Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Afd-kreisverband am Scheideweg
Welchen Kurs nimmt die AFD im Kreis: rechtsnational oder bürgerlich-konservativ? Ein Mitglied spricht über interne Vorgänge – es gibt offenbar Konflikte zwischen Kreis- und Ortsgruppen. Afd-kreischef Renatus Rieger versucht Vorgänge klarzustellen.
Welchen Kurs nimmt der Afd-kreisverband Wesel? Ein Insider erzählt. Es gibt offenbar Konflikte zwischen Kreisund Ortsgruppen.
KREIS WESEL Im Afd-kreisverband Wesel rumort es weiter. Es geht dabei weiter auch um die Frage, welchen politischen Kurs die Partei nimmt und welchen Rückhalt Afd-kreissprecher Renatus Rieger aus Moers noch in der Partei genießt. Mehrere Vorfälle aus der Vergangenheit legen nahe, dass es Konflikte des Kreisvorstands Wesel mit einzelnen Ortsverbänden gegeben hat. Ein Afd-mitglied berichtet von internen Machtkämpfen, die immer wieder aufflammten.
So gibt es in Dinslaken inzwischen, trotz 30 Mitgliedern vor Ort, keine eigene Ortsgruppe mehr. Der Kreisvorstand hat eine Auflösung veranlasst, unter anderem auch deshalb, weil an einem Stammtisch in Dinslaken der örtliche Flüchtlingsrat teilnahm. Nach Ansicht von Kreissprecher Renatus Rieger aus Moers war das nicht im Sinne der Afd-politik. Der Kreisvorstand veranlasste die Auflösung der Ortsgruppe. In Schermbeck gibt es eine Vakanz, weil nach dem Rücktritt des früheren Sprechers André Rautenberg niemand seinen Posten übernehmen wollte. Man werde in Kürze eine Lösung finden, sagte Rieger. Mit Teilen des früheren Vorstandes hatte sich Rieger in der Vergangenheit schon überworfen, weshalb neue Mitglieder in den Vorstand kamen. Seinem jetzigen Vorstand vertraue er voll, sagt Rieger.
Welchen Kurs nimmt die AFD bundesweit, welchen im Kreis Wesel? Gewinnt der rechtsnationale Flügel von Björn Höcke den Machtkampf oder das bürgerlich-konservative Lager? Für den Kreis Wesel gewinnt die Frage zusätzlich an Brisanz, weil die Rollenverteilung nicht klar ist.
In der vergangenen Woche hatte unsere Redaktion berichtet, dass ein Afd-mitglied des Kreisverbandes Wesel aus der Partei ausgeschlossen wurde. Kreissprecher Renatus Rieger legt nun Wert auf die Feststellung, dass nicht sein Afd-kreisverband den Parteiausschluss vollzogen habe, sondern dies vom Landesverband der AFD betrieben und vom Landesschiedsgericht der AFD entschieden wurde. Rieger hatte zuvor gegenüber unserer Redaktion gesagt, dass es Vorwürfe gegen das nun ausgeschlossene Mitglied gegeben habe. Unter anderem seien parteiinterne Informationen an die Öffentlichkeit gegangen. Das nun ausgeschlossene Mitglied habe gewollt, „dass der Kreisverband Wesel brennt“, sagte Rieger damals. Nun sagt der Afd-kreissprecher: „Der Afd-kreisverband Wesel hat keinen Antrag auf den Parteiausschluss dieses Mitglieds gestellt und schon gar nicht darüber entschieden. Auch war kein Mitglied des Afd-kreisverbands Wesel als Antragssteller bei diesem Parteiausschlussverfahren beteiligt. Bei diesem Verfahren ging es allein um unwahre, die persönliche Ehre verletzende und parteischädigende Tatsachenbehauptungen eines Mitglieds des Afd-kreisverbands Wesel gegenüber Afd-mitgliedern außerhalb des Kreisverbands Wesel.“
Rieger führte auf Anfrage aus, dass das nun ausgeschlossene Mitglied behauptet habe, Morddrohungen zu erhalten. Das Mitglied habe behauptet, der Nrw-verfassungsschutz schleuse Personen in die AFD ein. „Er hat verbreitet, dass Leute vom Verfassungsschutz angeworben wurden“, sagt Rieger, der sagt, er wundere sich selbst manchmal über die Aussagen einiger Mitglieder: „Entweder haben wir Leute, die vollkommen verrückt sind, oder der Verfassungsschutz steckt dahinter.“
Ein Afd-mitglied aus dem Kreisverband Wesel, das sich bei unserer Redaktion meldete, bewertet den
Fall aus einer anderen Perspektive. Es sei zumindest stark in Riegers Interesse gewesen, dass das Mitglied ausgeschlossen wird. Rieger behauptet immer wieder, er persönlich stehe nicht weit rechts, sondern sei ein „konservativ-freiheitlicher Politiker“. Rund 150 Mitglieder hat die AFD im Kreisverband Wesel. Rund 35 davon können nach Einschätzung des Afd-mitglieds, das mit unserer Zeitung sprach, dem Björn Höcke nahestehenden Flügel in der Partei zugeordnet werden.
Dass Rieger einen bestimmten politischen Kurs nicht duldet, zeigt auch das Dinslaken-kapitel. Im Frühjahr vergangenen Jahres löste Rieger nach Dissonanzen die örtliche Afd-gruppe auf. Wie Rieger bestätigte, hatte die dortige Ortsgruppe auch den Flüchtlingsrat Dinslaken bei einem der regelmäßigen Stammtische zu Gast. Damit, so Rieger, hätten die Dinslakener den Zielen der AFD geschadet. „Arbeit mit dem Flüchtlingsrat, das macht keinen Sinn.“Die Ortsgruppe habe damit den Erfolg der Partei behindert. Auch ohne eine eigene Ortsgruppe wolle man in Dinslaken einen Bürgermeisterkandidaten aufstellen, sagt Rieger.