Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Haniels erste Chefkontrolleurin
Die Duisburger Familiengruppe wird in Sachen Strategie und Renditeanforderungen neu aufgestellt. Ein Drittel der derzeit 180 Stellen in der Holding fällt weg. Doreen Nowotne rückt an die Aufsichtsratsspitze.
DUISBURG Nach mehr als zweieinhalb Jahrhunderten Geschichte kann man auch mal mit der einen oder anderen Tradition brechen. Beispielsweise mit der Gewohnheit, dass der Oberaufseher immer ein Mitglied der Familie sein moll. Das war beim Duisburger Familienkonzern Haniel immer der Fall, aber damit ist im kommenden Jahr Schluss. Dann gibt Franz Markus Haniel den Aufsichtsratsvorsitz ab; an seine Stelle rückt Doreen Nowotne. Die 47-Jährige ist zwar nicht neu im Kontrollgremium, aber sie ist die erste Familienfremde und die erste Frau an der Spitze des Aufsichtsrates.mit Erfahrung als Private-equity-managerin und als Mit-aufseherin bei Brenntag, Jenoptik und Lufthansa Technik.
Etwa 17 Jahre hat Franz Markus Haniel den Aufsichtsratsvorsitz innegehabt. „Mit der neuen Strategie und der bis dahin weitestgehend umgesetzten neuen Struktur halte ich das Jahr 2020 für den richtigen Zeitpunkt, zu dem eine neue Generation . . .den Transformationsprozess unterstützt“, erklärte der 64-Jährige.
Was sich hinter der neuen Strategie verbirgt, haben am Dienstag der seit Juli amtierende Vorstandschef Thomas Schmidt und Finanzvorstand Florian Funck zu erklären versucht. Im Kurzformat: Konzentration auf vier zukunftsträchtige Beteiligungsfelder, nämlich Gesundheit, Kreislaufwirtschaft, Klimawandel und Robotik/automatisierung, womit die Megatrends der modernen Gesellschaft bedient werden sollen. Investments in möglichst nachhaltige Geschäftsmodelle sollen es sein, und es geht um Unternehmen mit einem Firmenwert zwischen 150 Millionen und 750 Millionen Euro. Alles, was künftig langfristig Zukunft im Haniel-reich haben will, soll eine Eigenkapitalrendite bringen, die über der an den Kapitalmärkten liegt, also beispielsweise über der Performance von Börsenindizes wie Dow Jones und Dax. Neun Prozent Rendite sind das erklärte Ziel, aber noch wichtiger seien der Markt, in dem sich das abspiele, und die Phase im Lebenszyklus, so Schmidt.
Lange Zeit hat Haniel daran gearbeitet, seinen hohen Schuldenberg abzubauen. Jetzt will der Konzern wieder in Wachstum investieren. Zu dem Programm gehören auch etwa 500 Millionen Euro, die in Beteiligungsfonds fließen sollen. Die Gelder sollen bis 2022 weitgehend investiert sein, wie Finanzvorstand Florian Funck sagt. Und sparen will Haniel auch noch: Die derzeit noch 180 Köpfe starke Belegschaft in der Konzernzentrale soll um ein Drittel schrumpfen, beispielsweise durch den Abbau von Jobs in der Revision und bei der konzerninternen Digital-schmiede Schacht One. Das klingt alles noch hinreichend unkonkret, damit man in den nächsten Jahren noch ausgiebig daran feilen kann. Das Haniel-management will sich auch nicht dazu äußern, wie schnell der Konzern in Geschäftsfeldern reagieren will, deren Management die Renditeansprüche der Konzernleitung nicht erfüllt.
Was bleibt, ist der innige Wunsch der Unternehmensführung, endlich die verbliebenen Anteile an der Metro loszuwerden. Gut 15 Prozent der Aktien liegen noch bei Haniel: Auf die haben der tschechische Investor Daniel Kretinsky und sein slowakischer Partner Patrik Tkac zwar eine Option, aber gezogen haben sie die bisher nicht. Zuletzt klang es eher so, als wenn die Investoren wegen der Unsicherheiten rund um den Verkauf der Metro-tochter Real und das Geschäft in China zögerten. Aber das ficht Schmidt nicht an: „Wenn Kretinsky die Option nicht zieht, müssen wir uns anders umschauen.“Sprich: einen anderen Käufer an Land ziehen. Das könnte dann aber wieder dauern. Das Geld aus dem Verkauf der Anteile soll die „Kriegskasse“von 1,3 Milliarden Euro weiter aufstocken. Anders als die Metro bleibt der Elektronikhändler Ceconomy als Finanzbeteiligung im Haniel-portfolio. Da sieht Schmidt Potenzial. Die Beteiligungen an Metro und Ceconomy haben Haniel nach ihrem Börsen-absturz milliardenschwere Wertberichtigungen eingebrockt.