das hat negative Folgen für die Psyche der Arbeitnehmer im Home Office. Knapp drei Viertel von ihnen litten bereits unter Erschöpfung. Sie fühlen sich häufiger lustlos als reine Büro-arbeiter, haben größere Selbstzweifel und schlafen schlechter. Dennoch: Wer zuhause arbeitet, ist seltener krank. Heim-arbeiter gaben Fehlzeiten von 7,7 Tagen an. Reine Büro-arbeiter waren im Schnitt 11,9 Tage krank.
Der Vorsitzende des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte, Wolfgang Panter, erklärt sich das mit dem größeren Freiraum im Home Office. „Wer morgens Kreislaufprobleme hat, fängt nicht um acht, sondern um zwölf Uhr an“, sagte Panter. Häufig herrsche jedoch die Gefahr der „Selbstausbeutung“.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht hier vor allem den Gesetzgeber gefordert. „Leider ist Home Office oft nicht gut geregelt“, sagte Dgb-vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. „Deshalb brauchen wir einen neuen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten, um auch hier klare Grenzen für die Arbeit zu ziehen und mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen.“