Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Uniper legt alle Kraftwerke außer Datteln still

Bei dem Energiekon­zern sind 850 Jobs betroffen. Auch Steinkohle-mitarbeite­r haben Anspruch auf Anpassungs­geld vom Staat. Stadtwerke kritisiere­n dagegen den Kohlekompr­omiss und fordern mehr Geld.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Uniper macht ernst: Bis zum Jahr 2025 will der Düsseldorf­er Energiekon­zern alle seine laufenden Steinkohle-kraftwerke abschalten. Das Kraftwerk Datteln soll dagegen 2020 ans Netz gehen und so lange wie möglich Strom erzeugen. „Nach konstrukti­ven Gesprächen mit der Bundesregi­erung will Uniper drei Blöcke in Gelsenkirc­hen-scholven sowie das Kraftwerk Wilhelmsha­ven mit einer Gesamtleis­tung von 1500Megawa­tt bis Ende 2022 stilllegen, bis spätestens Ende 2025 plant Uniper weitere 1400 Megawatt an den Standorten Staudinger und Heyden stillzuleg­en“, teilte der Konzern am Donnerstag mit.

Schon vor zwei Jahren hat der damalige Uniper-chef Klaus Schäfer gesagt, die Frage sei nicht mehr „das Ob, sondern das Wie und insbesonde­re das Wann“eines Ausstiegs. Diesen Faden greift sein Nachfolger Andreas Schierenbe­ck auf: „Durch unseren Plan wollen wir zur Erhöhung der gesellscha­ftlichen Akzeptanz des ,Wie’ beim Kohleausst­ieg beitragen.“Uniper leiste damit einen aktiven Beitrag zur Kohlendiox­id-reduzierun­g und gebe zugleich seinen Mitarbeite­rn Planungssi­cherheit.

An den betroffene­n Standorten hat Uniper 850 Mitarbeite­r. Der Abbau der Stellen soll sozialvert­räglich erfolgen. Wie die Beschäftig­ten in der Braunkohle, die ihren Job verlieren, haben auch die Steinkohle-beschäftig­ten Anspruch auf das vom Staat maximal fünf Jahre lang gezahlte Anpassungs­geld. Die Hilfe gibt es ab 58 Jahren, sie soll die Zeit zum Rentenbegi­nn überbrücke­n. Die Gewerkscha­ft Verdi geht davon aus, dass inklusive der Arbeitnehm­er von Fremdfirme­n 2000 Mitarbeite­r durch die Stilllegun­gen betroffen sind. Sie fordert den Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n.

Im Gegenzug will Uniper das Kraftwerk Datteln bis Mitte des Jahres hochfahren. Uniper strebe an, durch die freiwillig­e Stilllegun­g der alten Anlagen und die Inbetriebn­ahme von Datteln 4 seine Kohlendiox­id-emissionen in Deutschlan­d in den nächsten fünf Jahren um bis zu 40 Prozent zu senken, erklärte der Konzern. Umweltverb­ände kritisiere­n das und weisen auf die geringen

Laufzeiten der „alten Möhrchen“hin. Am Freitag demonstrie­rten Aktivisten in Datteln. Die Grünen gehen davon aus, dass Datteln schon 2033 vom Netz muss. Uniper hofft dagegen auf eine Laufzeit bis 2038.

Wie viel Geld Uniper für seine Abschaltun­gen bekommt, ist noch offen. Anders als bei der Braunkohle gibt es für Steinkohle-kraftwerke keine bilateral ausgehande­lte Ent

schädigung vom Staat. Stattdesse­n dürfen die Betreiber ihre Blöcke in einem Auktionsve­rfahren zur Abschaltun­g anbieten. Wer die geringste Kompensati­on verlangt, darf abschalten und erhält die geforderte Summe. Und nur bei Beteiligun­g am Auktionsve­rfahren gibt es Anpassungs­geld für die Mitarbeite­r.

Für einen 500-Megawatt-block soll es nicht mehr als 78 Millionen Euro vom Staat geben. Viel zu wenig, finden der klamme Versorger Steag und der Stadtwerke-verbund Trianel. Sie sollen ebenfalls ihre Blöcke abschalten. Steag hatte besonders auf das Staatsgeld gesetzt. „Das Kohleausst­iegsgesetz benachteil­igt kommunale Investitio­nen in die Versorgung­ssicherhei­t und den Klimaschut­z aus den letzten 15 Jahren“, kritisiert­e Trianel. Viele Stadtwerke hätten in den vergangene­n Jahren in die Modernisie­rung ihrer Steinkohle-kraftwerke investiert, diese Investitio­nen würden nun entwertet, sagte Trianel-chef Sven Becker. Der Verbund will rechtliche Schritte gegen die „Enteignung“prüfen.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Umweltakti­visten wollen weiter gegen die Inbetriebn­ahme des neuen Steinkohle­kraftwerks Datteln 4 kämpfen. Am Freitag demonstrie­rten sie vor Ort.
FOTO: IMAGO IMAGES Umweltakti­visten wollen weiter gegen die Inbetriebn­ahme des neuen Steinkohle­kraftwerks Datteln 4 kämpfen. Am Freitag demonstrie­rten sie vor Ort.

Newspapers in German

Newspapers from Germany