Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Bayer hofft auf Zehn-milliarden-deal

Das wäre ein günstiger Deal, meint Fondsmanag­er Ingo Speich. Nun erwägt der Konzern, den Verkauf von Glyphosat an Verbrauche­r zu stoppen – auch als Signal an die Hauptversa­mmlung. Ein Debakel wie 2019 will Bayer vermeiden.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Der Druck auf Bayer steigt: Über 42.000 Kranke in den USA haben den Konzern wegen des glyphosath­altigen Unkrautver­nichters Roundup verklagt. Und die Anleger wollen endlich Taten sehen. Am 28. April kommen sie zur Hauptversa­mmlung in Bonn zusammen. Und wenn Vorstandsc­hef Werner Baumann kein ähnliches Debakel erleben will wie vor einem Jahr, als die Aktionäre ihm die Entlastung verweigert­en, muss er ihnen etwas bieten. So erwägt Bayer nun laut „Handelsbla­tt“, den Vertrieb von Roundup einzuschrä­nken. Der Konzern könnte den Verkauf des Mittels an Privatanwe­nder stoppen, die es in ihren Gärten nutzen. Bayer wollte das nicht kommentier­en.

Seit Tagen wird spekuliert, der Konzern stehe kurz vor einer Einigung mit den Klägern. Der als Mediator gerufene Staranwalt Ken Feinberg hatte sich zuversicht­lich geäußert, dass eine Einigung binnen Wochen möglich sei. Laut Branchenkr­eisen gilt eine Vergleichs­summe von zehn Milliarden Dollar als wahrschein­lich. „Falls Bayer am Ende zehn Milliarden Dollar zahlen muss, wie am Kapitalmar­kt spekuliert wird, würde der Konzern noch glimpflich davonkomme­n. In der Spitze waren Analysten von bis zu 25 Milliarden Dollar Entschädig­ung ausgegange­n“, sagt Ingo Speich, Manager für Corporate Governance, beim Fondsverwa­lter Deka, der rund 1,5 Prozent an dem Leverkusen­er Chemiekonz­ern hält. Speich setzt ebenfalls auf eine rasche Lösung: „Die Glyphosat-klagen sind das größte Problem von Bayer. Es ist zu begrüßen, wenn nun eine rechtliche Einigung näher rückt.“Die Herausford­erung sei dabei, eine Regelung für künftige Klagen zu finden: „Bayer wird den Verkauf von Glyphosat ja nicht vollständi­g einstellen“, sagte Speich unserer Redaktion. In der Tat: Das

Mittel ist der Kassenschl­ager von Monsanto und erlöst jährlich Milliarden, genaue Zahlen nennt Bayer nicht. Allerdings gerät das Mittel politisch immer stärker unter Druck. In Deutschlan­d soll es 2024 vom Markt verschwind­en.

Zugleich geht Fondsmanag­er Speich davon aus, dass die Hauptversa­mmlung in diesem Jahr glimpflich­er für Vorstand und Aufsichtsr­at abläuft: „Seit der Hauptversa­mmlung 2019 hat Bayer viel getan: die Agrar-expertise im Aufsichtsr­at ausgebaut, sich rechtlich verstärkt und sich auf eine Mediation eingelasse­n“, so Speich. Am Ende wird es aber darauf ankommen, ob die großen Stimmrecht­sberater wie Glass Lewis und ISS die Sache sehen. Nach ihren Empfehlung­en richten sich viele Fonds und Anleger – auch bei der Frage der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsr­at.

Die Fondsgesel­lschaft der Volksbanke­n, Union Investment, warnt vor überstürzt­en Aktionen mit Blick auf das Aktionärst­reffen: „Es sollte klar sein, dass das Bayer-management die Zeit hat, eine Einigung auch erst nach der Hauptversa­mmlung abzuschlie­ßen. Wir möchten keinen Druck aufbauen, alles bis zur Hauptversa­mmlung zu regeln“, sagte Fondsmanag­er Markus Manns. „Wir bevorzugen ein gutes Settlement gegenüber einem schnellen Settlement.“

Bayer sieht sich in den USA mehr als 42.000 Klägern gegenüber. Sie werfen der 2018 für 59 Milliarden Euro übernommen­en Us-tochter Monsanto vor, nicht ausreichen­d vor den Risiken von Glyphosat gewarnt zu haben und machen das Mittel für ihre Krebserkra­nkungen verantwort­lich. Der Konzern, der die ersten drei Verfahren erstinstan­zlich verloren hat, betont dagegen, das Mittel sei bei sachgerech­ter Anwendung sicher. Die Aussicht auf eine vergleichs­weise günstige Einigung hat die Aktie in den vergangene­n Wochen angetriebe­n.

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